Finanzen

Zins-Swaps: Wie die Banken mit Manipulationen reich wurden

Der US-Einlagensicherungsfonds klagt gegen die größten Banken der Welt wegen Betrugs mit Zins-Derivaten. Zins-Derivate werden in den USA mit einem Volumen von 426 Billionen Dollar gehandelt. Das entspricht etwa dem Siebenfachen des weltweiten BIP.
15.04.2014 00:06
Lesezeit: 2 min

Die Steuerzahler der Vereinigten Staaten zahlten in der Vergangenheit Milliarden Dollar für einen Betrug, der durch die weltweit größten Banken angestiftet wurde. Hintergrund ist eine Derivate-Form, genannt Zins-Derivate.

Der LIBOR (London Interbank Offering Rate) ist der Leitzins, zu dem sich Banken untereinander Geld leihen können. Dieser Zinssatz wurde von mehreren globalen Großbanken manipuliert und führte in den USA und Europa zu milliardenschweren Geldbußen. Kläger war die US-Einlagensicherung Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) (mehr hier).

Nun stellt sich heraus, dass die Manipulationen am Libor auch den Derivate-Handel mit sogenannten „Zins-Swaps“ betreffen. Denn der Libor ist die entscheidende Messgröße für den Handel mit Derivate-Geschäfte, mit dem Hunderten von Billionen US-Dollar umgesetzt werden.

16 Großbanken, darunter JPMorgan Chase, Bank of America und Citigroup, als auch zahlreiche europäische Großbanken, sind in diesen neuen Skandal verwickelt, welche die Zins-Derivate handelten.

Derivate sind Finanzmarkt-Instrumente, die nicht an der Börse gehandelt werden, sondern „Over-the-Counter“. Sie beziehen sich auf einen unterliegenden Wert, wie beispielsweise auf eine Aktie oder einen Zinssatz. Dabei wird zwischen fixen und variablen Zinssätzen unterschieden. Üblich sind dabei „Swaps“, bei denen in der Grundform ein variabler Zinssatz gegen einen festen Zinssatz getauscht wird, wobei zwei Vertragspartner vereinbaren, zu bestimmten zukünftigen Zeitpunkten Zinszahlungen auf festgelegte Nennbeträge auszutauschen.

Diese Derivate-Kontrakte, die nicht an der Börse gehandelt werden, sondern „Over-the-Counter“, werden der in der Regel zwischen zwei Vertragsparteien geschlossen und haben einen sogenannten „Hebel“. Rein theoretisch können das sinnvolle Produkte sein, etwa, um sich gegen ein Zinsrisiko abzusichern.

Zins-Swaps werden in den USA mit einem Volumen von 426 Billionen Dollar gehandelt, wie Ellen Brown erläutert. Das ist etwa das Siebenfache des Bruttoinlandsprodukts aller Länder der Welt .

Das Betrugspotential liegt darin, dass der „Swap“ eine separate Finanzvereinbarung ist und im Wesentlichen eine laufende Wette auf die Zinsen beinhaltet. In den USA sind, wie auch seinerzeit in Deutschland, auch Kommunen auf diese „Zinswetten“ eingegangen.

Die deutschen Kommunen verklagten seinerzeit die Banken, mit denen sie derartige Geschäfte machten, und warfen ihnen Falschberatung vor. Die Kommunen hatten sich wegen ihrer angespannten finanziellen Lage auf solche Derivate-Deals eingelassen – in der Hoffnung, hier einen „Schnitt“ zu machen. Allerdings haben die Kommunen leichtfertig geglaubt, dass die Banken die wundersame Geldvermehrung steuern können. Wären die Kämmerer zu einer ordentlichen Geschäftsführung verpflichtet - sie hätten sich auf derart riskante Wetten niemals einlassen dürfen. 

Der Kreditnehmer (also der Käufer der Zins-Derivate) schuldet sowohl Darlehen mit variablem Zinssatz und das, was er mit dem quasi separaten Swap-Geschäft zahlen muss. Und die Benchmarks (Vergleichsmaßstäbe) für die beiden Zins-Sätze folgen sich nicht immer gegenseitig. Die Wall Street verkaufte den Gemeinden Libor-Swaps, die leichter zu handeln waren und schnell zu einem Absahnen für die Banken führten.

Nachdem die FDIC bisher mit ihren Klagen wegen Absprachen und Erpressung im Kontext mit dem Kartellrecht gescheitert war, verfolgt sie nun einen anderen Ansatz: Der Schwerpunkt ihrer erneuten Klage richtet sich auf Betrug und kriminelle Absprachen, wobei im Fokus der Vorwurf steht, die Banken hätten absichtlich den LIBOR-Satz zu niedrig gehalten, um sich zu bereichern. Die FDIC ist dabei nicht der erste Kläger, der auf diesen Sachverhalt abhebt, jedoch verleiht gerade seine Klage in seiner Eigenschaft als Einlagensicherungsfonds in diesem Kontext erhebliches Gewicht.

Denn weshalb würden niedrigere Zins-Festsetzungen die Banken bereichern? Verdienen sie nicht mehr Geld, wenn die Zinsen hoch sind?

Die Antwort lautet: Nein. Im Gegensatz zu den meisten Banken nutzten sie ihr Kapital nicht für gewöhnliche Unternehmenskredite, sondern für Zins-Swaps-Deals.

Das Verhalten der beklagten 16 internationalen Großbanken hat bei 38 inzwischen abgewickelten US-Banken für massive Verluste gesorgt. Dazu gehören Washington Mutual, einer der größten Bankenpleite in der Geschichte der USA.

Da die FDIC die Einlagen der Bankkunden auszahlen musste, hat sie eindeutiges Interesse am Ausgleich der entstandenen Verluste und Strafschadenersatz. Dies jedoch nur dann, wenn vor Gericht eindeutig vorsätzliche Betrug nachgewiesen wird.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Mithilfe des GENIUS Act und grüner Energie ermöglichen wir ein neues, konformes, sicheres und umweltfreundliches digitales Vermögenserlebnis.

Sind Sie es leid, jeden Tag den Markt zu beobachten? Erfahrene Anleger nutzen die IOTA Miner-App, um jeden Tag ganz einfach ein passives...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Höhere Steuern für Superreiche? Erbschaftssteuer und Vermögenssteuer sollen steigen
04.08.2025

Bund, Länder, Kommunen und der Finanzminister stehen unter Druck: In der Haushaltskasse klafft bis 2029 eine Finanzlücke von rund 172...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktien Frankfurt: DAX-Kurs steigt nach Rückschlag – Erholung oder Teil einer ausgewachsenen Korrektur?
04.08.2025

Der DAX-Kurs startet mit einer leichten Erholung in die Woche – doch wie belastbar ist diese Bewegung? Trotz positiver Impulse bleiben...

DWN
Politik
Politik Bürgergeld: Milliardenkosten durch ukrainische Geflüchtete?
04.08.2025

Die Ausgaben für das Bürgergeld steigen – und mit ihnen die politische Debatte um Gerechtigkeit und Sanktionen. SPD und Union verlangen...

DWN
Politik
Politik Wirtschaftsministerin Reiche über Gaskraftwerke: Keine Benachteiligung im Osten
04.08.2025

Ostdeutschland befürchtet Nachteile beim Bau neuer Gaskraftwerke – doch Wirtschaftsministerin Reiche sieht keinen Grund zur Sorge. Trotz...

DWN
Finanzen
Finanzen Europas Autobranche taumelt: Margen brechen ein, Verluste steigen, Auto-Aktien im Minus – was das für Anleger bedeutet
04.08.2025

Europas Autokonzerne geraten unter Druck: Margen schrumpfen, Zölle beißen, Elektromodelle floppen – und selbst Branchenriesen wie...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis profitiert von schwächelndem Aktienmarkt: Nächstes Ziel 4.000 US-Dollar?
04.08.2025

Der Goldpreis bleibt stabil auf hohem Niveau, während Aktienmärkte wanken, Zinsen fallen und Trump erneut für Chaos sorgt. Anleger...

DWN
Politik
Politik ESG-Bericht: EU-Leitlinien zur freiwilligen Nachhaltigkeitsberichterstattung für KMU
04.08.2025

Die EU verspricht Vereinfachung, doch ihre neue ESG-Empfehlung für KMU entpuppt sich als handfeste Berichtspflicht: 72 Seiten Vorgaben,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Eurozone: Sentix-Konjunkturindex überrascht mit Rückgang
04.08.2025

Die wirtschaftliche Stimmung in der Eurozone trübt sich wider Erwarten ein – ein überraschender Rückgang beim Sentix-Konjunkturindex...