Politik

EU scheitert bei Reform der Wirtschaftsprüfer

Die Finanz-Lobby hat ein neues Gesetz zur Regulierung der Wirtschaftsprüfer aufgeweicht. Es sollte die Vormachtstellung der vier größten Prüfer brechen. Kritiker sprechen von einem „Papiertiger“.
27.01.2014 00:06
Lesezeit: 2 min

Das EU-Parlament billigte einen Entwurf des sogenannten Prüfungs-Reform-Pakets, das eine Reform des Markts für Wirtschaftsprüfung angestrebt. Dadurch soll die Macht der vier großen Wirtschaftsprüfer PricewaterhouseCoopers (PwC), Deloitte, Ernst&Young und KPMG gebrochen und der Markt für Konkurrenten geöffnet werden.

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Prüfung nur noch von einer der vier Unternehmen durchgeführt wird, wie der EUobserver berichtet. Darüber hinaus ist es den Unternehmen künftig verboten, ihren Klienten Leistungen anzubieten, die nicht mit Wirtschaftsprüfung in Verbindung stehen.

Theoretisch sollten die vier Unternehmen unabhängig voneinander sein und in Konkurrenz zueinander stehen. Tatsächlich arbeiten sie jedoch häufig zusammen, sprechen sich gegenseitig ab und schieben sich die Aufträge zu, wie im Fall der spanischen Bankenrettung zu beobachten war. Die spanische Zentralbank heuerte alle vier Wirtschaftsprüfer für insgesamt 19,1 Millionen Euro an, um den Wert der lokalen Banken und ihrer Bilanzen festzustellen.

Zudem verstricken sich die Unternehmen immer wieder in Interessenskonflikte. So war KPMG in Spanien sowohl als Finanzberater von Bankia, als auch in der Rolle des „neutralen Schlichters“ in einem Streit mit Bankkunden tätig. Diese fühlten sich von Bankia durch dubiose Finanzprodukte um ihr Erspartes betrogen. Die Bank hatte ihnen geraten ihre Guthaben in „bevorzugte Anteile“ umzuwandeln.

„Um sicher zu gehen, dass die Beziehungen zwischen dem Prüfungsunternehmen und der geprüften Firma nicht zu eng werden, haben wir uns auf eine Pflichtrotation geeinigt. Aber der Wirtschaftsprüfer muss sich erst nach zehn Jahren ändern“, sagte Sajjad Karim, einer der am Entwurf beteiligten EU-Parlamentarier.

Bei der folgenden Ausschreibung kann sich das Unternehmen erneut bewerben. Bei erfolgreichem Zuschlag winkt dann sogar ein 14-Jahresvertrag. Die Organisation Corporate Europe Observatory, die Lobby-Aktivitäten in der EU beobachtet, nannte den Entwurf einen „Papiertiger“.

„Es gibt seit einer Dekade viel Gerede darüber, dass man das Monopol der großen Vier aufbrechen will und das hat man sich nun ausgedacht: Regeln, die es den Unternehmen erlauben denselben Wirtschaftsprüfer für 24 Jahre zu haben“, sagte Kenneth Haar von Corporate Europe Observatory. „Wir haben von Anfang an intensives und aggressives Lobbying bei dieser Gesetzesinitiative gesehen. Es bleibt nur der Schluss, dass die Finanz-Lobby dabei erfolgreich war“, so Haar weiter.

Der erste Entwurf sah noch eine maximale Vertragsdauer von sechs Jahren und eine anschließende „Abkühlungsphase“ von vier Jahren vor. Die britischen Konservativen spielten eine entscheidende Rolle bei der Aufweichung der Regulierung.

„Die Mehrheit im Komitee sah darin eine kostenintensive und ungewünschte Einmischung in den Wirtschaftsprüfer-Markt“, so die britische Konservative Partei in einer Presse-Erklärung. Zwei von vier Wirtschaftsprüfern, PwC und Ernst&Young, haben ihren Hauptsitz in London.

Sven Giegold von den Grünen setzte sich für eine stärkere Regulierung der Wirtschaftsprüfer ein. Er zeigte sich über den Gesetzesentwurf enttäuscht.

„Das ist Rückenwind für die Finanz-Lobby hier in Brüssel. Ehrlich gesagt erwarte ich keinen Widerspruch vom Parlament“, sagte Giegold. „Die großen Vier werden den Markt weiterhin dominieren. Nach dem Versagen den Markt zu regulieren, ist es am Wettbewerbs-Kommissar sich um dieses Oligopol zu kümmern. Das Schlachtfeld verschiebt sich also zu Alumnia“, so Giegold weiter.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen CBDCs und Gold – Kontrolle oder Freiheit?

In einer Zeit rasanter Veränderungen stellt sich mehr denn je die Frage: Wie sicher ist unser Geld wirklich? Die Einführung von CBDCs...

DWN
Technologie
Technologie PwC-Studie: Künstliche Intelligenz könnte Weltwirtschaft bis 2035 um 15 Prozent beflügeln – doch der Preis ist hoch
01.05.2025

Während viele Volkswirtschaften unter dem Druck multipler Krisen taumeln – Energiepreise, geopolitische Spannungen, ein fragiles...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Politik schwächt den Dollar – Rogoff sieht Machtverschiebung zugunsten Europas
01.05.2025

Kenneth Rogoff sieht in Trumps Politik den Katalysator für das Ende des Dollar-Zeitalters. Europa steht vor der historischen...

DWN
Finanzen
Finanzen JPMorgan: Zinsschock voraus – Warum US-Bonds Europa ausstechen
01.05.2025

JPMorgan sieht in US-Anleihen den neuen Renditetreiber – Europas zögerliche EZB-Politik wirkt abschreckend auf Investoren.

DWN
Panorama
Panorama Jung oder KI: Zwei Wege zur Lösung des Lkw-Fahrermangels
01.05.2025

Angesichts des anhaltenden Fahrermangels setzt die EU auf die Senkung der Altersgrenze für Lkw-Führerscheine, während die USA auf eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Unternehmer weltweit in Alarmbereitschaft: Handelskriege, Schuldenkrisen und KI – Was kommt als Nächstes?
01.05.2025

UBS-Report: Unternehmer zwischen Angst vor Handelskriegen, Hoffnungen auf KI und dem Wettlauf um Nachhaltigkeit.

DWN
Finanzen
Finanzen Versteckte Risiken: Wie die Rentenversprechen zur Illusion werden
01.05.2025

Vorsorge mit Risiko: Warum viele Pensionslösungen nur scheinbar sicher sind – und wie mangelnde Transparenz zum größten Feind der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Die abgestürzten Börsenstars: Was tun, wenn die Raketen landen?
01.05.2025

Die Illusion der Dauer-Rendite zerplatzt – Anleger zwischen politischem Versagen und technologischer Ernüchterung

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wird es in Europa durch Trumps Zölle billiger? Nicht so schnell!
01.05.2025

Während Donald Trump die Stimmung mit protektionistischen Zöllen gegen China anheizt, stellt sich in Europa die Frage: Wird unser Markt...