Politik

Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem Schreibtisch des Präsidenten liegen wird?
01.07.2025 16:56
Lesezeit: 3 min
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Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
Demonstranten protestieren vor dem Kapitol gegen das Paket von US-Präsident Trump zu Steuererleichterungen und Ausgabenkürzungen. (Foto: dpa/AP | Julia Demaree Nikhinson) Foto: Julia Demaree Nikhinson

Milliardenpaket droht zum Bumerang für Trump und die USA zu werden

Es ist Trumps großes Prestigeprojekt. Doch worum genau geht es bei dem Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem Schreibtisch des Präsidenten liegen soll? Die Vorlesung des 940 Seiten langen Gesetzentwurfs dauerte insgesamt 15 Stunden und 55 Minuten, wie die Wirtschaftszeitung Børsen berichtet.

Die Demokraten forderten am späten Samstagabend eine vollständige Vorlesung von Donald Trumps großem Gesetzespaket Big Beautiful Bill, nachdem es am Samstag eine erste Verfahrensabstimmung im Senat mit knapper Mehrheit überstanden hatte. „Die Republikaner wollen den USA nicht sagen, was in dem Gesetzentwurf steht. Also werden die Demokraten durchsetzen, dass er laut vorgelesen wird“, schrieb der Demokrat Chuck Schumer auf X. Es handelt sich um Trumps großes Prestigeprojekt, das unter anderem den Weg freimachen soll für Wahlversprechen wie massive Steuersenkungen, verstärkten Grenzschutz und Kürzungen bei der Förderung der grünen Industrie. Ein Gesetzespaket, das – wenig überraschend – auf Widerstand bei den Demokraten stößt, aber auch innerparteilich bei den Republikanern umstritten ist. Auch wenn Trump verlangt, dass das Paket bis spätestens Freitag verabschiedet und zur Unterschrift bereitliegt, ist der Weg noch weit. Es stehen zahlreiche Abstimmungen über Änderungsanträge bevor, und Senat sowie Repräsentantenhaus müssen das Paket final absegnen, bevor es dem Präsidenten vorgelegt wird.

Für Donald Trump ist Big Beautiful Bill das Gesetz, mit dem er zentrale Wahlversprechen umsetzen will, die ihn im November zurück ins Amt brachten. Es sei der ultimative Schlüssel, um „America great again“ zu machen, sagte der Präsident laut CBS News. Ein wirtschaftliches Paket, das Themen wie Steuern, Energie, Migration und Militär umfasst. Die Steuersenkungen sollen teilweise durch Einsparungen in vierstelliger Milliardenhöhe finanziert werden. Zu den Kernpunkten des 940 Seiten langen Gesetzestextes gehört die Verlängerung der Steuersenkungen aus Trumps erster Amtszeit sowie die Rücknahme zahlreicher Förderprogramme für erneuerbare Energien aus der Ära von Joe Biden. Darüber hinaus enthält das Paket höhere Mittel für Militär, Grenzschutz und Abschiebungen. Zudem soll die umstrittene US-Schuldengrenze auf 5000 Milliarden Dollar steigen.

Die republikanische Senatsführung präsentierte am frühen Samstag die neueste Version des Gesetzes, die Änderungen gegenüber der Fassung aufweist, die vergangenen Monat im Repräsentantenhaus verabschiedet wurde. Bemerkenswert: Die aktuelle Version des Gesetzes würde die US-Staatsverschuldung laut Prognose des unabhängigen Haushaltsbüros CBO um über 3200 Milliarden Dollar innerhalb der nächsten zehn Jahre erhöhen, berichtet die Washington Post. Zuvor lag der geschätzte Anstieg bei 2400 Milliarden Dollar laut der Fassung des Repräsentantenhauses. Die Prognose besagt weiter, dass 11,8 Millionen US-Bürger ihre Krankenversicherung verlieren würden, sollte das Gesetz in seiner jetzigen Form verabschiedet werden. „Die Demokraten und die Medien lieben es, die traditionell ungenauen Zahlen des CBO hervorzuheben“, erklärte dazu das Weiße Haus laut Financial Times.

Die aktuelle Version des Gesetzes enthält insbesondere weitere Kürzungen im öffentlichen Krankenversicherungsprogramm Medicaid, von dem Millionen ältere, behinderte und einkommensschwache Amerikaner abhängen. Diese Kürzungen stoßen sowohl bei Demokraten als auch bei einigen Republikanern im Senat auf Widerstand. Gerade Medicaid steht im Fokus heftiger politischer Auseinandersetzungen, da ein Großteil der Finanzierung auf die Bundesstaaten abgewälzt wird. So erklärte der republikanische Senator aus North Carolina, Thom Tillis, er könne das Gesetz in seiner aktuellen Form nicht unterstützen. Es „würde North Carolina Finanzmittel in Milliardenhöhe kosten, auch für unsere Krankenhäuser und ländlichen Regionen“, so Tillis. Diese Aussage zog scharfe Kritik von Donald Trump nach sich. Kurz darauf kündigte Thom Tillis, einer von zwei Republikanern, die am Samstag gegen das Gesetz stimmten, auf X an, bei der nächsten Wahl nicht mehr zu kandidieren.

Auffällig ist auch die Kritik von Trumps Ex-Berater Elon Musk an dem umfassenden Gesetzespaket. Es fördere die „Industrien der Vergangenheit, nicht die Zukunft“, so der Unternehmer. „Die jüngste Senatsfassung wird Millionen Jobs in den USA vernichten und unserem Land massiven strategischen Schaden zufügen“, schrieb Elon Musk auf X. Er bezeichnete das Gesetz zudem als „völlig verrückt und destruktiv“.

Wie geht es jetzt weiter?

Es gibt weiterhin zahlreiche Hürden, bevor „das große schöne Gesetz“ zur Unterschrift auf Trumps Tisch liegt. Die Abstimmung am Samstag im Senat war ein erster Verfahrensschritt, um die Debatte offiziell zu eröffnen. Es gibt also noch kein finales grünes Licht aus dem Senat, wo weiterhin mit verschiedenen Gruppen von moderaten und rechtsgerichteten Senatoren verhandelt wird. Es folgt eine Reihe von Abstimmungen über Änderungsanträge. Gelingt ein Kompromiss im Senat, muss dieser anschließend in beiden Kammern des Kongresses beschlossen werden, bevor das Gesetz zur Unterschrift ins Weiße Haus gelangt.

Laut dem Medium The Hill soll das Gesetz am Mittwoch im Repräsentantenhaus zur Abstimmung stehen. Diese Information stammt vom republikanischen Mehrheitsführer Tom Emmers. Zuvor muss das Paket jedoch das sogenannte „Vote-a-Rama“ im Senat am Montag durchlaufen. Dabei handelt es sich um ein spezielles US-amerikanisches Gesetzgebungsverfahren, bei dem Senatoren beliebig viele neue Änderungsanträge einbringen können. Über jeden einzelnen Vorschlag muss abgestimmt werden – das Verfahren hat keine feste Endzeit. In Senat und Repräsentantenhaus verfügen die Republikaner nur über knappe Mehrheiten. Daher bleibt abzuwarten, ob das Gesetz mit den neuesten Änderungen weiter die nötige Unterstützung innerhalb der Partei erhält. Als das Paket im Mai im Repräsentantenhaus verabschiedet wurde, lag das Ergebnis bei nur 215 Stimmen dafür und 214 dagegen.

Wie ernst es für die Trump-Regierung ist, zeigt die Präsenz von Vizepräsident J.D. Vance im Hintergrund. Er steht als „Tie-Breaker“ bereit, um im Falle eines Patt im Senat die entscheidende Stimme abzugeben. Im Senat halten die Republikaner derzeit 53 von 100 Sitzen.

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