Finanzen

Griechenland ist immer noch pleite und braucht neue Kredite

Der IWF erwartet im griechischen Haushalt für 2015 ein Loch von 12,6 Milliarden Euro. Das Land ist voraussichtlich nicht in der Lage, auf den Finanzmärkten ausreichend Kredite zu erhalten. Daher sei die Troika gefordert, Griechenland mit einem dritten Bailout zu Hilfe zu kommen. Im Hilfsfonds für die Banken des Landes ist noch Geld übrig.
19.07.2014 00:02
Lesezeit: 2 min

Sechs von zehn Ökonomen erwarten, dass Griechenland einen dritten Bailout benötigt. Zwar konnte das Land im April erstmals wieder Staatsanleihen auf den Finanzmärkten verkaufen. Doch der IWF erwartet im griechischen Staatshaushalt für 2015 eine Finanzierungslücke von 12,6 Milliarden Euro.

Griechenland ist nicht in Lage, ausreichende finanzielle Mittel aufzubringen, um diese Lücke zu schließen“, zitiert Bloomberg Gianluca Ziglio, Manager beim Börsenmakler Sunrise Brokers. „Irgendwann müssen die europäischen Partner einen Weg finden, um die finanziellen Bedürfnisse zu überbrücken, die Griechenland von jetzt bis zum Erreichen eines größeren Zugangs zum Markt hat.“

Im Rahmen der beiden bisherigen Bailouts hat Griechenland von der EU und dem IWF bereits Kredite im Umfang von 240 Milliarden erhalten. Denn seit 2010 das Land konnte keine Staatsanleihen mehr auf den Finanzmärkten absetzen.

Die Zinsen auf griechische Anleihen sind deutlich zurückgegangen, seit das Land den größten Schuldenschnitt eines Staates in der Geschichte vornahm. Die Regierung konnte dieses Jahr bereits zweimal Anleihen über drei beziehungsweise fünf Jahre im Umfang von insgesamt 4,5 Milliarden Euro absetzen.

Kurz vor dem Schuldenschnitt im März 2012 lagen die Zinsen auf zehnjährige griechische Staatsanleihen bei 44,21 Prozent. Im Juni fielen die Zinsen zwischenzeitlich auf bis zu 5,59 Prozent. Seitdem sind sie aber wieder leicht auf 6,23 Prozent gestiegen, vor allem wegen der Zahlungsunfähigkeit von zwei Unternehmen der portugiesischen Espirito Santo Gruppe (mehr hier).

Die griechische Regierung hat trotz Protesten von Bürgern und extremen politischen Parteien ihre Ausgaben in den letzten Jahren leicht reduziert. Wenn Griechenland keine Zinsen auf seine massiven Staatsschulden zahlen müsste, wären keine neuen Schulden notwendig. Das sogenannte Primärdefizit lag nach Angaben der EU-Kommission im vergangenen Jahr bei 0,8 Prozent.

Premier Antonis Samaras hat daher wiederholt angekündigt, sein Land brauche weder einen weiteren Bailout noch weitere Sparmaßnahmen. Doch einige Ökonomen glauben ihm nicht. Daran hat auch die Rückkehr Griechenlands an die Finanzmärkte nichts geändert.

Griechenland braucht mindestens noch zwei Jahre, bis es die Haushalts-Souveränität wiedererlangt“, sagte Michael Michaelides, Stratege bei der Royal Bank of Scotland. Der IWF werde im Rahmen des Hilfsprogramms weiterhin finanzielle Mittel bereitstellen, und jeder Schuldenerlass werde voraussichtlich an Bedingungen geknüpft. Daher müsse Griechenland die vierteljährigen Tests des IWF über sich ergehen lassen, so Michaelides.

Die EU-Kommission erwartet, dass Griechenlands Schuldenquote dieses Jahr 177 des BIP erreicht. Wenn das Land die im Rahmen des letzten Bailouts vereinbarten wirtschaftlichen Strukturreformen umsetzt, kann es mit einem weiteren Schuldenerlass rechnen.

Die erwartete Finanzierungslücke im griechischen Staatshaushalt für 2015 wird eines der Themen des nächsten Troika-Treffens im September in Athen sein. Möglicherweise erhält Griechenland einfach 11,5 Milliarden Euro, die im Rettungsfonds für die griechischen Banken reserviert sind. Die Troika ist bisher gegen diesen Vorschlag Griechenlands, weil sie das Geld als Puffer behalten will.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Steuerlast: Wie Deutschland Durchschnittsverdiener abzockt und Spitzenverdiener entlastet
09.08.2025

Deutschland hat die zweithöchste Abgabenlast weltweit – aber nur für Normal- und Geringverdiener. Ein OECD-Vergleich zeigt, dass...

DWN
Technologie
Technologie Zwei Jahre für einen neuen Funkmast: Warum Deutschland beim Netzausbau hinten liegt
09.08.2025

Trotz hoher Netzabdeckung kämpfen Unternehmen hierzulande mit Funklöchern und hohen Kosten. Eine Ericsson-Studie zeigt, wie stark...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Milliardenpläne in der Arktis: Konkurrenz für Suez- und Panamakanal
09.08.2025

China und Russland treiben gemeinsam ein Milliardenprojekt in der Arktis voran, das den Suez- und Panamakanal umgehen könnte. Die...

DWN
Finanzen
Finanzen So werden Sie reich mit Autos: Warum Oldtimer besser sind als Aktien
09.08.2025

Oldtimer als Kapitalanlage? Zwei Autoprofis erklären, warum Klassiker und Supersportwagen echte Geldmaschinen sind – und welche Modelle...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Zölle treiben Afrika in Chinas Einflusszone
09.08.2025

Afrikas Exporte geraten ins Fadenkreuz von Trumps Zollhammer – doch für China öffnet sich ein geopolitisches Zeitfenster. Wie der...

DWN
Politik
Politik Haushaltsplan: Sondervermögen Infrastruktur – wohin fließt das Geld eigentlich?
09.08.2025

Nach viel Hin und Her haben sich Union und SPD auf einen Haushaltsplan 2025 und folgend bis 2029 geeinigt. Neben hohen Investitionen in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Umbau der US-Verteidigung stellt Milliardenprojekte infrage
09.08.2025

Donald Trump krempelt die US-Verteidigung radikal um: Alte Kampfjets werden verschrottet, Milliarden in neue Tarnkappenbomber investiert....

DWN
Politik
Politik 50 Jahre Abkommen von Helsinki – ein Pakt ohne Erbe
09.08.2025

Vor 50 Jahren versprach das Abkommen von Helsinki eine neue Weltordnung aus Kooperation und Respekt. Heute, im Zeitalter hybrider Kriege,...