Politik

Wolfgang Schäuble spricht erstmals von Rücktritt

Lesezeit: 2 min
17.07.2015 22:46
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat erstmals laut über einen Rücktritt wegen der Euro-Krise nachgedacht. Würde man ihn zwingen, gegen seine Überzeugung zu handeln, würde er „zum Bundespräsidenten gehen und um meine Entlassung bitten“. Er sagte auch, dass er und Angela Merkel unterschiedlich über die Lösung der Euro-Krise denken. Die Aussage kommt interessanter Weise einen Tag nach dem Besuch von US-Finanzminister Lew in Berlin.
Wolfgang Schäuble spricht erstmals von Rücktritt

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat erstmals die Möglichkeit seines Rücktritts ins Spiel gebracht. Er sagte dem Spiegel, „Politiker haben ihre Verantwortung aus ihren Ämtern. Würde er von wem auch immer gezwungen, gegen seine Überzeugung zu handeln, wüsste er, was zu tun sei: „Wenn das jemand versuchen würde, könnte ich zum Bundespräsidenten gehen und um meine Entlassung bitten“, sagte Schäuble.

Schäuble räumte auch erstmals ein, dass er und Angela Merkel nicht derselben Meinung sind, was die Euro-Rettung in Griechenland betrifft. Schäuble sagte: „Es gehört zur Demokratie, dass man auch einmal unterschiedliche Meinungen hat.“

Er attackierte auch Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel. Dieser hatte Schäuble vorgeworfen, über ihn, Gabriel, die Unwahrheit gesagt zu haben. Schäuble: „Man sollte eigene Probleme nicht durch unzutreffende Behauptungen über andere lösen wollen.“

Auffällig ist, dass die Aussagen nach dem Besuch von US-Finanzminister Jack Lew in Berlin kamen: Lew und der IWF bestehen auf einem Schuldenschnitt für Griechenland, Schäuble ist strikt dagegen. Am Donnerstag hatten sich Lew und Schäuble getroffen. Es ist nicht bekannt, ob Lew Druck auf Schäuble ausgeübt hat. Lew hatte nach dem Besuch gefordert, dass sich Griechenland und die Euro-Zone über die Schulden des Landes einigen müssten. Der IWF, der unmittelbar vor dem Besuch ein Papier lanciert hatte, in dem die Schuldenquote Griechenlands mit 200 Prozent vom BIP prognostiziert wurde, sagte nach der Abreise Lews, er stünde nur bei einem Schuldenschnitt für weitere Kredite zur Verfügung.

Schäuble verfolgt in der Euro-Krise ein anderes Konzept als die US-Regierung: Er will die Krise nutzen, um die Euro-Zone zurückzubauen.

Schon vor 20 Jahren hatte Schäuble die Auffassung vertreten, dass nur eine sehr kleine Euro-Zone mit einer vollen politischen und wirtschaftlichen Integration in der Lage sei, den Amerikanern und Russen Paroli zu bieten. Er wollte die Position der EU in der Nato stärken und die Partnerschaft mit Russland im Interesse Osteuropas vertiefen.

Es wäre nicht erstaunlich, wenn diese Positionen die Amerikaner alarmieren: Die US-Regierung ist an einer stabilen Euro-Zone interessiert, um nicht die geostrategischen Interessen der Nato zu gefährden.

Schon aus diesem Grund waren die Amerikaner stets für einen Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone. Allerdings war Washington in den vergangenen Wochen zunehmend aufgeschreckt wegen des dilettantischen Krisen-Managements der Euro-Retter. Schäubles Rolle in dem EU-internen Machtkampf war unglücklich, weil es ihm nicht gelungen ist, seine Positionen so zu setzen, dass sie nicht von nationalistischen Trittbrettfahrern in der ganzen Euro-Zone instrumentalisiert werden konnten.

Schäuble hatte in der Diskussion die volle Unterstützung der Bild-Zeitung. Dies schreibt auch im Bericht über den möglichen Schäuble-Rücktritt, dass der „Streit mit Angela Merkel um die Griechenlandrettung“ der Grund sein könnte, warum Schäuble hinschmeißt.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tarifrunde der Chemieindustrie: Gewerkschaft fordert mehr Lohn
26.04.2024

Im Tarifstreit in Ostdeutschlands Chemieindustrie fordert die Gewerkschaft IG BCE eine Lohnerhöhung von 7 Prozent. Arbeitgeber warnen vor...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automesse China 2024: Deutsche Autohersteller im Preiskrieg mit BYD, Xiaomi und Co.
25.04.2024

Bei der Automesse in China steht der eskalierende Preiskrieg bei Elektroautos im Vordergrund. Mit hohen Rabatten kämpfen die Hersteller...

DWN
Technologie
Technologie 3D Spark: Ein Hamburger Start-up revolutioniert die Bahnbranche
25.04.2024

Die Schienenfahrzeugindustrie befindet sich in einem grundlegenden Wandel, in dessen Verlauf manuelle Fertigungsprozesse zunehmend...