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Die Bankenaufsicht Bafin hat die Banken ermuntert, für Flüchtlinge auch ohne Ausweis ein Bank-Konto zu eröffnen. In einer Mitteilung der Bafin heißt es:
Flüchtlinge haben ab sofort übergangsweise die Möglichkeit, auch dann ein Basiskonto zu eröffnen, wenn sie kein Dokument vorlegen können, das der Pass- und Ausweispflicht in Deutschland genügt. Dazu hat die BaFin in Absprache mit dem Bundesfinanzministerium Übergangsregelungen geschaffen. Sie gelten so lange, bis voraussichtlich kommendes Jahr eine Identitätsprüf-Verordnung gemäß § 4 Absatz 4 Satz 2 Geldwäschegesetz (GwG) in Kraft tritt, die Legitimationsdokumente zulassen soll, die über die in § 4 Absatz 4 Nr. 1 GwG genannten hinausgehen.
Viele Banken kommen dieser Aufforderung jedoch nicht nach – aus gutem Grund: Es wäre ein Novum im Rechtsstaat, wenn die „Empfehlung“ einer Behörde automatisch ein Gesetz außer Kraft setzen könnte. Denn die Banken sind nach dem erwähnten Geldwäschegesetz verpflichtet, ein gültiges Ausweisdokument wie einen Reisepass oder eine Meldebescheinigung in Deutschland zu verlangen.
Viele Banken berufen sich zu Recht auf ihre gesetzlichen Verpflichtungen – und verweigern die Konto-Eröffnung ohne gültige Dokumente. Sie laufen nämlich sonst Gefahr, von den US-Behörden wegen der Geldwäsche und der Terror-Finanzierung belangt zu werden, sollte sich irgendwo ein derartiger Verdacht ergeben. Ein solcher Verdacht kann schnell erhoben werden, weil in den USA als Terrorist gilt, wer auf einer Liste steht. Es ist den Banken aufgrund der unzureichenden Dokumente von Flüchtlingen nicht zumutbar, dieses Risiko einzugehen.
Zahlreiche Banken, die schon schlechte Erfahrungen mit dem langen Arm der US-Justizbehörden gemacht haben wie etwa die Deutschen Bank halten sich daher lieber an die Gesetze als an die Aufforderung einer Behörde.
Andere Banken wie die Hypovereinsbank (HVB) setzen sich über die Gesetze auf Hinweis auf die Aufsicht hinweg. Die HVB sagte der dpa, bei ihr sei eine Kontoeröffnung auch „unter den erleichterten Bedingungen anhand des entsprechenden Dokumentes der Ausländerbehörde“ möglich. Die HVB ist Teil der italienischen Unicredit. Italien schickt Flüchtlinge schon seit langem weiter nach Deutschland.
Der Bankenverband hat in diesem Punkt eine klare Position: Er warnt die Banken vor dem Rechtsbruch und verweist auf die internationalen Regeln. „Kreditinstitute müssen sich auch in der aktuellen Ausnahmesituation an (internationale) Rechtsvorschriften halten. In diesem Rahmen nutzen die Kreditinstitute alle Möglichkeiten, Konten für Flüchtlinge zu eröffnen.
Eine Bafin-Sprecherin sagte, es bleibe den Instituten überlassen, ob sie von den vereinfachten Bedingungen Gebrauch machten oder nicht: „Das ist eine Erleichterung der gesetzlichen Vorschriften. Die Bafin verpflichtet Banken nicht, Konten für Flüchtlinge zu eröffnen.“ Dass die Bafin mit einer Empfehlung rechtlich nicht einfach ein Gesetz außer Kraft setzen kann, erwähnte die Sprecherin nicht.
Der Fall zeigt, wie die ständigen „Ausnahmesituationen“ dazu führen, dass das geltende Recht, vor allem aber das ordnungsgemäße Zustandekommen von rechtlichen Normen, über den Haufen geworfen werden. Die Bafin maßt sich hier ein Rolle als Quasi-Gesetzgeber an, die ihr nicht zustehen kann, weil sie eigentlich die Aufsicht ist. Schon die Rolle der EZB ist in dieser Hinsicht ein struktureller Rechtsbruch, weil sie gleichzeitig Regeln erlässt und dann als Aufsicht fungiert. In Österreich treibt die Finanzmarktaufsicht in derselben Doppelrolle die Veränderung des Bankensektors voran – zum Teil mit drastischen Mitteln.
Der Fall fügt sich nahtlos in eine Aufhebung von Legislative und Exekutive ein, die neulich Angela Merkel vor dem EU-Parlament eindrucksvoll bestätigt hatte: Merkel hatte erklärt, dass die Dublin-Regeln doch längst „obsolet“ geworden seien und daher die entsprechenden Gesetze nicht mehr beachtet werden müssten. Damit wird gesagt: Wenn der Staat oder die Staaten keine Lust oder keine Autorität mehr haben, die Gesetze einzuhalten, dann werden diese Gesetze für obsolet erklärt.
Diese Entwicklung ist auch Teil des TTIP-Problems: Dort werden nämlich die klassischen, demokratisch legitimierten Gesetzgeber verpflichtet, Verträge umzusetzen, deren Inhalt sie vorher weder kennen noch beschließen dürfen.