Während der Norden Europas die schwierigsten Momente der Wirtschaftskrise schon seit einigen Jahren überwunden hat, kommt aus Italien eine alarmierende Meldung: Laut einer Statistik haben 2013 über 119 Menschen den Selbstmord als Ausweg aus Arbeitslosigkeit, Schuldenlast und Konkursen gewählt.
„Die Produktionskosten steigen und auch meine zehn Angestellten muss ich bezahlen. Da aber die Nachfrage zurückgegangen ist, muss ich die Fliesen zu einem geringeren Preis verkaufen“, erklärt Domenico Aurelia (Name von der Redaktion geändert), der eine kleine Fliesen-Fabrik bei Rom betreibt. „Falls die Bank mir keinen Kredit mehr gewährt, stehe ich vor dem Aus!“
Domenicos Situation ist keine Ausnahme, als Ausweg sehen viele nur noch den Selbstmord. Laut einer Statistik des Forschungsinstituts der privaten Universität „Link Campus Università“ in Rom haben in den ersten zehn Monaten vergangenen Jahres mehr als 119 Menschen Selbsmord begangen. Fast die Hälfte (45,4 %) der Selbstmörder sind Unternehmer des Klein- und Mittelstandes, die ihr Lebenswerk schwinden sehen und aus Angst ihre Würde zu verlieren, lieber sterben wollen.
Gründe für den Suizid sind laut Statistik die allgemeine Wirtschaftskrise (66,4 % der Selbstmörder), der Verlust des Arbeitsplatzes (21,8 %), die unüberwindbaren Schuldenberge (10,1 %) und schließlich der Bankrott des Unternehmen selbst. „Alleine im April hat sich fast jeden Tag ein Mensch das Leben genommen“, erklärt Nicola Ferrigni, verantwortlicher Leiter der Studie.
Bestätigt wird der Sozialpolitik-Dozent der Uni in Rom durch die Vereinigung aller regionalen, italienischen Handelskammern „Unioncamere“ und die neuste Studie von Cribis D&B, einem auf Businessdaten spezialisierten Forschungsinstitut des CRIF: 2013 haben jeden Tag rund 54 Unternehmen geschlossen, zwei pro Stunde. Das sind 14 Prozent mehr als 2012, 54 Prozent mehr als 2009. In den vergangenen fünf Jahren sind insgesamt 59.570 Unternehmen von der wirtschaftlichen Landkarte Italiens verschwunden. Ein steigender Trend, der 2013 seinen traurigen Höhepunkt erreicht hat, als alleine schon zwischen Oktober und Dezember 4.257 Konkurse gemeldet wurden. Das sind 14 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum 2012 und 34 Prozent mehr als im Jahr 2009. „Obwohl man 2013 eine leichte Erholung der Wirtschaft bemerken konnte, sind die stetigen Konkursmeldungen besorgniserregend“, erklärt Marco Preti, Geschäftsführer von Cribis D&B. Fraglich ist, wie lange noch vor allem die Klein- und Mittelstandunternehmen unter diesen schwierigen Bedingungen produzieren können.