Finanzen

Damm ist gebrochen: EZB kann Geld nicht mehr aus dem Markt zurückholen

Die EZB ist auf Anleihen im Umfang von 32 Milliarden Euro sitzengeblieben. Mario Draghi hatte bereits vor Monaten angekündigt, auf diesem Weg die Liquidität-Überschwemmung wieder aufzutrocknen. Doch der „Misserfolg“ ist möglicherweise Taktik: Nun kann die EZB zur Staatsfinanzierung mit der Notenpresse übergehen.
17.12.2013 22:49
Lesezeit: 2 min

Am Dienstag scheiterte ein Anleiheverkauf der EZB. Mit den Anleiheverkäufen entzieht die Zentralbank dem Markt Liquidität. Doch da offenbar nicht genügend Liquidität vorhanden ist, droht nun eine massive Ausweitung der Geldbasis, um die Ankäufe von Staatsanleihen zu finanzieren.

Nur 109 Bieter kauften Anleihen im Umfang von nur 152 Milliarden Euro, berichtet Zero Hedge. Die EZB wollte 184 Milliarden an Anleihen verkaufen, blieb aber auf Anleihen im Umfang von 32 Milliarden Euro sitzen. Bereits vor einem knappen Monat war die EZB mit einem Anleiheverkauf im Rahmen ihres SMP-Programms zum Ankauf von Staatsanleihen der Euro-Krisenländer gescheitert.

Von Mai 2010 bis Oktober 2011 kaufte die EZB Staatsanleihen von Griechenland, Portugal, Spanien und Italien im Umfang von knapp 200 Milliarden Euro. Gleichzeitig stieg aber die Geldbasis M0 nur etwa halb so stark. Dies erreichte die Zentralbank durch eine sogenannte „Sterilisation“ der Anleihekäufe.

Die EZB sterilisierte im Rahmen des SMP-Programms etwa die Hälfte ihrer Anleihekäufe, indem sie auf dem Markt eigene wöchentliche Anleihen verkauft. So entzieht sie dem Markt Liquidität. Mit diesem Trick konnte die EZB Staatsanleihen in ihre Bilanzen aufnehmen, ohne die Geldbasis M0 zu sehr zu erweitern.

Die EZB kann auf diese Weise sogar Gewinne machen, solange die Zinsen auf die Staatsanleihen höher sind als die Zinsen auf die eigenen EZB-Anleihen. Dies setzt allerdings voraus, dass die Staatsanleihen der Krisenländer nicht ausfallen.

Im November 2011 scheiterte die EZB schon einmal bei der Sterilisierung der Anleihekäufe. Daraufhin stürzte der Euro ab, europäische Aktien verloren deutlich an Wert. Es wurde ein Mangel an Liquidität bei den europäischen Banken befürchtet.

Heute hat das Scheitern der EZB offenbar keine Konsequenzen auf den Finanzmärkten hervorgerufen. Möglicherweise war der Mangel an Liquidität erwartet worden, nachdem die Banken der Eurozone in den vergangenen Wochen ihre EZB-Langzeitkredite (LTRO) mit erhöhter Geschwindigkeit zurückgezahlt hatten.

Die Bargeldüberschüsse bei den Banken des Eurosystems sind auf dem niedrigsten Stand seit zwei Jahren. Die Banken halten derzeit nur 171,5 Milliarden Euro. Es wird erwartet, dass die Bargeldüberschüsse bis zum Jahresende auf weniger als 150 Milliarden Euro schrumpfen. Daher können die Banken auch in absehbarer Zukunft nur wenige Anleihen der EZB kaufen.

Da die gescheiterte Sterilisation kaum Auswirkungen auf den Finanzmärkten hatte, könnte bei der EZB die Sterilisation insgesamt infrage gestellt werden. Wenn es keine Käufer für die SMP-Anleihen gibt, könnte sie das nötige Geld einfach drucken. Auch die US-Zentralbank tut dies im Rahmen ihres QE-Programms im Umfang von monatlich 85 Milliarden Dollar.

Sollte EZB-Chef Mario Draghi tatsächlich den Ankauf von Staatsanleihen der Euro-Krisenländer mit der Notenpresse finanzieren wollen, würde dies auch den Abgang des deutschen EZB-Direktor Jörg Asmussen zu Andrea Nahles ins Arbeitsministerium erklären (hier). Die Guthaben der deutschen Sparer würden durch die Ausweitung der Geldbasis weiter massiv entwertet.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Showdown in Washington: Merz trifft Trump – Annäherung oder Abrechnung?
04.06.2025

Bundeskanzler Friedrich Merz reist nach Washington, um Donald Trump die Hand zu reichen – doch der Empfang dürfte frostig werden....

DWN
Politik
Politik Bulgarien bekommt den Euro - nicht alle freuen sich darüber
04.06.2025

Die EU-Kommission macht den Weg frei: Bulgarien darf 2026 den Euro einführen. Doch im Land regt sich massiver Widerstand. Während...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell auf Rekordkurs: Doch deutsche Anleger bleiben zurückhaltend – die Gründe
04.06.2025

Der Goldpreis steigt erneut auf ein beeindruckendes Niveau – doch die deutsche Nachfrage sinkt. Was steckt hinter dieser paradoxen...

DWN
Politik
Politik Zinswende mit Risiko – Steuert Lagarde Europa in die Deflation?
04.06.2025

Christine Lagarde will am Donnerstag erneut die Zinsen senken – trotz globaler Unsicherheiten, Handelskonflikten und überraschend...

DWN
Politik
Politik NATO fordert 5 Prozent fürs Militär – doch Europas Regierungen spielen weiter auf Zeit
04.06.2025

Während Russland aufrüstet und zum Gegenschlag bereitsteht, warnt die NATO vor einem historischen Sicherheitskollaps – doch viele...

DWN
Politik
Politik Grenzkontrollen: Dobrindt und Frei verteidigen Linie der Bundesregierung
04.06.2025

Ein Gerichtsurteil stellt die Rechtmäßigkeit aktueller Grenzpraktiken infrage – doch Innenminister Dobrindt und Kanzleramtschef Frei...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Firmen vor Engpässen bei seltenen Erden aus China
04.06.2025

China verschärft seine Exportkontrollen bei strategisch wichtigen Mineralien – mit direkten Folgen für die deutsche Industrie. Vor...

DWN
Politik
Politik Polens Präsident Nawrocki – Ein Trump-Statthalter in Warschau?
04.06.2025

Mit Karol Nawrocki zieht ein Hardliner in den Präsidentenpalast ein – unterstützt von Donald Trump und im offenen Konflikt mit der...