Angesichts der immer höheren Zinsen für italienische und spanische Staatsanleihen (hier) hat der Goldman Sachs Politik-Berater italienische Premier Mario Monti vorgeschlagen, man möge doch zur Linderung der Not das Sparbuch der Oma plündern die Mittel des europäischen Rettungsschirms EFSF zum Kauf von italienischen und spanischen Bonds verwenden. Dies ist rechtlich möglich. Dass dies jedoch konkret beim G 20 Gipfel in Los Cabos (Mexiko) beschlossen worden sei, wurde von Bundeskanzlerin Angela Merkel umgehend hart dementiert. Bei genauerer Betrachtung ist das Dementi jedoch weich wie ein Pfirsich aus der Uckermark: Es hatte nämlich niemand behauptet, dass dies beschlossen worden sei.
Stattdessen sagten mehrere Vertreter, die von ihren Chefs gebrieft worden waren, dass Angela Merkel in Gesprächen am Rande des Gipfels den Eindruck erweckt habe, sie sei „willig, mehr zu tun“ als bisher. Auch der britische Finanzminister Osborne sagte, er sehe, dass die Nordeuropäer immer mehr Bereitschaft zeigten, den Südeuropäern und den Banken zu helfen. Die Briten zahlen keinen müden Cent in die Rettungsfonds, weshalb originelle Wortspenden gewissermaßen ihr Beitrag zu Euro-Rettung sind.
Aber auch ein Vertreter der EU glaubt, ein Einknicken der störrischen Deutschen beobachtet zu haben. Die EU hat allerdings ihre eigene Agenda. Kommissions-Präsident Jose Manuel Barroso war nämlich mit dem nicht besonders originellen Vorschlag aufgetreten, die Euro-Zone solle Euro-Bonds herausgeben. Dies findet im Moment allerdings nicht die Zustimmung der Deutschen, was man auch schon vor dem Gipfel wusste.
Weil aber bei den Südeuropäern die Hütte brennt, wird nun verzweifelt nach raschen Lösungen gesucht, die keine Vertragsänderungen verursachen und daher nicht von irgendwelchen Parlamenten abgesegnet werden müssen. Der Griff in die Kasse Rückgriff auf den EFSF ist daher ein naheliegender Vorschlag. Dass Monti diesen gemacht hat, zeigt, dass Spanien und Italien große Angst vor der nächsten Auktion am Donnerstag haben, wo die Staaten wieder mehrere neue Anleihen an den Mann bringen wollen.
Der französische Präsident Francois Hollande sieht das Thema eher aus der Perspektive des Sonnenkönigs: Er gab sich entrüstet, und sagte, es sei geradezu unverschämt vom Pöbel von den Märkten, dass die Spanier höhere Zinsen zahlen müssten – wo die EU doch ein solch glänzendes Bankenrettungs-Paket auf den Tisch gelegt habe.
Während die G 20 die großen Linien der europäischen Politik vorgaben (man fragt sich eigentlich, warum die G 20 dafür zuständig sind und ob es nicht vielleicht angebracht wäre, wenn die Bürger Europas da ein wenig einbezogen würden), begannen die Bürokraten in Brüssel zerknirscht, das ruhmreiche Paket zum spanischen Banken-Bailout wieder aufzuschnüren (Details dazu hier). Denn nach dem Desaster bei den spanischen Zinsen haben die Brüsseler eingesehen, dass der Pöbel in diesem Fall das Sagen hat – und zwar in einer unangenehm altmodischen Weise: Denn die Investoren haben das Geld, dass die Staaten brauchen, und verfahren nach dem Motto: Wer zahlt schafft an. Oder aber er steigt aus. Das möchten die Europäer dann aber doch nicht so gerne.
So bleibt die Forderung aus dem Statement der G 20, man wolle die unselige Verquickung zwischen Banken und Staaten lösen, ein frommer Wunsch. Bis dahin können sich die europäischen Quartalsschuldner schon mal mit dem neuen europäischen Nachkriegsmotto anfreunden, das da lautet: „Ich bin ein Grieche!“ Erst, wenn all die Schulden abgetragen sind, werden politische Willenserklärungen wieder relevant sein. Im Moment sind alle Deklarationen nichts anderes als Rituale einer Politik, die mit ihrer Verantwortungslosigkeit die Völker Europas in die Geiselhaft der Märkte getrieben hat.