Im Frühjahr wird das Bundesverfassungsgericht über die Rechtmäßigkeit des EZB-Programms zum Ankauf von Staatsanleihen entscheiden.
Karlsruhe berate derzeit, „ob die EZB überhaupt Anleihen kaufen darf“, zitiert EUobserver Udo di Fabio, der von 1999 bis 2011 Verfassungsrichter in Karlsruhe war. Nach EU-Recht darf die EZB Staatsanleihen nicht direkt von den Regierungen kaufen, wenn diese ihre regelmäßigen Anleihe-Auktionen abhalten.
Doch bis 2012 kaufte die EZB im Rahmen des SMP-Programms auf dem Sekundärmarkt Anleihen von Krisenstaaten, das heißt nicht direkt von den Regierungen, sondern von Investoren. Die Schuld-Papiere werden von der EZB als Investitionen angesehen. Aufgrund dieser Anleihe-Käufe fielen die Zinssätze für Spanien und Italien. Diese waren im Jahr 2011 in die Höhe geschossen, es drohte der Staatsbankrott.
Im Jahr 2012 stiegen die Zinssätze für die Krisenstaaten erneut an. Daraufhin versprach EZB-Chef Draghi, die Zentralbank werde so viele Staatsanleihen der betroffenen Länder kaufen wie nötig. Diese müssten jedoch im Gegenzug Reform-Programme umsetzen. Dieses sogenannte OMT-Programm ist bisher nicht abgewendet worden. Dennoch konnte es erreichen, dass die Zinssätze der Krisenländer fielen.
Im Jahr 2012 hat das Verfassungsgericht in Karlsruhe direkte Anleihe-Käufe der EZB bereits als verfassungswidrig bezeichnet, die auch EU-Recht widersprechen.
Doch seitdem haben 35.000 Deutsche auch gegen die indirekten Anleihe-Käufe Beschwerde eingelegt. Es wird erwartet, dass das Verfassungsgericht im April ein Urteil verkündet oder den Fall an den Europäischen Gerichtshof weiterreicht.
Di Fabio hält es für unwahrscheinlich, dass Karlsruhe das gesamte OMT-Programm zurückweist. Dies würde einen „Feuerbrand in Europa“ auslösen. Doch wie in früheren Entscheidungen wird das Verfassungsgericht voraussichtlich die Rechte des Bundestags stärken, falls das Programm aktiviert wird.
Di Fabio sagte, letztlich entscheide Karlsruhe über die nationale Budget-Souveränität. „Die budgetäre Selbstbestimmung einer Nation ist grundlegend und kann nicht abgegeben werden.“ Parlamente seien errichtet worden, damit die Monarchen das Geld des Volkes nicht nach Gutdünken ausgeben können, so di Fabio.
„Nationale Parlamente müssen bei der Kontrolle von Steuergeldern souverän sein. Wenn Rom über eine Ausgabe entscheidet, darf man nicht die Niederlande und Deutschland dafür haftbar machen. Wenn das der Fall wäre, dann sollten die Holländer und die Deutschen auch an den italienischen Parlamentswahlen teilnehmen dürfen.“