Politik

Die Banken-Krise ist zurück: Probleme in Ungarn und Portugal

Ungarn und Portugal verlangen wegen neuer Risiken höhere Kapitalpuffer von ihren Banken. In Ungarn sind vor allem österreichische Banken betroffen. In Portugal müssen Senior Bondholder die Novo Banco retten. Dies betrifft vor allem institutionelle Anleger aus Europa.
31.12.2015 01:56
Lesezeit: 3 min

Ungarns Notenbank fordert von neun führenden Banken zusätzliche Kapitalpuffer. Mit dem Schritt wolle Ungarn das Finanzsystem stärken, teilte die Zentralbank des osteuropäischen Landes am Mittwoch mit. Die neuen Anforderungen an die Banken sollten ab Januar 2017 gelten. Zu den Kreditinstituten gehörten unter anderen OTP Bank, die HVB-Mutter UniCredit sowie die beiden österreichischen Institute Raiffeisen und Erste. Der zusätzliche Kapitalpuffer betrage bis zu zwei Prozent der Risikopositionen des betroffenen Geldhauses.

Die systemrelevanten Banken in Portugal müssen künftig ebenfalls mehr Kapital vorhalten. Portugals Zentralbank teilte am Dienstag mit, ab Januar 2017 müssten die bedeutendsten Geldhäuser des südeuropäischen Landes die Polster aufstocken. Der zusätzliche Kapitalpuffer betrage je nach Institut zwischen 0,25 Prozent bis zu einem Prozent der Risikopositionen. Für die größte börsennotierte Bank Portugals, Millennium, sei der Puffer auf 0,75 Prozent festgelegt worden. Banco BPI und die Santander-Tochter Totta müssten 0,5 Prozent vorhalten.

Portugal musste vor wenigen Tagen zum zweiten Mal binnen zwei Jahren mit Milliardenlasten für den Steuerzahler eine Bank retten. Das angeschlagene Institut Banif wird auf Staatskosten an den spanischen Finanzkonzern Santander verkauft. Dessen Tochter Totta übernimmt für 150 Millionen Euro das auf der Atlantikinsel Madeira beheimatete Geldhaus. Zugleich bekommt die vergleichsweise kleine Bank eine staatliche Kapitalspritze von knapp 2,3 Milliarden Euro. Die EU-Kommission genehmigte dies am Montag. "Banif hat bereit viele Staatshilfen bekommen und ist aus eigener Kraft nicht existenzfähig", erklärte die zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager.

Der neue sozialistische Ministerpräsident Antonio Costa sagte in einer Fernsehansprache, die Kosten für den Steuerzahler seien "sehr hoch". 489 Millionen Euro kämen vom portugiesischen Bankenfonds, 1,77 Milliarden Euro direkt vom Staat. Es sei rechtlich aber die einzige Möglichkeit, Bankkunden zu schützen und die Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten. Bereits 2014 musste der Staat das zweitgrößte heimische Geldhaus Banco Espirito Santo retten - mit insgesamt 4,9 Milliarden Euro. Sie existiert unter dem neuen Namen Novo Banco weiter. Portugal hatte erst vor einem Jahr den Euro-Rettungsschirm verlassen.

Banif hat einen Marktwert von 91 Millionen Euro. Ende September beliefen sich die Einlagen auf sechs Milliarden Euro. Die Bank war ins Schlingern geraten, nachdem sie mehr als 700 Millionen an Krediten - die der Staat während der Finanzkrise gewährte - nicht zurückzahlen konnte. Dieser übernahm deshalb 60,5 Prozent der Aktien. Santander kauft nur die gesunden Teile von Banif, die problematischen Teile werden ausgelagert.

Die Novo Banco muss ihrerseits von den Senior Bondholdern gerettet werden. Es trifft folgende Bonds:

Dies trifft vor allem institutionelle Anleger - also zahlreiche europäische Banken, wie die Aufstellung zeigt:

Portugals Ministerpräsident António Costa hat den internationalen Geldgebern Versagen bei der Überwachung des Finanzsystems seines Landes vorgeworfen. Die sogenannte Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Weltwährungsfonds IWF habe gravierende Probleme im Bankensektor übersehen, sagte der Regierungschef des früheren Euro-Krisenlandes der Zeitung Jornal de Notícias.

Nach dem Ende des EU-Rettungsprogramms für Portugal hätten zwei Banken - Banco Espírito Santo (BES) und Banif - vom Staat vor dem Zusammenbruch bewahrt werden müssen. "Man hat nicht dort hingeschaut, wo man hätte hinschauen müssen", meinte der Sozialist. Die Inspektoren der Geldgeber hätten viel Zeit damit verloren, die Finanzen der Regierung, der Bezirke und der Gemeinden zu überprüfen, aber nicht den Bankensektor kontrolliert.

Portugal war 2011 mit einem Hilfsprogramm von 78 Milliarden Euro vor einem Staatsbankrott bewahrt worden. Dafür musste das Land sich zu drastischen Einsparungen verpflichten und seine Finanzen einer Kontrolle der Troika unterstellen.

EZB-Vizepräsident Vitor Constancio hat die Bereitschaft der Europäischen Zentralbank (EZB) untermauert, ihre Geldpolitik notfalls weiter zu lockern, um das Inflationsziel von knapp unter zwei Prozent auf mittlere Sicht zu erreichen. "Wir haben ganz sicher unsere Werkzeuge, die helfen könnten, unser Ziel zu erreichen, und wenn das nötig werden sollte, werden wir diese auch nutzen", sagte Constâncio im vorab veröffentlichten Interview der "Börsen-Zeitung". Zuletzt lag die Inflationsrate in Euroland bei 0,2 Prozent.

Der EZB-Rat hatte Anfang Dezember seine Politik weiter gelockert - allerdings weniger stark als erwartet. Volkswirte und Marktakteure rätseln nun, ob die Euro-Hüter 2016 nachlegen - während die US-Notenbank die Zinswende eingeläutet hat.

Constancio sagte, er hoffe, dass die Euro-Hüter ihre Geldpolitik "in absehbarer Zeit nicht wieder ändern müssten". Entscheidend sei aber der Inflationsausblick. Zumal angesichts des erneuten Ölpreisrückgangs halten viele Beobachter die EZB-Prognosen zur Teuerung für zu optimistisch.

Zudem forderte er weitere Integrationsschritte in Europa ein: "Die Alternative wäre, die ganze Konstruktion Europas in Frage zu stellen."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama Einwanderungsland Deutschland: Jeder vierte Mensch hat einen Migrationshintergrund
22.05.2025

Rund 21,2 Millionen Menschen mit Einwanderungsgeschichte haben im vergangenen Jahr in Deutschland gelebt. Das sind vier Prozent mehr als im...

DWN
Politik
Politik AfD Ausschussvorsitz: Schwarz-Rot verhindert AfD-Politiker - Alle sechs AfD-Kandidatin scheitern
22.05.2025

In sechs Ausschüssen des Bundestags hat die Partei „Alternative für Deutschland“ ein Vorschlagsrecht. Wie die SPD haben CDU und CSU...

DWN
Finanzen
Finanzen Erfolgreich in Kunst investieren: Warum Gemälde, Märkte und NFTs neue Anlagechancen bieten
22.05.2025

Wenn Aktien schwanken und Märkte auf Sicht fahren, wird Kunst zur strategischen Alternative. Wie Gemälde, Sammlerstücke und digitale...

DWN
Politik
Politik Russisches Schatten-Schiff vor Polens Küste: NATO greift ein
22.05.2025

Ein russisches Schiff kreuzt verdächtig nahe eines NATO-Kabels in der Ostsee – dann greift ein Bündnisstaat ein. Was steckt hinter dem...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ohne Bürokratieabbau, kein Handwerk: KMU geben Politik klare Handlungsempfehlung für Bürokratieabbau
22.05.2025

Rund 75 Arbeitstage pro Jahr verlieren Betriebe im Handwerk an produktiver Zeit durch Bürokratie. Eine Studie der Handwerkskammer Dresden...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Briefträger als Beamter? Post, Telekom, Postbank haben noch tausende verbeamtete Mitarbeiter
22.05.2025

Wer Beamter ist, arbeitet für den Staat – oder? Das stimmt zwar in den allermeisten Fällen. Doch es gibt Ausnahmen: Mancher Beamter ist...

DWN
Panorama
Panorama Schüsse in Washington: Zwei Mitarbeiter der Israels Botschaft in den USA erschossen
22.05.2025

Zwei Mitarbeiter der israelischen Botschaft in Washington sind am Mittwochabend gegen 21 Uhr Ortszeit durch Schüsse in der Nähe des...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Automobilindustrie will nicht mehr in Deutschland investieren: Autozulieferer legen Investitionen auf Eis
22.05.2025

Laut einer Umfrage des Verbands der Automobilindustrie (VDA) wollen mehr als drei Viertel der Zulieferer (76 Prozent) ursprünglich in...