Technologie

Social-Media-Sucht: Minister setzt auf differenzierte Maßnahmen statt Verbote

Angesichts wachsender Sorgen über die intensive Nutzung digitaler Medien durch Kinder und Jugendliche hat NRW-Medienminister Nathanael Liminski vor pauschalen Verboten gewarnt. Solche Maßnahmen seien weder praktikabel noch zielführend, betonte der CDU-Politiker. Stattdessen setzen Experten und Politik auf differenzierte Ansätze, um Risiken wie Suchtverhalten, Cybermobbing oder Einfluss durch problematische Inhalte zu begrenzen.
25.08.2025 15:12
Lesezeit: 2 min

Keinen pauschale Verbote

In der Debatte um den Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen melden sich immer mehr Politiker und Experten zu Wort – mit unterschiedlichen Lösungsansätzen. Nordrhein-Westfalens Medienminister Nathanael Liminski (CDU) hält nichts von pauschalen Verboten für Jugendliche bei der Nutzung sozialer Medien. „Es ist aus meiner Sicht völlig weltfremd zu glauben, dass mit einem Social Media-Pauschalverbot für Jugendliche unter 16 alle Probleme gelöst seien“, sagte er. Bei solchen Forderungen sehe er erhebliche Zweifel an der rechtlichen Durchsetzbarkeit, der technischen Umsetzbarkeit und der politischen Vermittelbarkeit.

Zuletzt hatten unter anderem Thüringens CDU-Landeschef Mario Voigt sowie die Aufsichtsratsvorsitzende und Verlegerin der Funke Mediengruppe, Julia Becker, ein Mindestalter für Social Media gefordert. Becker begründete dies mit dem Fall „White Tiger“, bei dem ein mutmaßlicher Hamburger Pädokrimineller Kinder missbraucht und in den Tod getrieben haben soll. Die Verlegerin kritisierte die Untätigkeit der Politik und bezeichnete das Internet als „Tummelplatz von Tätern, die es bewusst auf Kinder und Jugendliche abgesehen haben“.

Streeck will Altersvorgaben für Tiktok und Co.

Der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Hendrik Streeck, setzt sich für „strikt abgestufte Altersvorgaben für soziale Medien“ ein, um den hohen digitalen Medienkonsum Minderjähriger zu begrenzen. „Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass Kinder und Jugendliche, die in hohem Maße nicht altersgerechte Inhalte konsumieren, anfälliger für riskantes Suchtverhalten und problematischen Drogenkonsum werden“, sagte der CDU-Politiker der „Rheinischen Post“. Streeck wies darauf hin, dass Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) zu dem Thema eine Kommission beauftragt hat.

Streeck sprach von einer „Verhaltenssucht“ vieler Kinder. „Wir sprechen im Schnitt von vier Stunden in sozialen Netzwerken, zwei Stunden mit Computerspielen und zwei Stunden mit Streamingdiensten pro Tag. Das sind bedenklich hohe Werte, gemessen an der Freizeit von Kindern und wie diese idealerweise für soziale, motorische und sensorische Fähigkeiten genutzt werden könnten.“ Und das sei nur der Durchschnitt. „Es gibt also auch Kinder, die noch länger am Handy sitzen und man fragt sich, wann schlafen sie eigentlich?“

Trotz aller Bedenken: Viel diskutierte Handyverbote für Grundschüler sieht er kritisch. Eine solch schwierige Frage könne man nicht mit Ja oder Nein beantworten und ein Verbot löse auch das Problem nicht. „Denn wir wollen ja, dass junge Menschen mit Medien aufwachsen und die Technologien nutzen. Sie sind schließlich aus dem Alltag im digitalen Zeitalter nicht mehr wegzudenken“, gab Streeck zu bedenken. „Aber die Dosis macht das Gift.“

Liminski: Handfeste Zweifel an Pauschalverbot

NRW-Medienminister Liminski betonte im dpa-Gespräch, dass er sehr dafür sei, die Gefahren ernst zu nehmen. „Ich kann gut nachvollziehen, dass vor allem Eltern mit Sorge auf die intensive Nutzung von Handys und Social Media durch ihre Kinder blicken“, sagte er. Bei einem Pauschalverbot habe er aber handfeste Zweifel.

Liminski betonte, dass soziale Netzwerke für Jugendliche längst mehr seien als bloße Unterhaltung. Sie gehörten „fast so wie Schlafen, Trinken oder Essen“ dazu – für Information, und gesellschaftliche Teilhabe. Jungen Menschen das zu verwehren wäre daher „ein tiefer Eingriff in die Privatsphäre und in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung“. Außerdem sei zu bedenken, dass damit ein „Generationenkonflikt Alt gegen Jung beziehungsweise analog versus digitalaffin“ herbeigeführt würde, sagte Liminski. Das müsse verantwortliche Politik mitdenken.

Medienkompetenz als Schulfach?

Der Sozialverband Deutschland fordert als Antwort auf die Probleme ein verpflichtendes Schulfach Medienkompetenz an allen weiterführenden Schulen. „Wir dürfen Kinder mit den Gefahren der digitalen Welt nicht länger alleinlassen“, sagte die Verbandsvorsitzende Michaela Engelmeier den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Nicht alle Kinder profitieren durch eine Vorbildung im Elternhaus. Viele sind Desinformation, demokratiefeindlicher Hetze und KI-generierten Inhalten schutzlos ausgesetzt, ohne Anleitung, ohne Einordnung.“

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