Technologie

Russland-Sanktionen schaden Deutschland, Gabriel und Merkel beschwichtigen

Die von der Bundesregierung, der EU und den USA vom Zaun gebrochenen Sanktionen gegen Russland fügen der deutschen Wirtschaft offenkundig schweren Schaden zu. Sigmar Gabriel musste die Prognosen für 2014 und 2015 kappen. Allerdings behauptet Gabriel, die Arbeitnehmer hätten wegen der niedrigen Inflation mehr Geld in der Tasche, es gäbe also „keinen Grund für Alarmismus“.
14.10.2014 18:54
Lesezeit: 2 min

«Es gibt überhaupt keinen Grund für Alarmismus», sagte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Dienstag bei der Vorlage der Herbstprognose.

Die Bundesregierung erwartet für 2014 nur noch einen Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 1,2 Prozent - im Frühjahr waren es 1,8 Prozent. Für 2015 muss Gabriel seine Schätzung von 2,0 auf 1,3 Prozent zurücknehmen.

Immer tiefere Spuren in der deutschen Wirtschaft hinterlassen vor allem die Russland-Sanktionen, weltweite Krisen und die schwächelnde Nachfrage aus den Schwellenländern. Zuletzt waren die Aufträge für Firmen so stark eingebrochen wie seit fünf Jahren nicht mehr.

Forderungen - auch von den SPD-Linken - nach mehr staatlichen Investitionen, um die Wirtschaft zu stützen, erteilte der SPD-Chef Sigmar Gabriel eine klare Absage. Schwarz-Rot werde trotz geringeren Wachstums die versprochenen Projekte umsetzen, ohne die «schwarze Null» - ein ausgeglichener Haushalt mit kleinem Überschuss - im nächsten Jahr zu gefährden.

Von Konjunkturprogrammen auf Pump hätten übrigens die EU-Krisenländer gar nichts, meinte Gabriel: «Mehr Schulden in Deutschland schaffen kein Wachstum in Italien, Frankreich, Spanien oder Griechenland.» Die stockende Erholung in der Eurozone bleibe gefährlich: «Deutschland kann es nur gut gehen, wenn es Europa gut geht.» Ein Comeback Italiens und Frankreichs liege im «ureigenen deutschen Interesse», sagte Gabriel.

Auch Kanzlerin Angela Merkel sieht keinen Grund, vom Sparkurs abzuweichen. Wachstum und solide Haushalte seien keine Gegensätze, sagte die CDU-Chefin in einer Sitzung der Unionsfraktion. Die niedrigeren Prognosen seien nicht mit der Lage während der Finanzkrise 2008/09 zu vergleichen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erklärte am Rande des Finanzministertreffens in Luxemburg: «Wir sind uns in der Bundesregierung völlig einig, dass wir in schwierigeren Zeiten am Kurs festhalten.» Er gehe davon aus, dass die Koalition an der Haushaltsplanung festhalten könne.

Die veränderten Wachstumsprognosen sind Grundlage für die neue Steuerschätzung Anfang November sowie für die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen. Es drohen nun Mindereinnahmen in Milliardenhöhe.

Arbeitnehmer hätten dank geringer Inflation und ordentlicher Tarifabschlüsse mehr Geld in der Tasche. Die Nettolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer würden 2014 um 2,6 Prozent und im kommenden Jahr um 2,7 Prozent zunehmen. Die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte dürften sich um 2,2 Prozent und 2,9 Prozent erhöhen.

Zuletzt hatten schon die führenden Forschungsinstitute vor einer Konjunkturabkühlung gewarnt. Die Ökonomen gaben der schwarz-roten Koalition eine erhebliche Mitschuld daran. Das teure Rentenpaket und der Mindestlohn hemmten die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Zugleich wächst auch international der Druck auf Deutschland, mit staatlichen Ausgaben die Konjunktur in ganz Europa anzuschieben.

Der Industrieverband BDI verlangte von der Regierung, endlich Schwerpunkte bis 2017 festzulegen: «Investitionen zu erhöhen, ist für dieses Land kein zusätzlicher Luxus, den wir uns genehmigen. Es ist absolut notwendig.»

Die IG Metall bezifferte die private und öffentliche Investitionslücke auf 100 Milliarden Euro jährlich. «Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, die Investitionslücke zu schließen, der finanzielle Spielraum dafür ist da», sagte Gewerkschaftschef Detlef Wetzel.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Turbojet-Drohne: Polen präsentiert universelle Technologieplattform
06.09.2025

Polen präsentiert die Turbojet-Drohne – eine universelle Technologieplattform für Militär und Zivil. Für Deutschland stellt sich die...

DWN
Panorama
Panorama Boot kaufen: Was Sie dabei unbedingt beachten sollten
06.09.2025

Mit einer frischen Meeresbrise im Gesicht das eigene Boot über die Wellen zu steuern, ist für viele Menschen ein Traum – doch dieser...

DWN
Immobilien
Immobilien Indexmiete: Eine gute Wahl?
06.09.2025

Wenn Mieter einen neuen Vertrag unterschreiben, fällt ihnen vielleicht ein ganz spezielles Wort im der Vertragsüberschrift auf: der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Grönländischer Schlamm: Vom Zufallsfund zum Milliardenprojekt
06.09.2025

Grönländischer Schlamm soll Ernten steigern und CO2 binden. Investoren wittern Milliardenpotenzial – und Deutschland könnte davon...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verarbeitete Lebensmittel: Wie Konzerne Gesundheitsrisiken herunterspielen
06.09.2025

Coca-Cola, Kraft und Mondelez gewinnen einen Prozess zu verarbeiteten Lebensmitteln. Doch Studien zeigen deutliche Gesundheitsgefahren –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Russland und China üben Druck aus – NASA plant Mond-Reaktor bis 2030
06.09.2025

Die NASA will bis 2030 einen Mond-Reaktor bauen – im Wettlauf mit China und Russland. Hinter der Technik stehen geopolitische...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Strengere Homeoffice-Regeln: Eine Bank geht den entgegengesetzten Weg
06.09.2025

Während viele Banken strengere Homeoffice-Regeln einführen, setzt eine Bank auf maximale Flexibilität – ein Modell, das auch für...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Zeigt her eure Schuhe! Wie die Heute Maschinenfabrik im 21. Jahrhundert erfolgreich bleibt
05.09.2025

Die Schuhputzgeräte der Heute Maschinenfabrik mit rotierenden Bürsten sind weltweit im Einsatz. Im Laufe der über 100jährigen...