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Es ist ein Eklat. Die Richter des Zweiten Senats am Bundesverfassungsgericht entschieden am Freitag, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) über das OMT-Programm der EZB befinden soll (mehr hier).
Dabei beurteilen die Richter mit einer Mehrheit von 6:2 das EZB-Anleihekaufprogramm als gesetzeswidrig:
„Nach Auffassung des Senats sprechen gewichtige Gründe dafür, dass er (der OMT-Beschluss der EZB) über das Mandat der Europäischen Zentralbank für die Währungspolitik hinausgeht und damit in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten übergreift sowie gegen das Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung verstößt“, heißt es in der Presseerklärung des Gerichts.
Weiter kommt das Gericht zu der Einschätzung, das OMT-Programm könne bei einem großen Ankauf maroder Staatsanleihen „zu einer erheblichen Umverteilung von Geldern zwischen den Mitgliedstaaten führen und damit Züge eines Finanzausgleichs annehmen, den die europäischen Verträge nicht vorsehen“.
Schon gar nicht dürfe sich die EZB an einem Schuldenschnitt beteiligen, so die Richter.
Nach den Verträgen sei die EZB nicht zu einer autonomen Wirtschaftspolitik ermächtigt, sondern ihre Aufgabe bestünde lediglich darin, die Wirtschaftspolitik der Union zu unterstützen, so das Verfassungsgericht. Vielmehr sprechen „gewichtige Gründe dafür, dass er (der OMT-Beschluss des EZB-Rates vom September 2012) über das Mandat der Europäischen Zentralbank für die Währungspolitik hinausgeht und damit in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten übergreift sowie gegen das Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung verstößt.“
Dennoch kam das Gericht überein, die gegen das OMT-Programm gerichteten Klagen an den Gerichtshof der Europäischen Union zu überweisen.
Die Entscheidung sei mit 6:2 Stimmen ergangen, die Richterin Lübbe-Wolff und der Richter Gerhardt hätten jeweils ein Sondervotum abgegeben. Die beiden Richter vertraten offenbar die Meinung, das Verfassungsgericht hätte sich gar nicht mit dem Fall beschäftigen dürfen.
Unter den anderen sechs Richtern gab es offenkundig Meinungsverschiedenheit darüber, ob der Europäische Gerichtshof überhaupt hätte einbezogen werden müssen oder nicht.
Nach bisheriger Auffassung muss ein Land, dessen Staatsanleihen von der EZB über das OMT-Programm gekauft werden, zuvor einen Hilfsantrag beim ESM stellen. Demnach müsse der jeweilige Staat bestimmte Spar- und Reformauflagen erfüllen.
Die EZB reagierte auf die Ankündigung des Bundesverfassungsgerichts mit dem Hinweis, „dass das OMT-Programm im Rahmen ihres Mandats liegt“.
Das OMT-Programm, das Anleihekäufe in unbegrenztem Umfang auf dem Sekundärmarkt vorsieht, war im September 2012 von den Märkten mit großem Enthusiasmus begrüßt worden. Denn es bedeutet, dass die EZB im Fall des Falles auch alle wertlos gewordenen Anleihen auf dem Sekundärmarkt von den Investoren erwirbt. Daraufhin sanken die Zinsen für die Staatsanleihen in den Krisenländern.
Das Bundesverfassungsgericht überlässt nun eine Urteilsfindung dem Europäischen Gerichtshof. Denn die EZB unterliegt als EU-Organ nur dessen Rechtsprechung.
Mit einem Urteil dürfte jedoch nicht vor den Wahlen zum EU-Parlament zu rechnen sein. Eher ist mit einem Beschluss in ein bis zwei Jahren zu rechnen.
Das EuGH wird sich aller Voraussicht nach allerdings nicht der harschen Bewertung des Bundesverfassungsgerichts anschließen.
Sobald ein Urteil des EuGH vorliegt, wird sich das deutsche Verfassungsgericht erneut der Sache annehmen und ein Urteil fällen.
Das ist schon eine Enttäuschung: Die Karlsruher Richter hätten die Möglichkeit gehabt, rechtliche Flagge zu zeigen.
So werden sie Teil eines undurchsichtigen Systems, dessen die Bürger überdrüssig sind und das die Demokratie in Deutschland und Europa nachhaltig gefährdet.
Es ist weniger Feigheit vor dem Feind, was man dem Gericht vorwerfen muss, sondern ein offensichtlicher Mangel an Rückgrat und Selbstbewusstsein.
Schade.
Das Gericht hat eine große Chance verspielt.
Allzu viele wird es nicht mehr bekommen.
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