Finanzen

Franken-Abkoppelung trifft Schweizer Export-Firmen hart

Lesezeit: 2 min
02.02.2015 14:38
Die Schweizer Firmen wurden von der Abkoppelung des Franken vom Euro überrascht. Nur ein Viertel hat sich gegen Wechselkurs-Schwankungen abgesichert. Daher fehlen den Firmen aufgrund der Gewinn-Rückgänge etwa 18 Milliarden Franken, so Hochrechnungen der Credit Suisse.
Franken-Abkoppelung trifft Schweizer Export-Firmen hart

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Aufhebung des Euro-Mindestkurses zum Franken Mitte Januar hat einen großen Teil der Schweizer Industrie überrascht. Laut einer Umfrage der Großbank Credit Suisse im Zusammenhang mit der Erhebung des Schweizer Einkaufsmanager-Index (PMI) hatten drei Viertel der befragten Unternehmen auf absehbare Zeit mit einem Eurokurs von 1,20 Franken gerechnet und auf eine Wechselkursabsicherung etwa mit Devisen-Optionen verzichtet. Nachdem der Euro nun nur knapp über einem Franken notiert, denken die ersten Firmen an Personalabbau. Die Lager werden verkleinert und bei den Vorprodukten wird die Beschaffung zurückgefahren. Der Index der Einkaufsmanager brach im Januar um 5,3 Punkte auf 48,2 Zähler ein und ging damit so stark zurück wie seit der Finanzkrise nicht mehr, wie Credit Suisse am Montag mitteilte.

Der starke Franken schmälert die Einnahmen der exportabhängigen Schweizer Firmen, die mehr als die Hälfte ihrer Umsätze in Dollar und Euro erwirtschaften. Laut einer Hochrechnung von Credit Suisse dürften Schweizer Unternehmen bei einem Eurokurs in der Nähe von einem Franken rund 31 Milliarden Franken im Jahr weniger einnehmen. Dieses Minus lässt sich teilweise ausgleichen, weil auch Rohstoffe und Vorprodukte aus dem Ausland für Schweizer billiger werden. Unter dem Strich bleiben nach Schätzungen der Credit-Suisse-Experten aber rund 18 Milliarden Franken, die den Firmen in der Kasse fehlen.

Seit dem Abschluss der Umfrage am 27. Januar wertete der Euro wieder leicht auf Kurse um 1,05 Franken auf. Die Entwicklung der Bankguthaben bei der Schweizerischen Notenbank (SNB), die im Wesentlichen von Interventionen gespeist werden, deutet Devisenexperten zufolge darauf hin, dass die SNB erneut Euro kaufte, um die eigene Währung zu schwächen. Laut einem Medienbericht vom Sonntag, sollen die Währungshüter eine Art inoffizielles Wechselkursziel verfolgen und für den Euro einen Korridor von 1,05 bis 1,10 Franken anstreben. Einen Eurokurs von 1,10 Franken bezeichnete Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf als verkraftbar für die Wirtschaft. In der vergangenen Woche wuchsen die Giroguthaben der einheimischen Banken bei der SNB um gut 17 Milliarden Franken.

Dass der Euro wieder sein altes Kursniveau erreicht, erwarten viele Firmen nicht. Die meisten versuchen von ihren Lieferanten Preisnachlässe zu erhalten, wie die PMI-Umfrage ergab. Etwas mehr als jede zehnte Firma plant eine Verlagerung ins Ausland oder hat einen Einstellungs- und einen Investitionsstopp verhängt.

Nach Einschätzung des Wirtschaftsforschungsinstitut KOF der ETH Zürich droht der Schweiz eine kurze Rezession. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte dieses Jahr um 0,5 Prozent abnehmen.

Spekulationen auf Devisenkäufe der Schweizerische Nationalbank (SNB) haben den Franken am Montag geschwächt. Der Euro kletterte um bis zu 2,1 Prozent auf ein Zweieinhalb-Wochen-Hoch von 1,0587 Schweizer Franken. Auch der Dollar notierte mit 0,9345 Franken so hoch wie seit Mitte Januar nicht mehr. Die jüngste Entwicklung der Guthaben bei der SNB deutet Devisenexperten zufolge darauf hin, dass die SNB erneut Euro kaufte, um die eigene Währung zu schwächen. Es gebe Gerüchte, dass es nun eine Art inoffizielles Wechselkursziel gebe, und die Guthaben-Daten ließen die Vermutung zu, dass die SNB im Markt unterwegs sei, sagte Manuel Oliveri, Stratege bei der Credit Agricole. Laut einem Medienbericht vom Sonntag sollen die Währungshüter der SNB für den Euro einen Korridor von 1,05 bis 1,10 Franken anstreben.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag zum Handelsstart mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Europäische Unternehmen sehen düstere Aussichten in China
10.05.2024

Die jährliche Geschäftsklimaumfrage der EU-Handelskammer in Peking zeigt, dass europäische Unternehmen ihre Wachstumschancen in China so...

DWN
Technologie
Technologie Lithium-Abbau in Deutschland: BGR-Forscher starten Tiefenförderung in der Lüneburger Heide
10.05.2024

Der Weg zu einer nachhaltigen Elektromobilität führt möglicherweise durch die Lüneburger Heide: Die Die Bundesanstalt für...

DWN
Finanzen
Finanzen Genomsequenzierung: Investieren in die personalisierte Medizin der Zukunft
09.05.2024

Genomsequenzierung, Gentherapie, personalisierte Medizin: Die Medizin- und Pharma-Industrie steht vor einem Wendepunkt. Gleichzeitig sind...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview zur Mafia in Deutschland: „Hier gehe ich von Strafvereitelung im Amt aus“
09.05.2024

Italienische Mafia-Organisationen gewinnen in Deutschland zunehmend an Einfluss – und können dabei teilweise auf das stillschweigende...

DWN
Technologie
Technologie Luftfahrt: Klimaneutralität bis 2050 wohl unrealistisch
09.05.2024

Der Luftverkehr gilt als ein starker Treiber zur Klimakrise. Mit technischen Lösungen klimaschonendes- oder gar klimaneutrales Fliegen zu...