Mehr Betriebsrenten per Gesetz – Arbeitsministerin Bas legt vor
Nur rund jeder zweite Beschäftigte spart in Deutschland für eine Betriebsrente. Eigentlich sollte die betriebliche Rente (bAV) die zweite Säule der Rente neben der gesetzlichen und der privaten Vorsorge sein. Doch immer weniger Menschen profitieren von ihr, für junge Menschen gilt sie sogar als „von gestern“. Für die Politik und die öffentliche Debatte war die Betriebsrente bisher die große Abwesende. Nun legte das Bundesarbeitsministerium einen Gesetzesentwurf zur Reform der Betriebsrente vor.
Deutlich mehr Beschäftigte als heute sollen durch gesetzliche Erleichterungen zu Betriebsrenten für eine bessere Alterssicherung kommen. Zuletzt hatten nur 18,1 Millionen Beschäftigte eine Betriebsrentenanwartschaft, wie es in einem neuen Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) heißt. Durch das „Zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz“ (BRSG II) sollen Betriebsrenten „weiter ausgebaut und gestärkt“ werden, wie es in dem der DPA vorliegenden Entwurf heißt.
Betriebliche Altersvorsorge (bAV): Große Lücken bei kleinen Einkommen
Tatsächlich ist die betriebliche Altersvorsorge bislang eine Frage des Arbeitsplatzes und damit der sozialen Gerechtigkeit. Während in großen Firmen mit Tarifbindung die bAV fast selbstverständlich ist, sind es gerade Beschäftigte kleinerer Betriebe, die kaum Angebote erhalten.
Die betriebliche Altersvorsorge wuchs laut Entwurf zuletzt nicht mit der Beschäftigung in Deutschland mit. Folge: Die Verbreitungsquote ging leicht auf 52 Prozent zurück. Die Quote ist damit zuletzt sogar leicht gesunken. Diese Lücke ist politisch brisant, denn der Rentenantritt der Babyboomer-Generation steht an und das Alterssicherungssystem steht auf wackligen Beinen. Die betriebliche Rente sollte die gesetzliche Rente eigentlich abfedern. Dies funktioniert bislang aber nur begrenzt. Große Lücken gebe es besonders in kleinen Unternehmen und bei Geringverdienenden.
Nun sollen Hindernisse beseitigt und neue Anreize gesetzt werden. Gute Betriebsrenten sollen in möglichst vielen Unternehmen „selbstverständlich und zum festen Bestandteil der Altersvorsorge“ werden.
Betriebsrente: Reformpläne und die einzelnen Regelungen
Um dies zu ändern, plant Bas verschiedene Änderungen:
- So soll es kleineren Unternehmen erleichtert werden, Betriebsrenten anzubieten, etwa im Rahmen einer Betriebsvereinbarung. Das bestehende Sozialpartnermodell, in dem Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften betriebliche Altersversorgung vereinbaren können, soll entsprechend weiterentwickelt werden.
- Erleichtert werden sollen sogenannte Opting-Out-Systeme, bei denen man widersprechen muss, wenn ein Teil des Entgelts nicht automatisch für Betriebsrenten verwendet werden soll. „Mit diesen Maßnahmen verbunden ist eine erhebliche Vereinfachung und Entbürokratisierung der betrieblichen Altersversorgung“, heißt es in dem Entwurf.
- Pensionskassen dürfen mehr ins Risiko: Beim Ansparen sollen Risiken und somit auch Renditen höher sein können. Vorschriften für Pensionskassen werden „flexibilisiert“, wie es heißt. Auch die steuerliche Förderung der Betriebsrenten soll erhöht werden.
Der Süddeutschen Zeitung sagte Bas: „Damit wollen wir besonders Betriebsrenten auf tarifvertraglicher Basis weiter stärken, denn diese sind effektiv, kostengünstig und sicher.“ Kleinen Unternehmen ohne Tarifvertrag werde es ermöglicht, sich solchen Systemen anzuschließen, damit sie ihren Mitarbeitenden einfach und unbürokratisch eine Betriebsrente anbieten könnten, sagte die Politikerin.
Auch Teilzeitkräfte sollten profitieren. Insgesamt solle die Betriebsrente „ein selbstverständlicher Teil der Alterssicherung“ sein.
Reform der Betriebsrente überfällig: Ein Gesetz folgt dem nächsten
Der Übertritt der vielen Babyboomer ins Rentenalter erhöht in den kommenden Jahren den Druck auf die gesetzliche Rente enorm. Zur Stabilisierung der gesetzlichen Rente hatte Bas bereits einen Gesetzentwurf vorgelegt. Allerdings hatten auch die Vorgängerregierungen betont, dass die Alterssicherung auf drei Säulen beruhe, neben der gesetzlichen und der betrieblichen auch der privaten.
So kündigte letztes Jahr im September auch Ex-Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) eine Reform der Betriebsrente an. Dabei sprach auch er von Lücken für kleine Firmen und Geringverdienern. Nun hat die neue Regierung unter Schwarz-Rot das Betriebsrentenstärkungsgesetz in ihrem „Sofortprogramm“ als vorrangig angekündigt.
Gesetzesentwurf: Kritik an der betrieblichen Renten-Reform
Für Rentenexperte Marc Karkossa, CEO der Plattform DYNO, der das System der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) verändern möchte, reicht der jetzige Gesetzesentwurf nicht aus, um die Betriebsrente zu einer tragenden Säule zu machen. Der Co-Founder kennt das System von innen und kritisiert vor allem die Intransparenz, die den Sparern schadet.
Zu den Vorschlägen und Zielen von Bundesarbeitsministerin Bas sagt er den Deutschen Wirtschaftsnachrichten: „Der Entwurf enthält wichtige Impulse zur Stärkung der bAV, lässt aber zentrale Aspekte wie Praxistauglichkeit, Kosteneffizienz und echte Kapitalfreiheit unberührt. Wer Altersvorsorge in Deutschland wirklich modernisieren will, muss technologische Lösungen ermöglichen, Marktmechanismen zulassen und kostenintensive Strukturen hinterfragen. Sonst bleibt die bAV ein bürokratisches, renditeschwaches Nischenprodukt, statt zur tragenden Säule der Altersvorsorge zu werden.“
Auch der Umgang mit dem bAV-Vermögen spielt für den Marktkenner und Startup-Gründer Karkossa eine zentrale Rolle: „So sei die Einführung von Opting-out-Modellen ein bedeutender Schritt, um die Verbreitung der bAV zu erhöhen. Entscheidend sei jedoch auch, was mit den über 1 Billion Euro bAV-Vermögen passiere: Dieses Kapital sollte freigegeben werden – durch Übertragbarkeit im laufenden Arbeitsverhältnis, die Öffnung des Sozialpartnermodells für alle Unternehmen (nicht nur tarifgebundene und tarifnahe) sowie eine verbindliche Regulierung der Kosten in den bAV-Produkten.“
Betriebliche Rente: Warum die zweite Säule bisher schwächelt
Bereits 2001 wurde das deutsche Rentensystem auf drei Säulen umgestellt: gesetzliche, betriebliche und private Vorsorge. Doch die Realität hinkt dem Anspruch hinterher. Mehr als jeder Dritte verfügte im Jahr 2023 laut einer Umfrage unter sozialversicherungspflichtig Beschäftigten über gar keine zusätzliche Altersvorsorge, weder betrieblich noch privat.
Die Gründe sind vielfältig: Viele halten die Produkte für unrentabel, andere können sich das Sparen schlicht nicht leisten. Besonders betroffen sind jüngere Menschen, Teilzeitkräfte, Familien mit mehreren Kindern sowie Personen mit Migrationshintergrund. Auch die Verteilung der Verantwortung führt zu Stillstand: Während viele Arbeitnehmer angeben, vom Arbeitgeber kein Angebot zu bekommen, berichten zwei Drittel der Unternehmen, dass die Beschäftigten nicht nachfragen. Die Deutsche Rentenversicherung warnt schon lange vor großen Versorgungslücken im Alter und immer mehr Altersarmut in Deutschland.
Zukunft: Wird die Betriebsrente endlich Standard?
Mit dem neuen Gesetz wollen Union und SPD nun endlich den Durchbruch schaffen und die betriebliche Rente als zweite Säule der Altersvorsorge praktikabel machen. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz hat die Koalition zumindest als vorrangiges Vorhaben eingestuft. Die Verabschiedung im Bundeskabinett ist für September geplant, noch in diesem Jahr soll das Gesetz im Bundestag beschlossen werden. Ab 2027 sollen jährlich rund 150 Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt werden, um die Reform zu finanzieren.
Über DYNO: Unter der Leitung der Mitgründer und CEOs Marc Karkossa und Luis Weber verfolgt das digitale Start-up seit 2021 das Ziel, die Altersvorsorge zu revolutionieren. Durch die Vermeidung hoher Maklerprovisionen kann DYNO bAV-Verträge deutlich günstiger anbieten und sorgt so für einen enormen Rentenvorteil für Arbeitnehmende. Unternehmen profitieren von einer Software-Lösung für die Verwaltung ihrer betrieblichen Altersvorsorge. Weitere Informationen unter: heydyno.de/