Politik

EU-Parlament will mehr Haftung Deutschlands für Banken in Europa

Das EU-Parlament will die Pläne der EU-Finanzminister zur Bankenabwicklung ausbremsen. Diese widersprächen EU-Recht. Das EU-Parlament will, dass die Haftungssumme für die gefährdeten Banken angehoben wird. Deutschland müsse einen größeren Beitrag leisten.
18.01.2014 00:12
Lesezeit: 2 min

Der Plan für die europaweite Bankenabwicklung stößt im EU-Parlament auf Ablehnung. Mit einem Rechtsgutachten, das von Sven Giegold, Mitglied der Grünen im Europaparlament, in Auftrag gegeben wurde, möchten Teile des EU-Parlaments das Vorhaben ausbremsen. Der Grund sei, dass die Mitgliedsstaaten die Bankenunion – insbesondere die Kriterien zur Abwicklung maroder Banken – am EU-Parlament vorbei ausschließlich auf Regierungsebene verhandeln wollen. Dies laufe dem fundamentalen EU-Recht zuwider.

Eine Gruppe hochrangiger Parlamentarier hat mitgeteilt, dass man sich eine größere Haftungssumme erwarte - und damit einen größeren Beitrag Deutschlands. Der aktuelle Mini-Kompromiss geht vor allem auf das Bremsen Deutschlands zurück. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble fürchtet, dass noch die eine oder andere europäische Großbank in eine Schieflage geraten könnte.

Erst vor einigen Tagen hat der ehemalige UniCredit-Chef und nunmehrige Aufseher der Monte dei Paschi, Alessandro Profumo vor einem Banken-Crash in Italien gewarnt (hier).

Der Versuch der Finanzminister, diese zentrale Frage lediglich zwischenstaatlich und ohne angemessene Beteiligung des EU-Parlaments zu verhandeln, könne so nicht hingenommen werden, sagt Sven Giegold. Die Ausgestaltung der Bankenunion drohe, zu einem großen Demokratie-Rückschritt in Europa zu werden.

Eine weitere Kritik bezieht sich auf den Bankenfonds, den die teilnehmenden Banken noch auffüllen müssen. Der Fonds soll ab dem Jahr 2016 eingerichtet werden und über zehn Jahre insgesamt 55 Milliarden Euro sammeln. Giegold beanstandet, dass die Staatshaushalte noch zehn Jahre für ihre Banken gerade stehen müssten.

Die EU-Finanzminister billigten Ende Dezember eine Blaupause für einen gemeinsamen Mechanismus zur Bankenabwicklung (SRM) und den Bankenabwicklungsfonds in Höhe von 55 Milliarden Euro. So wollen sie das Vertrauen in die europäischen Banken wieder herstellen. Denn auch ausländische Kapitalanleger haben in europäische Banken investiert. Sie drängen auf eine schnellere Umsetzung.

US-Finanzminister Jack Lew sagte am Donnerstag: „Wir glauben nicht, das der Fonds dem Volumen nach groß genug ist. Und wir glauben nicht, dass er schnell genug eingerichtet ist“, berichtet die Financial Times.

Noch ist vollkommen unklar, ob die Banken der zahlungskräftigen Länder den Fonds füllen und ob die Banken der Krisen-Staaten überhaupt etwas zum Fonds beitragen müssen. Dabei ist umstritten, ob die Größe der Bank eine Rolle spielt oder ihr Risikoprofil.

Mitte Dezember war ein Brief von Finanzminister Wolfgang Schäuble an einige seiner Kollegen durchgesickert, wonach die angedachte Verfahrensweise wieder aufgelöst werden könnte. Deshalb herrscht nun offenbar Verwirrung über die Verwendung der Gelder der Steuerzahler, wenn der „einzige Krisenfonds“ ausgeschöpft ist.

Womöglich ist mit dem „einzigen Krisenfonds“ ja auch der ESM gemeint, denn die Abwicklung von Zombiebanken soll im nächsten November beginnen, nachdem die Bankenaufsicht durch die EZB in Kraft tritt. (Eine Zombiebank ist definiert als ein Institut, das eigentlich insolvent ist, jedoch weiterhin Bankgeschäfte ausübt und auf die Unterstützung der EZB angewiesen ist.)

Leitlinien sehen vor, dass die direkte Bankenkapitalisierung aus dem ESM auf maximal 60 Milliarden Euro begrenzt wird. Jedoch ist seit langem in der Diskussion, dem ESM eine Tochtergesellschaft zuzuordnen, die ihrerseits auf dem Markt Kredite aufnehmen kann (mehr hier).

Bis der angedachte Bankenfonds mit 55 Milliarden Euro vollständig gefüllt ist, vergehen noch 12 Jahre. In den ersten Jahren dürfte er nur einige Milliarden Euro ansammeln – sofern sich die großen und zahlungskräftigsten Banken überhaupt dazu bereit erklären, diesen Topf freiwillig und allein zu bestücken (hier).

Allerdings gibt es Forderungen aus dem Europaparlament, das „Gegenseitigkeitsprinzip des Fonds zu beschleunigen“, wonach der Bankenfonds statt im Jahr 2026 bereits in 2018 gefüllt sein soll. Auch hier ist vorgesehen, mit dem bereits von Banken eingezahlten Kapital am Markt „Kreditlinien“ aufzunehmen, um für die Abwicklung von Zombiebanken entsprechendes Kapital zur Verfügung zu stellen.

Ob das ausreicht, ist zweifelhaft. Schließungen oder Abwicklungen von Banken kosten enorme Summen. Die Banken sind untereinander so stark vernetzt, dass Verluste des einen Instituts auch die Verluste der anderen Bankhäuser bedeuten.

Wie dann einzelne Banken abgewickelt werden können ohne „Rettungsgelder“ aus dem ESM in Anspruch zu nehmen – wobei absehbar ist, dass 60 Milliarden bei weitem nicht ausreichen werden und auch die Hebelungen einer ESM-Tochter nicht – dieser Frage stellen sich die Europaparlamentarier nicht.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Politik
Politik Amerika: Hat Joe Biden jemals wirklich die USA regiert?
11.03.2025

Wurde die US-Regierung per Autopen (Unterschriftenautomat) gesteuert? Ein Bericht enthüllt, dass fast alle Biden-Dokumente maschinell...

DWN
Politik
Politik BSW klagt in Karlsruhe auf Neuauszählung der Wahl
11.03.2025

Knapp gescheitert, doch nicht bereit aufzugeben: Das Bündnis Sahra Wagenknecht zieht vor das Bundesverfassungsgericht. Die Partei zweifelt...

DWN
Politik
Politik Bargeldreform: Verschwinden bald die Ein- und Zwei-Cent-Münzen?
11.03.2025

Kaum jemand zahlt noch mit Ein- und Zwei-Cent-Münzen – stattdessen verstopfen sie Geldbeutel oder verschwinden in Sparschweinen. Die...

DWN
Technologie
Technologie Der Verbrenner-Golf bleibt mindestens bis 2035: Volkswagen Vertriebschef Martin Sander im Interview
11.03.2025

Volkswagen steht vor einer doppelten Herausforderung: Einerseits soll die ID-Familie den Markt für Elektroautos erobern, andererseits...

DWN
Politik
Politik Grönland wählt heute Parlament
11.03.2025

Die Menschen auf Grönland wählen ein neues Parlament – doch der Wahlkampf wird von außen beeinflusst. Trump mischt sich ein, die...

DWN
Finanzen
Finanzen Künstliche Intelligenz: KI-Trading revolutioniert den Anlegermarkt – Welche Vorteile, Risiken und Möglichkeiten es gibt
11.03.2025

KI-Trading ermöglicht es Anlegern, durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz schneller und präzisere Marktanalysen zu erstellen und...

DWN
Politik
Politik Drohnenangriff auf Moskau fordert drei Todesopfer - Friedensgespräche beginnen
11.03.2025

Ein massiver Drohnenangriff auf Moskau erschüttert Russland: Zwei Tote, beschädigte Gebäude und gesperrte Flughäfen. Während der Kreml...

DWN
Immobilien
Immobilien Neues Büro finden: Was ist zu beachten und wie vermeidet man kostspielige Fehler bei der Suche?
11.03.2025

Die Firma wächst schneller als erwartet und mit ihr das Personal? Oder die Firmenräumlichkeiten werden nicht mehr benötigt? Je nachdem...