Tschechien lässt die meisten syrischen Flüchtlinge, die aus Ungarn einreisen, ab sofort ungehindert nach Deutschland passieren. Es würden nur noch die Personalien festgestellt, sagte Polizeisprecherin Katerina Rendlova am Mittwoch der Agentur CTK. «Wir lassen sie mit der Maßgabe frei, innerhalb von sieben Tagen das Land zu verlassen, und begleiten sie zum Bahnhof», sagte sie.
Bislang waren Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland in Tschechien aufgehalten und in Abschiebelager gebracht worden. Von dort sollten sie gemäß dem Dubliner Abkommen der EU nach Ungarn zurückgebracht werden. Das Abkommen sieht vor, dass das Land für das Asylverfahren zuständig ist, in dem ein Flüchtling zuerst EU-Gebiet betreten hat.
Ungarn nehme die Flüchtlinge aber schon seit längerem nicht mehr zurück, kritisierte die Regierung in Prag. Die Migranten festzunehmen, sei daher «ineffektiv und zwecklos». Zudem habe Deutschland erklärt, es wolle syrische Flüchtlinge aufnehmen. Noch in Abschiebelagern lebende Syrer würden demnächst freigelassen.
Voraussetzung ist den Behörden zufolge, dass die Migranten tatsächlich aus Ungarn einreisten und dort registriert wurden. «Und das sind längst nicht alle Syrer», sagte die Polizeisprecherin am Abend dem tschechischen Rundfunk.
Tschechiens Innenminister Milan Chovanec hatte zuvor angedeutet, Syrer in einer Art «Flüchtlingskorridor» nach Deutschland passieren lassen zu wollen. In der vorigen Woche machte der Sozialdemokrat einen solchen Schritt aber noch von der Zustimmung der Bundesregierung abhängig.
Die polnische Bahngesellschaft PKP Intercity steuert wegen der Verhältnisse auf dem Ostbahnhof in Budapest die ungarische Hauptstadt bis auf weiteres nicht mehr an. Die Verbindungen von Polen nach Ungarn endeten auf Bitte der ungarischen Bahn am Grenzbahnhof Szob, teilte das Unternehmen am Donnerstag auf seiner Webseite mit. Von dort könnten Reisende mit Regionalzügen weiter fahren. Im Keleti-Bahnhof von Budapest warten derzeit tausende Flüchtlinge auf eine Weiterreise. Die polnische Bahn steuert regulär mit ihren Zügen «Silesia» und «Chopin» von Krakau und Warschau aus die ungarische Hauptstadt an.
Weigerungen osteuropäischer EU-Staaten gegen eine Verteilung der Flüchtlinge sollten nach Ansicht von SPD-Fraktionsvize Axel Schäfer Auswirkungen auf EU-Zahlungen haben. "Man kann nicht mit nationalen Argumenten gegen eine EU-Politik argumentieren und annehmen, dass dies keine Auswirkungen haben würde", sagte Schäfer der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag. Zuvor hatte bereits der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann gedroht, Osteuropäern EU-Finanzleistungen zu kürzen.
Die Regierungen der Slowakei, Ungarns, Tschechiens und Polens, die sich gegen die auch von Deutschland geforderte verbindliche Verteilung von Flüchtlingen über die EU-Staaten stemmen, wollen sich am Wochenende in Prag abstimmen. "Wir brauchen aber eine enge Solidarität in der EU in dieser Frage, um in Deutschland die Akzeptanz zu erhalten", sagte Schäfer. "Die Frage der Finanzen muss ernsthaft diskutiert werden." Der Sozialdemokrat warnte vor einer Ost-West-Spaltung. Die EU müsse das Problem gemeinsam lösen, um eine Katastrophe zu verhindern.
Der europapolitische Sprecher der Grünen, Manuel Sarrazin, lehnte dagegen die Drohung mit Finanzkürzungen ab. Da beim Thema Asyl kein alleiniges EU-Recht gelte, könne man den osteuropäischen EU-Staaten nicht EU-Zahlungen kürzen.