Politik

Die Über-Regierung in Europa: Draghi baut EZB um

Lesezeit: 2 min
25.04.2014 01:02
Mario Draghi ist ein Medien-Fuchs: Er kündigt die Veröffentlichung von Sitzungs-Protokollen an. Im Gegenzug soll es weniger Ratssitzungen geben. Tatsächlich müssen die Aufgaben der EZB wieder auf das notwendige Minimum reduziert werden. Die Zentralbank ist keine Über-Regierung für Europa in der Krise.
Die Über-Regierung in Europa: Draghi baut EZB um

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

EZB-Chef Mario Draghi plant erhebliche Reformen in der Führungsebene der Europäischen Zentralbank. Die Häufigkeit der Treffen des EZB-Rats wie auch die weitgehende Vertraulichkeit der internen Beratungen sollten nicht in Stein gemeißelt sein, sagte Draghi am Donnerstag in Amsterdam. "Nicht alle großen Notenbanken haben monatliche Treffen." Bei weniger Sitzungen könnte auch die Erwartungshaltung an den Märkten gedämpft werden, dass die EZB jedes Mal Maßnahmen ergreife. Zugleich dürfte eine Veröffentlichung von Protokollen mehr Licht in die hinter verschlossenen Türen gefassten Beschlüsse des Rats bringen, sagte Draghi.

Bei einem schriftlichen Resümee müssten jedoch die "Unabhängigkeit der Mitglieder des EZB-Rats und die Beschlussfassung als Kollegium" gewahrt bleiben, betonte Draghi. Die Veröffentlichung einer Zusammenfassung der wichtigsten Argumente, die den Rats-Mitgliedern nicht einzeln zugeordnet werden sollten, sei eine geeignete Form.  Damit soll Vermutungen der Boden entzogen werden, die Ratsmitglieder würden nach nationalen Gesichtspunkten entscheiden, betonten die fünf Weisen der Bundesregierung in ihrem Gutachten, die ebenfalls Protokolle lesen wollen. Die Gründerväter der Zentralbank hatten sich in den 1990er-Jahren gegen die Veröffentlichung von Protokollen der Sitzungen entschieden.

Doch wie sehr die EZB von nationalen Interessen getrieben wird, zeigte Draghis Ankündigung am Mittwoch: Die EZB sei bereit, die Notenpresse massiv anzuwerfen, um Deflationsgefahren abzuwenden. Dies könne unter anderem durch ein Wertpapierankaufprogramm in großem Stil erfolgen. Der EZB-Chef verwies darauf, dass der Euro-Kurs in diesem Zusammenhang für die Geldpolitik eine zunehmend wichtige Rolle spiele und Auslöser für ein Handeln der Europäischen Zentralbank sein könne. Mit dieser Aussage kommt Draghi den Franzosen entgegen, die immer stärker eine Abwertung des Euro fordern und dazu vorgeschlagen haben, den Kurs gleich ganz in die Hände der Politik zu legen (mehr hier). Das will Draghi natürlich verhindern, weil es eine Schwächung der EZB wäre.

Doch die EZB hat nicht das Problem, dass sie zu schwach ist: Sie hat wegen des fortgesetzten Gelddruckens zuviel Macht und verfälscht so gut wie alle Märkte. Die EZB geriert sich die eine europäischen Über-Regierung.

Im Hintergrund freilich agieren die Politiker weiter nach ihren nationalen Interessen: Wenn in den Protokollen nicht vermerkt werden soll, wer welche Position bezogen hat, ist das Augenwischerei. Mittlerweile spricht jeder nationale Notenbanker ungefragt in der Öffentlichkeit - wie zuletzt der Österreicher Ewald Nowotny, der dem Standard in Wien sagte, die EZB müsse mehr drucken, aber die Zeit sei noch nicht gekommen.

Solche kryptischen und sachlich völlig wertlosen Aussagen wird es auch weiterhin geben, weil die EZB von den nationalen Zentralbanken beschickt wird. Diese stehen im Dienst der nationalen Regierungen und vor allem der nationalen Banken. Die Notenbanken Frankreichs und Italiens sind im Eigentum der Banken.

Und die regieren über die EZB die Euro-Zone, aus einem einfachen Grund: Solange die Regierungen Schulden machen können, werden sie jeden Strohhalm ergreifen. Die meisten dieser Strohhalme sind jedoch nichts als plumpe Manipulationen - die am Ende Werte zerstören werden, weil zuviel wertloses Geld in Umlauf gebracht wurde.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tarifrunde der Chemieindustrie: Gewerkschaft fordert mehr Lohn
26.04.2024

Im Tarifstreit in Ostdeutschlands Chemieindustrie fordert die Gewerkschaft IG BCE eine Lohnerhöhung von 7 Prozent. Arbeitgeber warnen vor...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automesse China 2024: Deutsche Autohersteller im Preiskrieg mit BYD, Xiaomi und Co.
25.04.2024

Bei der Automesse in China steht der eskalierende Preiskrieg bei Elektroautos im Vordergrund. Mit hohen Rabatten kämpfen die Hersteller...