Am Montag begann der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang seinen Moskaubesuch. Schwerpunkt der Gespräche sind die Wirtschaftsbeziehungen. Mehr als 50 Abkommen sollen unterzeichnet werden. Doch allen offiziellen Beteuerungen zum Trotz verdeckt die freundliche Fassade eine tiefe Verunsicherung auf beiden Seiten.
Ein westlicher Beobachter glaubt, die Russen seien besorgt über eine chinesische Zurückhaltung, Kredite und Gelder nach Russland zu vergeben.
Tatsächlich gibt ein Vertreter der Bank of China in Moskau gegenüber der Financial Times zu: „Wir möchten unser Russlandgeschäft ausbauen, doch wir müssen auch die Risiken beachten.“
Zu den Risiken zählen offenbar nicht nur die gestiegenen wirtschaftlichen Unsicherheiten in Russland, sondern auch politische Risiken. Der Vertreter der Bank of China nennt „strategische Interessen anderswo“, die verhindern, dass chinesische Banken Russland helfen, die Sanktionen der USA und der EU zu umgehen. Und ein für russische Firmen tätiger chinesischer Rechtsanwalt berichtet von zwei ihm bekannte Fälle, in denen chinesische Banken Kreditverhandlungen mit russischen Kunden abgebrochen haben. Begründung: Es sei chinesische Regierungspolitik, Washington nicht zu verärgern.
Es gibt sogar Anzeichen dafür, dass die chinesische Zentralbank Geldtransfers nach Russland unter die Lupe nimmt. China will dadurch Transaktionen mit Firmen und Personen verhindern, die auf der westlichen Sanktionsliste stehen. Durch die Kontrollen könnten sich Überweisungen nach Russland verzögern, warnt ein Vertreter der Ping An Bank.
Das Russlandgeschäft ist für die chinesischen Banken bisher eher unbedeutend. So hat die größte chinesische Bank, die Industrial and Commercial Bank of China nur 83 Millionen Dollar an ausstehenden Krediten in Russland. Und wenn Russland auch ein bedeutender Handelspartner für China ist, so steht es doch weit hinter den USA. 2013 hatte der chinesisch-russische Handel einen Wert von 88,8 Milliarden Dollar, der chinesisch-amerikanische dagegen einen Wert von 562 Milliarden Dollar.