Politik

Zu harte Lasten: Zypern will Bailout-Bedingungen ändern

Lesezeit: 2 min
19.06.2013 01:29
Zyperns Präsident hat die EU in einem Brief aufgefordert, das Bailout für Zypern noch einmal zu überarbeiten. Die Forderungen der internationalen Gläubiger hätten der Wirtschaft und dem Banken des Landes mehr geschadet als erwartet, so Anastasiades. Das bedeutet jedoch, dass das Land mehr Geld brauchen wird.
Zu harte Lasten: Zypern will Bailout-Bedingungen ändern

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die Schaffung des Bailout-Programms für Zypern war alles andere als einfach. Die Enteignung etlicher Bankkunden sorgte für viel Aufsehen, die Einführung von Kapitalkontrollen und eine Woche politischen Stillstand. Nun will der Präsident Zyperns, Anastasiades, eine komplette Überarbeitung des Bailout-Programms.

Anastasiades warnt in einem Brief an Barroso, van Rompuy und Schulz, dass die Forderungen des jetzigen Bailouts nicht erfüllbar seien. Diese hätten der Wirtschaft und dem Bankensystem des Landes mehr geschadet als zunächst erwartet. So wurde beispielsweise die Umstrukturierung der zwei größten Banken des Landes „ohne sorgfältige Vorbereitung“ in Gang gebracht, zitiert die FT aus dem Brief von Anastasiades. Das zum Wirtschaften wichtige Kapital der zypriotischen Unternehmen sei durch die Enteignung massiv verringert worden. Dies und die noch immer anhaltenden Kapitalverkehrskontrollen hätten die Wirtschaft des Landes quasi erstickt.

„Ich fordere Sie auch, die Möglichkeiten zu prüfen, mit denen eine tragfähige Perspektive für Zypern und seine Bürger geschaffen werden kann“, so der Präsident. Vor allem die Bank of Cyprus sei massiv gefährdet. Und ein Erfolg des Bailout-Programmes hänge nun einmal von einer „starken und lebensfähigen“ Bank of Cyprus ab.

Zwar fordert Anastasiades nicht direkt mehr Geld von der Troika bzw. der EU. Doch beispielsweise auch mehr Zeit zum Erreichen der Forderungen würde am Ende die notwendigen Rettungsgelder für das Land erhöhen. Darüber hinaus bittet Anastasiades aber in seinem Schreiben auch darum, einen Teil der neun Milliarden Notfallkredite, die die Laiki Bank von der EZB erhalten hatte, durch eine Umwandlung in langfristige Anleihen umzuschulden. Dies würde dann die Verschmelzung der Laiki Bank und der Bank of Cyprus einfacher machen, so Anastasiades. Dabei verwies der zypriotische Präsident darauf, dass die Laiki Bank diese Notfallkredite sowieso unter „sehr fragwürdigen Umständen“ erhalten habe. Immerhin habe die EZB damit zur damaligen Zeit den Eindruck aufrechterhalten, dass die Laiki Bank lebensfähig sei.

Der zypriotische Präsident Anastasiades nutzt so die harte Kritik an der Arbeit des IWF beim Griechenland-Bailout. Der Internationale Währungsfonds hatte zugegeben, die Daten für Griechenland bewusst geschönt zu haben. Und dass, obwohl die tatsächlichen Fakten gegen eine Tragfähigkeit des Bailout-Programmes für Griechenland gesprochen hatten (hier). So verlässlich scheinen die Evaluierungen für Rettungspakete also doch nicht zu sein.

In Italien hat man sich seit den Neuwahlen ebenfalls gegen die aktuellen Forderungen aus Brüssel ausgesprochen. Am Sonntag sagte Berlusconi mit deutlichen Worten:

„Wir sind nur wegen eurer verdammten Sparpolitik in dieser Situation. Von nun an könnt ihr euren Fiskalpakt und eure Defizitgrenze von drei Prozent des BIPs vergessen. Wollt ihr uns aus der gemeinsamen Währung rauswerfen? Geht ruhig voran. Wollt ihr uns aus der EU werfen? Tja, dann möchten wir euch nur daran erinnern, dass wir jährlich 18 Milliarden Euro (in das EU-Budget, Anm. d. Red.) einzahlen und nur zehn Milliarden davon zurückkriegen. Wer könnte uns also rauswerfen?“


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla Grünheide - Protesttage: Polizei schützt Autofabrik mit Großaufgebot
10.05.2024

Die Kundgebungen gegen den Autobauer Tesla in Grünheide erreichten am Freitag einen neuen Höhepunkt. Während eines...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Chefredakteur kommentiert: Deutsche Bahn, du tust mir leid!
10.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Technologie
Technologie Kein Erdgas mehr durch die Ukraine? Westeuropa droht erneute Energiekrise
10.05.2024

Eines der größten Risiken für die europäische Erdgasversorgung im nächsten Winter ist die Frage, ob Gaslieferungen weiterhin durch die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch bei über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das für Anleger und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...