Die Flüchtlingstransporte von Kroatien nach Ungarn sind offenbar nicht zwischen den beiden EU-Nachbarn koordiniert worden und haben nun zu einem ernsten Konflikt zwischen Budapest und Zagreb geführt. «Ohne jegliche Absprache sind 1000 Migranten mit dem Zug nach Magyarboly gebracht worden», sagte Ungarns Regierungssprecher Zoltan Kovacs am späten Freitagabend im ungarischen Grenzort Beremend. Die 40 kroatischen Polizisten, die den Zug begleiteten, seien entwaffnet, der Zugführer festgenommen worden, fügte der Sprecher hinzu.
Zuvor waren die Bereitstellung eines ungarischen Zugs zur Abholung der Flüchtlinge im Grenzbahnhof Magyarboly und von Bussen am Grenzübergang Beremend als Anzeichen dafür gedeutet worden, dass die Menschen auf organisierte Weise nach Österreich gebracht würden. Augenzeugen sahen zudem, wie ungarische und kroatische Polizisten in dem Grenzbahnhof gemeinsam agierten. In kroatischen Medien hieß es bereits: «Korridor nach Westen geöffnet».
Am späten Freitagabend mutmaßten ungarische Medien jedoch, dass die Asylbewerber in westungarische Lager gebracht würden. Ein erster Bus traf bereits im Aufnahmezentrum Vamosszabadi bei Györ ein, wie die lokale Webseite kisalfold.hu berichtete.
Kroatien hatte am Freitag erklärt, den Flüchtlingsandrang nicht mehr bewältigen zu können. Ungarn hatte am letzten Dienstag seine Grenze zu Serbien für Flüchtlinge abgeschottet. Seitdem kamen aus Serbien mehr als 15.000 Menschen nach Kroatien, um von dort weiter nach Westeuropa zu gelangen.
Zuvor hatte Slowenien kategorisch abgelehnt, Transit-Züge durch das Land zu akzeptieren. Sie sollten nach Österreich und weiter nach Deutschland gebracht werden. Der ORF berichtet, dass es ein Gespräch zwischen dem kroatischen Premier Milanovic und Bundeskanzlerin Angela Merkel gegeben habe, bei dem Merkel die Bereitschaft Deutschlands bekundet habe, die Flüchtlinge aus Kroatien aufzunehmen. In Kroatien sind in Kürze Wahlen, eine chaotische Lage in der Flüchtlingskrise wäre für die Regierung möglicherweise verheerend.
EU-Präsident Martin Schulz sagte dem ORF im Hinblick auf das Chaos in den EU-Staaten, die Lage in der EU sei «dramatisch».