Fast die Hälfte der polnischen Genossenschafts-Banken (SKOK) stehen vor dem Bankrott und belasten damit den Bankenrettungsfonds des Landes. Die Genossenschafts-Banken sind die Hauptgeldquelle für Millionen von Menschen aus der Unterschicht und der Arbeiterklasse. Betroffen sind vor allem Polen, die in ländlichen Gebieten und kleineren Städten wohnen.
Von den 55 polnischen SKOKs, die noch vor zwölf Monaten tätig waren, sind zwei in Konkurs gegangen und zwei gingen im Rahmen von Notverkäufen an Geschäfts-Banken über. Zwei weitere wurden zusammengeführt. Die beiden in Konkurs gegangenen Banken haben bereits 25 Prozent des polnischen Banken-Garantiefonds aufgebraucht, der über Beiträge von Geschäfts-Banken finanziert wird. Seit den beiden Konkursen haben sich die Beiträge verdoppelt.
Polen hofft nun, dass unter der Vorsitz ihres Landsmanns Donald Tusk als EU-Ratspräsident die gemeinsame Einlagensicherung der EU bald kommt, damit im Krisenfall die Bankguthaben der Kunden gesichert werden können.
„Es ist nicht fair, dass die Banken alle Kosten decken müssen, die durch die SKOKs verursacht werden (…) Diese Ausgaben sollten nicht nur von Banken, sondern auch von den SKOKs selbst und dem Staat finanziert werden“, zitiert die Financial Times den Präsidenten des polnischen Bankenverbands (ZBP), Krzysztof Pietraszkiewicz.
Der Konkurs des SKOKs Wolomin führte dazu, dass umgerechnet etwa 517 Millionen Euro an die Sparer ausgezahlt werden mussten. Der Garantiefonds wird voraussichtlich bis Ende 2015 wieder aufgefüllt sein. Die polnische Regulierungsbehörde Komisja Nadzoru Finansowego (KNF) führt derzeit Untersuchungen bei 24 SKOKs durch, die kurz vor dem Konkurs stehen.
Insgesamt 44 von 55 Banken müssen entweder umstrukturiert oder an Geschäfts-Banken verkauft werden. Doch nach Angaben von Franek Hutten-Czapski, der als Geschäfts-Partner der Boston Consulting Group in Warschau tätig ist, wird der Umstrukturierung Priorität eingeräumt.
Die SKOKs machen 1,2 Prozent der Bankaktiva in der sechstgrößten Volkswirtschaft der EU aus. Allerdings bereitet der schlechte Zustand der Branche sowohl den polnischen Aufsichtsbehörden als auch den traditionellen Banken des Landes Kopfzerbrechen.
„Im Allgemeinen haben sich die Probleme und Risiken der SKOK-Branche seit 20 Jahren angestaut, weil sich die Branche außerhalb der öffentlichen Aufsicht befand“, sagt der KNF-Sprecher Lukasz Dajnowicz, KNF-Sprecher. Nun seien „Aufräum-Arbeiten“ im Gange.
Die KNF schätzt, dass die Kapitalknappheit in der SKOK-Branche sich auf umgerechnet etwa 350 Millionen Euro beläuft. Der Sektor habe eine negative Eigenkapitalquote von 0,85 Prozent. Doch gesetzlich vorgeschrieben ist eine positive Eigenkapitalquote von fünf Prozent.
Nach Angaben des Europen Network of Credit Unions haben die polnischen Genossenschafts-Banken insgesamt 2,5 Millionen Kunden. Sie halten 3,7 Milliarden Euro an Spareinlagen und weisen Bank-Aktiva in Höhe von 4,1 Milliarden Euro auf.