Einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young zufolge erwarten 22 von 295 europäischen Banken, dass sie ihr Kapitalpolster nach der Bilanzprüfung durch die EZB erhöhen müssen. 43 Banken gaben an, dass sie „möglicherweise“ eine Kapitalaufstockung benötigten. Die Umfrage unter den Banken erfolgte anonym. Jedoch wurde festgestellt, dass allein 35 Prozent der spanischen Banken eine weitere Kapitalerhöhung brauchen. Jede vierte spanische Bank kann erneuten Kapitalbedarf nicht ausschließen.
Deutsche Banken sind laut dem Ergebnis der Umfrage optimistisch, was die Prüfung durch die EZB betrifft. Lediglich vier Prozent rechnen mit einem zusätzlichen Kapitalbedarf, weitere zwei Prozent halten dies für nicht unmöglich.
Ganz anders sieht es im gesamten europäischen Raum aus. Wie die britische Times berichtet, gibt es bei den europäischen Banken einen Kapitalbedarf von annähernd 300 Milliarden Euro wegen hoher Schuldenstände, die auf faule Kredite zurückzuführen sein dürften. Dazu käme ein gewaltiges „schwarzes Loch“ bei den Derivaten.
Die Warnung kam von Analysten der Berenberg-Bank, der ältesten Privatbank Deutschlands, und stellt die negativste Bewertung des Zustands der Banken seit dem Höhepunkt der Krise in der Eurozone dar.
Bereits im Mai 2013 ging die deutsche Berenberg-Bank davon aus, während des Bilanzchecks (Asset-Quality-Review) durch die EZB könne sich eine „Kapitallücke“ von 300 bis 400 Milliarden Euro für die Banken in der Eurozone ergeben (mehr hier). Für die europäischen Banken insgesamt sollten es 720 Milliarden Euro sein (mehr hier).
Dabei dürfen die Banken hinsichtlich der Bewertung der faulen Kredite in ihren Büchern eine weichere, "vereinfachte Definition" bei der Erhebung ihrer ersten Daten zur Erreichung des Standards der Asset-Quality-Review anwenden.
Die Befunde kommen just zu der Zeit, nachdem die bulgarische Regierung nach einem Bank-Run gezwungen war, die viertgrößte Bank des Landes, die Corporate Commercial Bank, zu verstaatlichen. Die Zentralbank musste einschreiten und garantierte den Sparern die Einlagen (mehr hier).
Der Stresstest könnte nun den Druck auch auf die osteuropäische Banken erhöhen. Eine Reihe von Banken wird von Gläubigern bzw. Banken gestützt, die ihrerseits frisches Kapital benötigen, was bedeutet, dass die osteuropäischen Banken im Regen stehen gelassen werden könnten, wie cityam.com berichtet.
„Stärkere Banken können wie erwartet ihre finanzielle Aufstellung verbessern. Sie können ihr Kreditvolumen erhöhen, während die schwächeren Banken immer noch Befürchtungen haben, was ihre Kapitalausstattung betrifft“, so Steven Lewis von Ernst & Young. „Bei genauerem Hinsehen wird klar, dass die Kluft zwischen den Starken und den Schwachen immer größer wird.“
Jedoch könnte hier die EZB erneut aushelfen. Von den Krediten der EZB in Höhe von rund 1 Billion Euro Ende 2011 und Anfang 2012 (LTRO), um eine Liquiditätskrise der Banken in der Eurozone abzuwenden, sind noch etwa 300 Milliarden zur Rückzahlung offen.
Offenbar plant die EZB hierbei eine kleine Version der Dicken Bertha, um den Banken erneut die spätestens zum 1. Mai 2015 fälligen Papiere um weitere drei Jahre zu refinanzieren (mehr hier). Es liefe darauf hinaus, marode bzw. Zombie-Banken weiterhin zu stützen, was nichts anderes bedeutete, als dass die EZB die Bankenunion auch ohne einen ernsthaften Stresstest der beteiligten Banken in Kraft setzen möchte.