Politik

Merkel schlägt Soli für Euro-Zone vor

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich für die Einführung eines Solidaritäts-Fonds in der Eurozone ausgesprochen. Damit sollen projektbezogene Finanzmittel für Länder verfügbar gemacht werden, die im Gegenzug Sparprogramme umsetzen. Die Umverteilung soll aus Mitteln der Finanztransaktionssteuer gespeist werden.
25.10.2012 00:46
Lesezeit: 2 min

Aktuell: Wegen Steuerbetrug: Gericht verurteilt Berlusconi zu 4 Jahren Haft

Wenn man die EU nicht nur als Währungsunion oder politische Union sieht, sondern auch den Begriff der Solidarität über nationale Grenzen ausdehnt, dann ist der Vorschlag Angela Merkels, einen Solidaritätsfonds für die Euro-Zone zu errichten, ein konsequenter nächster Schritt bei der Umverteilung der Finanzen in die Schuldenländer der EU. Die Bundeskanzlerin hört nicht, auf für ihre Definition von Solidarität zu werben, so wie auf dem BGA-Unternehmertag am Mittwoch in Berlin.

Im Verlauf der Schuldenkrise haben europäische Spitzenpolitiker schon viele neue Politikinstrumente erfunden, die die Löcher in den nationalen Haushalten haben stopfen sollen. Die EU hat den Hilfsfonds EFSF, der mittlerweile in den Stabilitätsfonds ESM integriert wurde (mehr hier). Es gibt Pläne für eine Aufsicht aller Kreditinstitute Europas, die am Ende zu einem gemeinsamen Fonds zur Sicherung der Spareinlagen führen soll (hier). Die EZB will über das OMT-Programm kurzfristige Staatsanleihen im Notfall aufkaufen (hier). Noch bevor alle diese Instrumente wirken können, schlägt Merkel eine Alternative vor. Diesmal sollen Mittel aus der geplanten Finanztransaktionssteuer dafür verwendet werden, Projekte zu finanzieren und Reformdruck auf die Regierungen der Krisenländer auszuüben.

Für Griechenland kann der Reformdruck momentan jedoch nicht größer sein. Immer mehr Abgeordnete der Regierungskoalition werden von Ministerpräsident Antonis Samaras rausgeschmissen, weil sie die Reformen nicht mittragen wollen, die die Auszahlung der nächsten Tranche ermöglichen. Die Regierungsmehrheit schwindet. Ein erneutes Scheitern der Koalition würde Griechenland ins Chaos stürzen (hier).

Viele Länder haben sich über Jahre hinweg verschuldet. Die Kanzlerin begründet ihren Vorstoss damit, dass die verschuldeten Länder noch viele Jahre bräuchten, um ihre Haushalte wieder in den Griff zu bekommen. Diesen Ländern müsse man helfen, wenn sie sich dem Reformdruck der EU unterwerfen: „Ich könnte mir vorstellen, dass diejenigen, die das erfüllen, zurückgreifen können auf ein Solidarbudget innerhalb der Euro-Zone, mit dem zeitlich befristet notwendige Maßnahmen umgesetzt werden."

Die Prüfung eines solchen Budgets wurde auf dem EU-Gipfel beschlossen, berichtet Reuters. Es mangelt also nicht an Aktionen und Steuerungsinstrumenten, um die Schuldenkrise in gerade Bahnen zu lenken. Merkel bevorzugt in diesem Zusammenhang eine Politik der kleinen Schritte, weil sie offenbar selbst nicht ganz auf die legendäre große Bazooka vertraut. (mehr hier). Das Problem der aktuell neuesten Idee: Noch weiß niemand, wieviel eine Steuer für Finanzgeschäft einbringen wird - wenn nicht alle auf der Welt mitmachen, werden Finanzgeschäfte in Zukunft unzweifelhaft eher dort getätigt werden, wo es eine solche Abgabe nicht gibt.

Weitere Themen:

Europa: Staatsschulden steigen auch 2012 ungebremst

Konjunktur in Europa: Einkaufsmanager-Index weiterhin auf Talfahrt

Ölschock-Gefahr: Hacker attackieren Förderanlagen der Saudis und in Katar

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Vergessener Kontinent: Afrikas Fluchtkrisen- Milliarden fehlen für humanitäre Hilfe
03.06.2025

Fluchtkrisen in Afrika schneiden bei medialer Aufmerksamkeit, Hilfsgeldern und politischem Engagement besonders schlecht ab. Kamerun ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell: Rücksetzer nach Kurssprung – was Anleger jetzt wissen müssen
03.06.2025

Der Goldpreis ist auf Richtungssuche – trotz Krisen und Zinssorgen. Was steckt hinter der aktuellen Entwicklung, und wie sollten Anleger...

DWN
Politik
Politik Krim-Brücke zerstört: Ukrainischer Geheimdienst SBU meldet Angriff auf Kertsch-Brücke
03.06.2025

Die Krim-Brücke ist erneut Ziel eines spektakulären Angriffs geworden. Doch wie schwer sind die Schäden wirklich – und was bedeutet...

DWN
Politik
Politik Ehemalige US-Generäle zur Operation der Ukraine in Russland: Militärische Leistung, die dem Trojanischen Pferd gleichkommt
03.06.2025

Mitten in die Verhandlungen trifft Russland ein Schlag, der tief sitzt: Eine ukrainische Drohnenoffensive zerstört rund 40 strategische...

DWN
Politik
Politik Brüssels Pensionsflop: Milliardenvision scheitert kläglich
03.06.2025

Mit großem Tamtam gestartet, nun ein Desaster: Der EU-weite Rentenplan PEPP sollte Milliarden mobilisieren – doch kaum jemand macht mit....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ungenutztes Potenzial auf dem Arbeitsmarkt: Rekordteilzeit in Deutschland
03.06.2025

Teilzeit-Weltmeister Deutschland hat noch einmal nachgelegt: Die Teilzeit-Quote stieg im ersten Quartal auf einen neuen Rekord. Wie viele...

DWN
Politik
Politik Washingtons Steuerkrieg: Wie Trump Europas Wirtschaft ins Visier nimmt
03.06.2025

Die USA setzen zum wirtschaftlichen Gegenschlag an: Mit Strafsteuern auf europäische Unternehmen und Investoren will Donald Trump Brüssel...

DWN
Politik
Politik BSW-Klagen zum Wahlrecht vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert
03.06.2025

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist in Karlsruhe mit Klagen zum Bundestagswahlrecht gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht verwarf...