Politik

Heißer Herbst erwartet: Spaniens Polizei rüstet gegen eigene Bürger auf

Lesezeit: 1 min
09.09.2014 23:36
Die spanische Polizei hat sich für eine Million Euro mit neuer Kampfausrüstung und Wasser-Werfern ausgestattet. Mitten in der Diskussion über exzessive Polizeigewalt bereitet die Regierung ihre Polizeibeamten darauf vor, schwerbewaffnet gegen die eigene Bevölkerung vorzugehen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Spanien  

Die spanische Regierung bereitet sich offenbar auf einen heißen Herbst vor. Sie hat die Polizei für rund eine Million Euro mit neuen Kampfausrüstungen ausgestattet. Mehrere Prostestgruppen planen für den Herbst eine Reihe von Demonstrationen.

Seit Juni hat das spanische Innenministerium vier Verträge zum Kauf von Schutzwesten, Schilde und anderer Kampfausrüstung abgeschlossen. Auch ein neuer Wasserwerfer kommt künftig zum Einsatz. Eine Waffe, die in Spanien besonders schlimme Erinnerungen hervorruft. War sie doch gegen Ende der Franco-Diktatur im Dauereinsatz. Oppositionsführer Antonio Trevín nannte den Kauf daher „eine Rückkehr in Zeiten, die wir lieber vergessen wollten“. Das Ministerium hingegen hält den Wasserwerfer „wegen der aktuellen gesellschaftlichen Dynamik“ für notwendig, berichtet der Guardian.

Die Aufrüstung der spanischen Polizei ist eine Vorbereitungsmaßnahme auf die Ankündigungen mehrere spanischer Protestgruppen, die „den Herbst der Konfrontation mit den Mächtigen und den Institutionen“ ausgerufen hatten.

Gewaltsame Proteste sind in Spanien seit Ausbruch der Krise quasi an der Tagesordnung. Bewegungen wie 25 de Mayo oder die Indignados rufen Spanier aller Bevölkerungsschichten zum Protest gegen die Regierung auf die Straßen. Die Polizei wird dabei immer gewalttätiger, zahlreiche auf Video gebannte Polizei-Prügel blieben ohne Folgen für die Beamten. Die Polizei-Skandale heizen die Atmosphäre in der Bevölkerung immer weiter auf.

Die Proteste richten sich hauptsächlich gegen die immer neuen Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen, gegen die extrem hohe Jugendarbeitslosigkeit, die Obdachlosigkeit nach dem Platzen der Immobilienblase, und auch gegen eine restriktive Politik wie beispielsweise der jüngste Gesetzentwurf zum Verbot von Abtreibungen. Sogar gegen geplante Demonstrationsverbote gehen die Spanier auf die Straße, ebenso fordern sie Volksabstimmungen für die Abschaffung der Monarchie und die Katalonier für ihre Unabhängigkeit. Proteste gegen den letzten Besuch der deutschen Kanzlerin Merkel wurden ebenfalls gewaltsam aufgelöst.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International ist besorgt über die Aufrüstung der Polizei. In Griechenland habe man bereits dokumentiert, welche ernsten Schäden und Verletzungen diese Wasserwerfer aus einer kurzen Distanz anrichten können. Amnesty warnte bereits im April in einem Bericht davor, dass die spanische Regierung versucht, durch Einschüchterungen und exzessiven Polizeigewalt die Demonstrationsrechte einzuschränken. Die Polizei unterscheide dabei nicht zwischen friedlichen und gewaltbereiten Demonstranten. So hatten sieben Personen in Barcelona durch gezielte Gummigeschosse ihr Auge verloren.

Die Polizeigewerkschaft sprach lediglich von einem notwendigen Update von veralteter Ausrüstung. Bei einer Demonstration im März seien immerhin auch 67 Polizisten verletzt worden. Neue Ausrüstung sei daher angebracht, denn die Regierung habe die Pflicht, ihre Polizisten zu schützen, so ein Polizeisprecher.

*****

Anmerkung der Redaktion: Die Höhe der Investition wurde in der Originalquelle von einer Milliarde auf eine Million korrigiert.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla Grünheide - Protesttage: Polizei schützt Autofabrik mit Großaufgebot
10.05.2024

Die Kundgebungen gegen den Autobauer Tesla in Grünheide erreichten am Freitag einen neuen Höhepunkt. Während eines...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Chefredakteur kommentiert: Deutsche Bahn, du tust mir leid!
10.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Technologie
Technologie Kein Erdgas mehr durch die Ukraine? Westeuropa droht erneute Energiekrise
10.05.2024

Eines der größten Risiken für die europäische Erdgasversorgung im nächsten Winter ist die Frage, ob Gaslieferungen weiterhin durch die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch bei über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das für Anleger und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...