Politik

Mit Steuergeldern erkauft: Die Illusion des Aufschwungs in Osteuropa

Die EU hat 864 Milliarden Euro zur Förderung der Wirtschaft umverteilt. Ein signifikanter Teil ging in die neuen EU-Länder in Osteuropa. Doch die kaum kontrollierten Fördermittel haben nicht dazu geführt, dass die nationalen Volkswirtschaften nachhaltig gestärkt wurden. Das Konzept der Umverteilung in der EU ist gescheitert.
22.11.2014 22:56
Lesezeit: 2 min

Zwischen 2007 und 2013 hat die EU insgesamt 864 Milliarden Euro für zahlreiche Förderprogramme bereitgestellt, die Impulse für das Wachstum in der EU schaffen sollten. Dabei ist zu unterscheiden zwischen EU-Strukturfondsprogrammen für die Regional-Entwicklung und thematischen EU-Förderprogrammen.

Für die EU-Strukturförderung wurden insgesamt 347 Milliarden Euro bereitgestellt. Damit wollte die EU das Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum fördern. Ein Großteil der Förderungen ging in die Bereiche des Verkehrs, der Energie und des Umweltschutzes. Auch der Bereich der Berufsbildung von jungen Menschen stand im Fokus.

So wurden dem Bereich des Verkehrs 28,3 Prozent der Fördermittel zugewiesen. An zweiter Stelle stand der Bereich der Forschung und Entwicklung (Innovation und Unternehmertum) mit 23,8 Prozent. Drittplatziert war der Umwelt- und Risikoschutz.

Es gibt drei große Strukturfonds: Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE), Europäischer Sozialfonds (ESF) und der Kohäsionsfonds

Die NRW.Bank analysiert:

„Ein besonderer Fokus liegt darüber hinaus auf der Förderung von Forschung und Entwicklung, dem Aufbau einer wissensbasierten Wirtschaft und auf der Unterstützung von Innovation und Unternehmergeist. Die Programme richten sich an Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Gebietskörperschaften und sonstige Organisationen, die in den Regionen aktiv sind. Etwa 27 Mrd € stehen für die Förderung produktiver Investitionen kleiner und mittlerer Unternehmen zur Verfügung.“

Im Rahmen des EU-Strukturfonds fallen Polen, Rumänien, Ungarn und teilweise auch Griechenland unter dem Kriterium der „Konvergenz“, also der wirtschaftlichen und sozialen Angleichung, große Summen zu. Insgesamt 80 Prozent der Gelder aus den Strukturfonds werden mit dem Ziel der „Konvergenz“ bereitgestellt. In diesen Gebieten sollen wirtschaftliche Strukturen modernisiert und Wirtschaftswachstum stimuliert werden.Das BIP pro Einwohner liegt hier unter 75 Prozent des EU-Durchschnitts. Die Schaffung nachhaltiger Beschäftigungsverhältnisse ist das Ziel.

Polen fiel vollständig unter die „Konvergenz“ und erhielt zwischen 2007 und 2013 insgesamt 67 Milliarden Euro an EU-Fördergeldern. Damit erhielt das Land unter allen anderen EU-Staaten die höchste Fördersumme.

Davon gingen 8,2 Milliarden Euro in das Operationelle Programm (OP) „Innovative Wirtschaft“. Etwa 4,1 Milliarden, also die Hälfte der OP-Mittel, werden direkt an Unternehmen ausgezahlt. Der Rest fließt in diverse Wirtschafts- und Forschungsprogramme.

Des Weiteren werden Unternehmen, die Arbeitslose einstellen, bezuschusst. Sie „können einmalig einen Zuschuss in Höhe des fünffachen monatlichen Durchschnittslohns pro neu geschaffenen Arbeitsplatz erhalten. Der Durchschnittslohn beträgt aktuell rund 1.000 €. Zusätzlich können sie die Sozialabgaben bis zum Dreifachen des Mindestlohns erstattet bekommen“, berichtet die NRW.Bank.

Die Folge des Föderungs-Füllhorns: Die Migration innerhalb der EU wird beschleunigt. Viele junge Griechen wandern nach Polen aus, berichtet die Zeitung Kathimerini. Das deutsche Nachbarland ist zu einer Quelle der Hoffnung für die Südosteuropäer geworden. Denn in den vergangenen Jahren hat Polen in Verbindung mit den EU-Fördermitteln zahlreiche Direktinvestitionen aus dem Ausland angezogen. Mittlerweile ist die wirtschaftliche Situation in Slowenien, in der Slowakei und in der Tschechischen Republik ebenfalls besser als in Griechenland.

Rumänien wurde zwischen 2007 und 2013 insgesamt 19,7 Milliarden Euro aus den Mitteln der EU-Strukturfonds bereitgestellt. Die Slowakei erhielt 11,6 Milliarden Euro, Slowenien 4,1 Milliarden Euro, Tschechien 26,7 Milliarden Euro, Ungarn 23 Milliarden Euro, Bulgarien 6,7 Milliarden Euro, Estland 3,4 Milliarden Euro, Lettland 4,6 Milliarden Euro, Litauen 6,7 Milliarden Euro.

Trotz dieser Milliarden ist die Wirtschaft etwa in Rumänien und Bulgarien in schlechtem Zustand: Rumänien taumelt am Rande der Destabilisierung entlang. In Bulgarien war eine der größten Banken des Landes, die Corpbank, trotz EU-Notkrediten pleitegegangen.

Was mit den Milliarden, die von den europäischen Steuerzahlern hart erarbeitet werden müssen, wirklich geschehen ist, weiß niemand. Die internen Kontroll-Systeme der EU sind bekanntermaßen schwach. Eben erst hat die EU Untersuchungen gegen EU-Beamte wegen Korruption im Kosovo eingeleitet.

Eines scheint festzustehen: Die supranational umverteilten Gelder haben entgegen den rosigen Versprechungen aus Brüssel nicht zu einer nachhaltigen Stärkung der Volkswirtschaften der Beitrittsländer geführt. Jedenfalls ist nur wenig von dem Geld bei den Bürgern der Nationen angekommen. Die Folge: Eine verstärkte Migration innerhalb der EU, die die Völker weiter schwächt und auf die die EU nun mit einer Abschottung reagiert: Der EuGH hat erst kürzlich entschieden, dass einzelne Nationalstaaten nicht generell zur Zahlung von Sozialleistungen an Flüchtlinge verpflichtet sind. 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama Generation Z lehnt Führungspositionen ab – Unternehmen müssen umdenken
25.04.2025

Die Generation Z zeigt sich zunehmend unbeeindruckt von traditionellen Karrierewegen und Führungspositionen im mittleren Management. Eine...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Reichster Ostdeutscher: Wie ein Unternehmer einen kleinen DDR-Betrieb zum globalen Player macht
25.04.2025

Rekord-Umsatz trotz Krisen: Der Umsatz von ORAFOL betrug im Jahr 2024 betrug 883 Millionen Euro – ein Rekordjahr trotz Wirtschaftskrise....

DWN
Politik
Politik Rentenbeiträge und Krankenkasse: Sozialabgaben werden weiter steigen
25.04.2025

Gerade bei der Rente hat die kommende Merz-Regierung ambitionierte Pläne. Doch gemeinsam mit den Krankenkassenbeiträgen droht...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gold im Höhenrausch: Wenn Trump das Gold sieht, wird es gefährlich
25.04.2025

Der Goldpreis steht kurz davor, einen historischen Rekord nicht nur zu brechen, sondern ihn regelrecht zu pulverisieren. Die Feinunze Gold...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Autoindustrie unter Druck: Zollkrieg sorgt für höhere Preise und verschärften Wettbewerb
25.04.2025

Der Zollkrieg zwischen den USA und Europa könnte die Auto-Preise in den USA steigen lassen und den Wettbewerb in Europa verschärfen....

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen der Deutschen auf Rekordhoch – aber die Ungleichheit wächst mit
25.04.2025

Private Haushalte in Deutschland verfügen so viel Geld wie nie zuvor – doch profitieren längst nicht alle gleichermaßen vom...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland am Wendepunkt: Wirtschaftsmodell zerbricht, Polen rückt vor
25.04.2025

Deutschlands Wirtschaftsmaschinerie galt jahrzehntelang als unaufhaltsam. Doch wie Dr. Krzysztof Mazur im Gespräch mit Polityka...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China im Handelskrieg: Regierung bereitet sich auf das Schlimmste vor
25.04.2025

Chinas Führung bereitet sich inmitten des eskalierenden Handelskonflikts mit den USA auf mögliche Härtefälle vor. In einer Sitzung des...