Politik

Privatisierung des Krieges: Der Vormarsch der US-Söldnerfirmen

Lesezeit: 2 min
19.02.2015 01:27
Das US-Verteidigungsministerium greift beim weltweiten "Krieg gegen den Terror" verstärkt auf Söldnerfirmen wie Academi zurück. Im Jahr 2010 hatte das US-Militär bereits mehr Söldner im Auslandseinsatz als reguläre Truppen. Eine parlamentarische Aufsicht über die Söldnerheere ist unmöglich. So verlieren die Staaten die Kontrolle über Kriege auf ihrem Territorium.
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Die staatliche Nachfrage nach privaten Söldnern für globale Konflikte ist in den letzten 15 Jahren stark gestiegen. Die USA nutzten in den Kriegen im Irak und in Afghanistan mehr Söldner als jemals zuvor. Im Jahr 2010 befanden sich 207.000 Söldner in den Konfliktgebieten, lediglich 175.000 reguläre US-Truppen waren im Einsatz. Dagegen machten Söldner im Zweiten Weltkrieg nur etwa 10 Prozent der US-Armee aus.

Auch der Krieg in der Ukraine findet unter starker Beteiligung von Söldnern statt. Neben den Amerikanern setzen auch die Russen auf bezahlte Krieger - meist kampferprobte Tschetschenen. 

Die Ausgaben des Pentagons für Privatarmeen stiegen zwischen 1999 und 2008 von 165 Milliarden auf 466 Milliarden Dollar. Das Pentagon ist mittlerweile so abhängig von den Privat-Armeen, dass es nicht mehr ohne sie auskommt. Zu diesem Schluss gelangt Sean McFate, Dozent an der National Defense University und Mitglied des Atlantic Council sowie der RAND Corporation. McFate diente selbst zunächst bei der Army, bevor er für die Söldnerfirma DynCorp in Afrika anheuerte.

„Nun, da die USA die Büchse der Pandora des Söldnertums geöffnet haben, kommen private Krieger jeglicher Art aus dem Schatten, um sich an der profitablen Kriegsführung zu beteiligen“, zitiert The American Conservative den Ex-Söldner McFate.

McFate zufolge ist der Aufstieg der Söldnerfirmen Teil einer Verlagerung der globalen Machtstrukturen. Lag die Macht in der Vergangenheit vor allem bei den Nationalstaaten, formt sich gerade eine „multipolare Weltordnung“, in der Konzerne, NGOs und Staaten um Einfluss konkurrieren. Der Zugang zu privaten Armeen greife dabei direkt in das Gewaltmonopol des Staates ein, so McFate.

Er nennt dies den „neuen Geist des Mittelalters“, da es jener Ordnung gleicht, die vor dem dem Westfälischen Frieden von 1648 und dem damit verbundenen Aufstieg der Nationalstaaten in Europa vorherrschte. Auch damals gab es schon Söldnerheere, die ihre Dienste an den Höchstbietenden verkauften und bei denen nicht immer klar war, ob sie die Nachfrage nur bedienen oder selber schaffen.

Unter US-Präsident George W. Bush und seinem damaligen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld wurde das US-Militär derart umgerüstet, dass alle Aufgaben, die nicht direkt mit der Kriegsführung zu tun hatten, an Privatunternehmen vergeben wurden. So übernahm Halliburton im letzten Irak-Krieg den Aufbau und die Versorgung der US-Stützpunkte, während private Söldnerfirmen wie Blackwater und DynCorp zunächst Ausbildungs- und Sicherheitsaufgaben und später den Wiederaufbau des Landes übernahmen.

„Als die Politiker den Irak-Krieg begannen, dachten sie nicht, dass er mehr als ein paar Wochen andauern würde. Sie hatten dann drei schreckliche Möglichkeiten: Sie konnten den Rückzug befehlen, sie konnten eine Einberufung wie in der Vietnam-Ära anordnen oder sie konnten Aufträge ausschreiben. Also haben sie sich entschlossen, Subunternehmer anzuheuern. Deshalb haben wir nun dieses Phänomen und deshalb ist es nicht staatlich reguliert“, so McFate weiter.

Die Söldnerheere unterstehen keiner parlamentarischen Kontrolle und die Vergabe der Aufträge erfolgt höchst intransparent. Eine von der Regierung in Auftrag gegebene Studie kam 2011 zu dem Schluss, dass Betrug und Korruption den US-Steuerzahler in diesem Zusammenhang bis zu 60 Milliarden Dollar gekostet haben.

Trotz heftiger Kritik am Vorgehen von Blackwater, das unter anderen für ein Massaker an 17 irakischen Zivilisten verantwortlich war, und DynCorp, das für schlampige Arbeit und zu hohe Rechnungen kritisiert wurde, führt die US-Regierung die Zusammenarbeit bis heute fort. Der Chef von Blackwater, Erik Prince, benannte das Unternehmen aufgrund anhaltender Skandale später in Xe Services und schließlich in Academi um.

Doch dass die Söldnerfirmen einfach wieder verschwinden, glaubt McFate nicht. „Die Branche ist hier, um zu bleiben. Sie wird nirgendwo hingehen.“ So sollen auch in der Ukraine 500 Academi-Söldner aktiv sein.


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