Unternehmen

Österreich: Familien-Unternehmen haben Nachwuchs-Sorgen

Lesezeit: 2 min
02.10.2015 01:06
Nur eines von 100 mittelständischen Unternehmen in Österreich verfügt derzeit über einen potenziellen Nachfolger. Selbst im internationalen Vergleich liegt Österreich damit weit hinter den Mittelständlern anderer Länder. Doch ohne Nachfolger sind die oft Familienunternehmen stark gefährdet und damit auch sehr viele Arbeitsplätze.
Österreich: Familien-Unternehmen haben Nachwuchs-Sorgen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Ähnlich wie in Deutschland ist der Mittelstand auch in Österreich ein wichtiger Motor der Wirtschaft. Doch die Unternehmen haben mit immer mehr Widrigkeiten zu kämpfen. Neben steigender Steuerlast und Bürokratie ist auch die Nachfolge der meisten Mittelständler nicht geklärt. 80 Prozent der nationalen Unternehmen befinden sich in Familienbesitz. Nicht einmal jeder hundertste potenzielle Familien-Nachfolger will in das Familienunternehmen einsteigen. Damit ist Österreich im internationalen Vergleich eines der Schlusslichter. Zum Vergleich: Auch in Deutschland klagen die Mittelständler über fehlende Nachfolger, aber hier betrifft es nur jedes vierte Unternehmen.

So wollen Studenten familiengeführter Betriebe eher Karriere in einem anderen privatwirtschaftlichen Unternehmen oder in einer eigenen Neugründung machen. Und wenn sie sich dennoch entschließen, später in das Unternehmen einzutreten, erwarten sie hohe „Familienrabatte“ beim Kauf des Familienunternehmens, wie eine aktuelle Analyse von Ernst & Young zeigt.

Durchschnittlich erwarten Nachfolgegenerationen weltweit, das familieneigene Unternehmen ungefähr für die Hälfte jenes Preises zu erstehen, zu dem es ein externer Käufer erhalten würde. „In Österreich verlangen die potenziellen Nachfolger ein besonders großes Entgegenkommen: Ein gewünschter Preisnachlass von rund 59 Prozent bedeutet ex aequo mit Deutschland Platz vier“, heißt es in der Analyse. Am wenigsten wollen Studenten in Estland (73,2 % Rabatt) bezahlen, den geringsten Rabatt erwarten hingegen Nachfolger in Australien (17,7 %).

Und auch nach einer fünfjährigen Pause können sich in Österreich nur 3,4 Prozent vorstellen, im Familienunternehmen mitzuarbeiten. Nur in Schottland, Dänemark, Israel und in den USA ist die Lust auf den familiengeführten Betrieb noch geringer. Der weltweite Schnitt liegt bei 4,9 Prozent. Die Ursache für die mangelnde Bereitschaft sieht Johannes Volpini unter anderem in den immer vielfältigeren Karrieremöglichkeiten. „Andererseits wollen sich immer mehr potenzielle Nachfolger nicht einfach ins gemachte Nest setzen, sondern sich zuerst außerhalb des eigenen Familienbetriebs beweisen.“

Generell spielt aber bei der Entscheidung für eine Nachfolge auch die Größe des Unternehmens eine wichtige Rolle.  Je größer ein Unternehmen ist, umso eher übernimmt noch jemand aus der Familie das Unternehmen. So wollen bei Unternehmen mit zwei bis fünf Mitarbeitern nur 5,2 Prozent spätestens fünf Jahre nach dem Hochschulabschluss einsteigen. Bei Betrieben mit mehr als 100 Mitarbeitern sind es immerhin schon 16,3 Prozent.

Zumal sich weiterhin noch eher Männer für eine Nachfolge entscheiden als Frauen. Frauen orientieren sich karrieretechnisch weiterhin lieber außerhalb des Familienbetriebes, und dass, obwohl sich immerhin 70 Prozent der weltgrößten Familienunternehmen eine Frau als nächsten CEO vorstellen können. Der Anteil von Frauen, die sich einen Einstieg vorstellen können, ist 25 Prozent niedriger als der von Männern. „Frauen sehen ihre berufliche Zukunft deutlich seltener im familieneigenen Betrieb als Männer“, so Volpini.

Das lasse sich einerseits dadurch erklären, dass es in vielen Fällen immer noch Usus sei, die Nachfolge gemäß dem Erstgeburtsrecht zu regeln – der älteste Sohn übernimmt automatisch den Betrieb. „Dazu kommt, dass männliche Studenten deutlich selbstbewusster bei der Einschätzung ihrer unternehmerischen Fähigkeiten sind und Entrepreneurship als weniger riskant einstufen.“

 


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik Heimatschutz: Immer mehr Bürger dienen dem Land und leisten „Wehrdienst light"
01.05.2024

Ob Boris Pistorius (SPD) das große Ziel erreicht, die Truppe auf über 200.000 Soldaten aufzustocken bis 2031 ist noch nicht ausgemacht....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Weltweite Aufrüstung verschärft Knappheit im Metallsektor
01.05.2024

Die geopolitischen Risiken sind derzeit so groß wie seit den Hochzeiten des Kalten Krieges nicht mehr. Gewaltige Investitionen fließen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nachhaltigkeit als Schlüsselfaktor für Unternehmenserfolg
01.05.2024

Die Studie „Corporate Sustainability im Mittelstand“ zeigt, dass der Großteil der mittelständischen Unternehmen bereits Maßnahmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Private Pflegezusatzversicherungen: Wichtige Absicherung mit vielen Varianten
01.05.2024

Die gesetzliche Pflegeversicherung reicht oft nicht aus, um die Kosten im Pflegefall zu decken. Welche privaten Zusatzversicherungen bieten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 22-Prozent unbezahlte Überstunden: Wenn Spitzenkräfte gratis arbeiten
01.05.2024

Arbeitszeit am Limit: Wer leistet in Deutschland die meisten Überstunden – oft ohne finanziellen Ausgleich? Eine Analyse zeigt,...

DWN
Finanzen
Finanzen Die größten Kostenfallen: So sparen Sie bei Fonds, Aktien und Co.
01.05.2024

Viele Anleger unterschätzen die Wirkung von Anlagekosten. Dabei sind Fondsgebühren, Orderkosten und Co. auf lange Sicht enorm...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Konsumstimmung steigt: Die Deutschen shoppen wieder
01.05.2024

Laut aktuellen Erhebungen der GfK steigt die Konsumstimmung in Deutschland für den Mai auf ein Zwei-Jahres-Hoch. Ausschlaggebend sind...