Politik

Griechenland verstößt gegen Auflagen: Staatliche Unternehmen kürzten Löhne nicht

Während die Menschen in der Privatwirtschaft mit immer stärker sinkenden Löhnen oder gänzlich ohne Löhne auskommen müssen, wurden die gesetzlich festgelegten Lohnkürzungen in staatlichen Unternehmen gar nicht erst umgesetzt. Und der Staat kontrollierte nicht einmal die ordnungsgemäße Umsetzung der Maßnahmen.
23.07.2012 11:58
Lesezeit: 2 min

Das die griechischen Regierungen es in den vergangenen Jahren selten erreicht haben, die mit dem Bailout geforderten Maßnahmen umzusetzen, ist nicht neu. Doch diese fehlende Durchsetzungskraft oder auch der fehlende Wille wird immer mehr zum Nachteil der Griechen, die in der Privatwirtschaft arbeiten. Eine der Auflagen war beispielsweise, die Löhne der Griechen zu kürzen, die in staatlichen Unternehmen und Agenturen (D.E.K.O.) arbeiten. Doch genau hier kam es zu keinen Kürzungen, wie die Sonntagszeitung Real News berichtet.

60 Prozent der staatlichen Versorgungsunternehmen und der vom Staat subventionierten Agenturen und Organisationen haben die von der Regierung beschlossenen Lohnkürzungen nicht umgesetzt, so Real News. Unter ihnen befindet sich beispielsweise auch die staatliche Bahnbetriebsgesellschaft TRAINOSE. Und das, obwohl diese Lohnkürzungen im Rahmen von vier Gesetzen bereits vor zwei Jahren vom griechischen Parlament beschlossen wurden, so der griechische blog keeptalkinggreece.com. Weder die Löhne des Managements dieser Unternehmen noch die Löhne der Mitarbeiter in diesen Unternehmen wurden gekürzt.

Doch die griechische Regierung selbst ist ihren Verpflichtungen ebenfalls nicht nachgekommen. In einem Rundschreiben vom 18. November 2011 an alle Ministerien, staatlichen Unternehmen und subventionierte Einrichtungen machte die Regierung deutlich, dass die Subventionen gestoppt werden sollten, wenn die Auflagen nicht umgesetzt würden. Und obwohl die Lohnkürzungen nicht umgesetzt wurden, erhöhte die Regierung um Papademos die Subventionen für die staatlichen Unternehmen und vom Staat subventionierten Agenturen und Organisationen von 610 Millionen Euro im Jahr 2011 auf 760 Millionen Euro im Jahr 2012. Die Regierung selbst scheint also nicht einmal die Umsetzung der Gesetze kontrolliert zu haben.

In Griechenland scheint dementsprechend mit zweierlei Maß gemessen zu werden. In der Privatwirtschaft sind die Gesetze diesbezüglich nämlich tatsächlich größtenteils umgesetzt worden. Nach den aktuellen Daten des Organs der Arbeitsaufsicht SEPE (Ministerium für Arbeit und Sozialfürsorge) sanken die Löhne für 9,3 Prozent der Beschäftigten im privaten Sektor in den ersten sechs Monaten des Jahres 2012 um 23,7 Prozent. 44.122 der Vollzeit-Arbeitsverträge wurden in flexible Arbeitsverträge umgewandelt – was verglichen mit dem 1. Halbjahr 2011 einer Zunahme der flexiblen Arbeitsverträge um 45,3 Prozent entspricht. Und ganz abgesehen davon, arbeiten tausende Griechen in der Privatwirtschaft seit Monaten und erhalten nur einen Teil ihres Gehaltes oder teilweise auch gar kein Geld (hier).

Angesichts dieser Zustände bei den staatlichen Unternehmen und subventionierten Organisationen hat nun der stellvertretende Finanzminister, Dimitris Staikouras, detaillierte Informationen über den aktuellen Stand dieser Lohnsituation zu erhalten. Immerhin kehrt ja auch die Troika am Dienstag nach Griechenland zurück und die Stimmung im IWF ist alles andere als positiv (der IWF will keine Finanzhilfe mehr geben – hier).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Technologie
Technologie BradyPrinter i7500: Revolution im Hochpräzisionsdruck

Sie haben genug vom altmodischen Druck großer Etikettenmengen? Keine Kalibrierung, keine Formatierung, kein umständliches Hantieren mit...

DWN
Politik
Politik Migration: Nancy Faeser sieht eigene Migrationspolitik als Erfolg
01.04.2025

Während SPD und Union über eine mögliche Koalition verhandeln: Die geschäftsführende Innenministerin Faeser präsentierte heute...

DWN
Politik
Politik Handelskonflikt eskaliert: EU prüft bislang ungenutztes Instrument
01.04.2025

Die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA stehen kurz vor einer Eskalation. US-Präsident Trump plant neue Zölle auf eine...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trumps Zölle - Warum Hyundai jetzt auf Milliarden-Investitionen in den USA setzt
01.04.2025

Geht sein Plan auf? Trumps Zollerhöhungen erzwingen bereits drastische Reaktionen. Hyundai investiert 21 Milliarden US-Dollar in die USA,...

DWN
Politik
Politik AfD holt in Umfrage auf: Union büßt nach Bundestagswahl stark ein
01.04.2025

Nach der Bundestagswahl verliert die Union in den Umfragen, während die AfD kräftig zulegt. Auch SPD und Grüne verzeichnen Rückgänge,...

DWN
Politik
Politik Bamf-Chef Sommer will radikale Asyl-Wende - Rücktritt gefordert
01.04.2025

Bamf-Chef Hans-Eckhard Sommer fordert eine radikale Wende in der deutschen Asylpolitik. Statt individueller Anträge plädiert er für eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Europa-ETF-Vergleich: Wie Sie mit Europa-fokussierten ETFs Geld verdienen - und welche Europa-ETF sinnvoll sind
01.04.2025

Da die Trump-Administration die Unterstützung für die Ukraine zurückfährt, protektionistische Zölle erlässt und sich von der...

DWN
Politik
Politik Reform Arbeitszeitgesetz: 8-Stunden-Tag nicht mehr zeitgemäß?
01.04.2025

Union und SPD schlagen vor, aus der täglichen eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu machen. Von der Wirtschaft gibt es Zuspruch, die...

DWN
Politik
Politik Stephan Weil: Niedersachsens Ministerpräsident (SPD) zieht sich aus Politik zurück
01.04.2025

Stephan Weil beendet nach mehr als zwölf Jahren als Ministerpräsident von Niedersachsen seine politische Karriere. Mit einem klaren Kurs...