Politik

Keine Kontaktgruppe: EU will Sanktionen gegen Russland verhängen

Lesezeit: 2 min
05.03.2014 21:49
Die Verhandlungen zwischen dem Westen und Russland verliefen im Sand: Russland akzeptiert die Amerikaner und die EU nicht als Vermittler. Nun droht Brüssel mit Sanktionen.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Auf einer Konferenz in Paris kommt es nicht wie erhofft zu einem Treffen des russischen Außenministers Sergej Lawrow mit seinem ukrainischen Kollegen Andrej Deschtschytsia. Das berichten westliche Diplomaten nach der Abreise Lawrows. Nach Angaben des russischen Politikers sollen die Diskussionen über die Krise in den kommenden Tagen fortgesetzt werden.

US-Außenminister John Kerry hatte seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow während eines kurzen Treffens in Paris aufgefordert, direkten Kontakt zu der ukrainischen Regierung aufzunehmen.

Doch Lawrow wollte nicht in einer "Atmosphäre des Kalten Krieges" verhandeln - und reiste ab.

Die westlichen Staaten wollen Russland nun mit Strafandrohungen und Verhandlungsangeboten zum Einlenken in der Krim-Krise zu bewegen. Sollte es keine Fortschritte bei der Bildung einer internationalen Kontaktgruppe zur Vorbereitung einer friedlichen Lösung geben, werde die EU am Donnerstag Sanktionen verhängen, kündigten Deutschland und Frankreich am Mittwoch an. Russlands Präsident Wladimir Putin zeigte zwar kein Entgegenkommen, erklärte aber auch, die Wirtschaftsbeziehungen sollten trotz der Spannungen nicht beeinträchtigt werden. An den Finanzmärkten hielt sich angesichts der ungewissen Lage in der Ukraine die Nervosität.

Kurz vor dem ersten Treffen der Außenminister westlicher Staaten sowie Russlands seit Ausbruch der Krise forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel Russland zum Verzicht von Provokationen auf. "Russland muss auch alles unterlassen - jeden Nadelstich, der zur Destabilisierung führen könnte", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Übereinstimmend mit Frankreich kündigte er an, die Staats- und Regierungschefs der EU würden bei ihrem Gipfeltreffen am Donnerstag Sanktionen gegen Russland besprechen, wenn eine Deeskalation ausbleibe. Zu den Maßnahmen könnten Reiseeinschränkungen sowie das Einfrieren russischer Vermögen gehören.

Auch die USA haben bereits Sanktionen ins Auge gefasst. Zudem haben die westlichen Staaten die Vorbereitungen für das im Juni im russischen Sotschi geplante G8-Treffen auf Eis gelegt.

US-Präsident Barack Obama und Kanzlerin Merkel besprachen die Lage in einem Telefonat am Dienstagabend. Nach Angaben eines hochrangigen US-Vertreters sprachen sie über einen Vorschlag zur Lösung der Krise, nach dem Russland seine Soldaten auf der Krim in die Stützpunkte zurückbeordern soll. Zudem sollten internationale Beobachter zugelassen werden, um sicherzustellen, dass die Menschenrechte der überwiegend russischstämmigen Bevölkerung gewahrt blieben.

PUTIN GEGEN AUSWEITUNG DES KONFLIKTS AUF WIRTSCHAFT

Putin wandte sich gegen eine Ausweitung des Konflikts auf die Wirtschaftsbeziehungen. "Wir müssen die Dinge nicht aufschaukeln", sagte er in Nowo-Ogarjowo in der Nähe von Moskau. "Wir müssen mit unseren traditionellen Partnern zusammenarbeiten." Er warnte zudem vor negativen Auswirkungen eventueller Sanktionen auf die Zollunion von Russland, Weißrussland und Kasachstan.

Auch die deutsche Wirtschaft sprach sich gegen eine härtere Gangart aus. Sanktionen wie Handelsverbote könnten erheblich schaden, sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Volker Treier, der "Rheinischen Post". Ähnlich hatte sich am Dienstag der Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Rainer Lindner, in einem Reuters-Gespräch geäußert.

In Gesprächen mit Vertretern des Westens zeigte Russland zunächst kein Entgegenkommen. In Paris lehnte Außenminister Sergej Lawrow ein Treffen mit seinem ukrainischen Amtskollegen Andrej Deschtschytsia ab, zu dem ihn sein US-Kollege John Kerry aufgefordert hatte. Russland wies zudem Vorwürfe zurück, es habe eigene Truppen auf der Krim eingesetzt und damit separatistische Tendenzen unter der Bevölkerung unterstützt. Russland könne die bewaffneten Gruppen auf der Krim nicht zurückkommandieren, weil es sich nicht um die Streitkräfte handele, sagte Lawrow.

RUSSISCHE TRUPPEN BESETZEN UKRAINISCHE RAKETENBASIS

Insgesamt blieb die Lage angespannt. Auf der Krim brachten russische Streitkräfte der Nachrichtenagentur Interfax zufolge zwei ukrainische Raketenabwehrstellungen unter ihre Kontrolle. In Donezk im russisch geprägten Osten der Ukraine besetzten pro-russische Demonstranten ein nur wenige Stunden zuvor von der Polizei geräumtes Regierungsgebäude erneut.

Die Unsicherheit schlug sich auch auf den europäischen Aktienmärkten nieder. Der Dax ging mit einem Minus von 0,5 Prozent aus dem Handel. Am Vortag hatten die Börsen ihre Monatsverluste teils ausgeglichen, nachdem Putin einen Militäreinsatz für aktuell nicht notwendig erklärt, diesen aber auch grundsätzlich nicht ausgeschlossen hatte.

Die Bemühungen, die Zahlungsunfähigkeit der neuen ukrainischen Regierung abzuwenden, liefen unterdessen auf Hochtouren. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso kündigte Hilfen im Umfang von elf Milliarden Euro für die kommenden zwei Jahre an. In den USA erklärten sich die oppositionellen Republikaner bereit, von Obama geplante Ukraine-Hilfen zu unterstützen.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tarifrunde der Chemieindustrie: Gewerkschaft fordert mehr Lohn
26.04.2024

Im Tarifstreit in Ostdeutschlands Chemieindustrie fordert die Gewerkschaft IG BCE eine Lohnerhöhung von 7 Prozent. Arbeitgeber warnen vor...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automesse China 2024: Deutsche Autohersteller im Preiskrieg mit BYD, Xiaomi und Co.
25.04.2024

Bei der Automesse in China steht der eskalierende Preiskrieg bei Elektroautos im Vordergrund. Mit hohen Rabatten kämpfen die Hersteller...

DWN
Technologie
Technologie 3D Spark: Ein Hamburger Start-up revolutioniert die Bahnbranche
25.04.2024

Die Schienenfahrzeugindustrie befindet sich in einem grundlegenden Wandel, in dessen Verlauf manuelle Fertigungsprozesse zunehmend...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lieferdienste in Deutschland: Bei Flink, Wolt und anderen Lieferando-Konkurrenten geht es um alles oder nichts
25.04.2024

Getir, Lieferando, Wolt, UberEats - das Angebot der Essenskuriere ist kaum noch überschaubar. Wer am Markt letztlich bestehen wird,...

DWN
Politik
Politik Bericht: Habeck-Mitarbeiter sollen Kritik am Atom-Aus missachtet haben
25.04.2024

Wichtige Mitarbeiter von Bundesministern Habeck und Lemke sollen laut einem Bericht interne Zweifel am fristgerechten Atomausstieg...

DWN
Finanzen
Finanzen Feiertagszuschlag: Was Unternehmer an den Mai-Feiertagen beachten sollten
25.04.2024

Feiertagszuschläge sind ein bedeutendes Thema für Unternehmen und Arbeitnehmer gleichermaßen. Wir werfen einen genauen Blick auf die...

DWN
Finanzen
Finanzen Teurer Anlegerfehler: Wie der Blick in den Rückspiegel fehlgeht
25.04.2024

Anleger orientieren sich an den Renditen der vergangenen drei bis zehn Jahre, um Aktien oder Fonds auszuwählen. Doch laut Finanzexperten...