Deutschland

EU-Diktat: Deutschland muss Gift-Werte bei Spielzeug lockern

Lesezeit: 1 min
01.02.2013 12:22
Schlappe für die Bundesregierung in Brüssel: Trotz massiver Bedenken muss Deutschland seine bisher strengen Standards bei chemischen Zusätzen in Spielzeug aufgeben.
EU-Diktat: Deutschland muss Gift-Werte bei Spielzeug lockern

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die Lobbyarbeit der Spielwarenhersteller in Brüssel hat große Erfolge erzielt. Die EU-Kommission wird die Grenzwerte für Schadstoffe in Spielwaren wieder lockern. So dürfen beispielsweise bei Spielzeugen statt bisher nur 90 Milligramm ab 20. Juli 2013 bis zu 160 Milligramm Blei freigesetzt werden. Für den krebserregenden Stoff Benzoapyren wird der Grenzwert auf 100 Milligramm pro Kilogramm angehoben. Das entspricht in etwa dem hundertfachen Wert, der im Weichmacher-Öl zur Herstellung von Autoreifen eingesetzt werden darf. Durch die Lockerung der Grenzwerte bei Spielzeugen sind in Zukunft bis zu 22-fach höhere Schadstoffbelastungen möglich.

Der Versuch, der deutschen Bundesregierung, diese Lockerung in Deutschland nicht durchsetzen zu müssen und vielmehr national die eigenen strengeren Grenzwerte beizubehalten, ist vorerst jedoch gescheitert. Am 20. Januar hatte die Bundesregierung bei der EU-Kommission einen Antrag eingereicht, um an den strengeren Grenzwerten in Deutschland festhalten zu dürfen. Dieser wurde jedoch größtenteils abgelehnt. So wurden beispielsweise die deutschen Grenzwerte für Antimon, Quecksilber und Arsen nicht gebilligt, die für Grenzwerte für Blei und Barium beispielsweise sind ab dem 20. Juli ebenfalls nicht mehr gültig.  Lediglich die eigenen, nationalen Grenzwerte in Bezug auf Nitrosamine und nitrosierbare Stoffe wurden zugelassen.

Als Grund, warum beispielsweise die deutsche Grenzwerte für Antimon, Quecksilber und Arsen nicht gebilligt wurden, gibt die EU-Kommission an, „dass die von Deutschland mitgeteilten einzelstaatlichen Maßnahmen“ nicht durch „wichtige Erfordernisse in Bezug auf den Schutz der menschlichen Gesundheit gerechtfertigt sind“, heißt es in dem Beschluss der Kommission.

Wie in der Kommission war auch in einigen anderen europäischen Ländern der Vorstoß Deutschlands kritisch betrachtet worden. So gibt die EU-Kommission etwa an, dass die Tschechische Republik der Ansicht sein, „dass die von Deutschland mitgeteilten Maßnahmen ein Handelshemmnis darstellen“, heißt es in dem Beschluss. Die deutsche Regierung würde damit „die Wirtschaftsakteure, die die Bestimmungen der Richtlinie einhalten, daran hindern, Spielzeug in Deutschland in Verkehr zu bringen.“ Polen gab an, dass die deutschen Maßnahmen „den freien Verkehr von Spielzeug innerhalb der EU behindern und daher unannehmbar sind.“ Schweden unterstützte indes die deutsche Haltung.

Nach dem negativen Beschluss der EU-Kommission hat die deutsche Bundesregierung am 14. Mai 2012 beim Gericht der Europäischen Union eine Klage diesbezüglich gegen die EU-Kommission eingereicht. Die Regierung rechnet jedoch frühestens im Frühjahr 2014 mit einem Urteil, wie aus dem Antwortschreiben der Bundesregierung auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion der Grünen hervorgeht. Dann jedoch gelten die gelockerten Grenzwerte bereits und Spielzeug mit höheren Schadstoffwerten kann auf den deutschen Markt gelangen.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla Grünheide - Protesttage: Polizei schützt Autofabrik mit Großaufgebot
10.05.2024

Die Kundgebungen gegen den Autobauer Tesla in Grünheide erreichten am Freitag einen neuen Höhepunkt. Während eines...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Chefredakteur kommentiert: Deutsche Bahn, du tust mir leid!
10.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Technologie
Technologie Kein Erdgas mehr durch die Ukraine? Westeuropa droht erneute Energiekrise
10.05.2024

Eines der größten Risiken für die europäische Erdgasversorgung im nächsten Winter ist die Frage, ob Gaslieferungen weiterhin durch die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch bei über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das für Anleger und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...