Politik

Russland: USA und EU haben in der Ukraine alle Grenzen überschritten

Russland übt scharfe Kritik an der Ukraine-Politik des Westens und der USA. Verteidigungsminister Sergej Schoigu sagte, die Regierungen „haben alle denkbaren Linien überschritten in ihrem Bestreben, Kiew in ihre Einflusssphäre zu holen“. In Kiew wurde ein regierungskritischer Journalist erschossen. Es war der zweite politische Mord innerhalb weniger Tage. Präsident Poroschenko versprach eine rasche Aufklärung.
16.04.2015 17:12
Lesezeit: 2 min

Der russische Präsident Wladimir Putin hat dem Westen vorgeworfen, den Ukraine-Konflikt als Vorwand für Sanktionen gegen sein Land zu missbrauchen. Ziel der Strafmaßnahmen sei vielmehr, den Einfluss Russlands einzudämmen, sagte Putin am Donnerstag in einer vom Fernsehen übertragenen Frage- und Antwortrunde mit der Bevölkerung. Mit den Ereignissen in der Ukraine stünden die Sanktionen in keinem direkten Zusammenhang. Putin wies erneut Vorwürfe aus dem Westen zurück, wonach Truppen seines Landes in der Ukraine eingesetzt werden. Verteidigungsminister Sergej Schoigu machte auf einer Sicherheitskonferenz in Moskau die USA und ihre Verbündeten für den Ukraine-Konflikt verantwortlich. Diese hätten versucht, das Land in den Westen zu integrieren. In der ukrainischen Hauptstadt Kiew erschossen unbekannte Täter einen prominenten prorussischen Journalisten.

Putin sagte, er habe Wirtschaftsvertretern gesagt, dass vorerst nicht mit einer Aufhebung der Strafmaßnahmen zu rechnen sei. Er kritisierte, dass die Sanktionen auch in Kraft geblieben seien, obwohl die ukrainische Regierung für das Scheitern einer vollständigen Umsetzung des Waffenstillstandsabkommens im Osten ihres Landes verantwortlich sei. Der Regierung in Kiew warf Putin zudem vor, die Region vom übrigen Land abzuschneiden, indem es die Bewohner vom Finanzsystem abkoppele und etwa keine Renten mehr überweise. Die EU und die USA werfen der Regierung in Moskau vor, die prorussischen Separatisten in der Ostukraine militärisch zu unterstützen und haben daher Sanktionen verhängt.

Schoigu erklärte, die USA und ihre Verbündeten "haben alle denkbaren Linien überschritten in ihrem Bestreben, Kiew in ihre Einflusssphäre zu holen." Dies sei auch der Grund für die Kämpfe. Dabei sollen 6000 Menschen ums Leben gekommen sein. "Wie viele Opfer wird es noch geben, bis die Ukrainer im Osten gezwungen sind, sich als 'Europäer' zu fühlen?", fragte Schoigu. Russland hatte im März vergangenen Jahres die Halbinsel Krim nach einer international nicht anerkannten Volksabstimmung annektiert. Der Westen begründet seine Sanktionen auch mit diesem Schritt.

In der ukrainischen Hauptstadt Kiew erschossen unterdessen zwei maskierte Täter den Journalisten Oles Busina, der für seine regierungskritischen Artikel bekannt war. Die Tat habe sich offenbar vor dessen Wohnung ereignet, teilte das Innenministerium mit. Der 45-Jährige arbeitete für die ukrainische Tageszeitung "Sewodnja" und kandidierte im vergangenen Jahr ohne Erfolg für die Partei Russischer Block bei der Parlamentswahl. Erst am Vortag war ein früherer Abgeordneter der Partei des gestürzten prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch, Oleh Kalaschnikow, bei einem ähnlichen Attentat getötet worden. Präsident Petro Poroschenko ordnete eine schnelle und transparente Untersuchung an. Die Taten spielten "unseren Feinden in die Hände", erklärte er.

In Moskau wurden während des TV-Auftritts von Putin die Räume der Chodorkowsky-Stiftung Open Russia durchsucht. Die Stiftung veröffentlichte den Durchsuchungsbefehl, wonach die Anti-Terror-Einheit der Regierung den Verdacht hegt, die Stiftung wolle eine Demonstration für extremistische Zwecke verwenden. Chodorkowsky hatte zuletzt die Möglichkeit einer erneuten politische Betätigung in Russland eingeräumt. Er ist einer der schärfsten Putin-Kritiker und war von Putin erst im Vorjahr nach einer langjährigen Haftstrafe begnadigt worden. Chodorkowsky lebt heute in der Schweiz.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Gesundheitscheck vor der Einstellung: Rechte und Grenzen für Bewerber
01.06.2025

Ein Vorstellungsgespräch ist erfolgreich verlaufen, doch bevor der Arbeitsvertrag unterschrieben wird, fordert der potenzielle Arbeitgeber...

DWN
Technologie
Technologie SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
01.06.2025

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...