Die Furcht vor einer anhaltenden Konjunkturschwäche hat am Freitag auch Investoren an der Wall Street erfasst. Auslöser war der anhaltende Kurssturz an den Ölmärkten: Die richtungsweisende Sorte Brent aus der Nordsee brach zeitweise um 6,7 Prozent auf 28,82 Dollar ein und notierte damit so niedrig wie zuletzt im Februar 2004. US-Leichtöl verbilligte sich um 6,6 Prozent auf 29,13 Dollar. Das ist der niedrigste Stand seit November 2003. Ein Grund für die Entwicklung ist, dass Öl aus dem Iran auf dem Weltmarkt erwartet wird, wo es ohnehin ein Überangebot gibt. Für Verdruss sorgten auch Konjunkturdaten aus den USA. Die Einzelhändler verabschiedeten sich vom Jahr 2015 überraschend mit einem Umsatzrückgang. Das ungewöhnlich milde Wetter sorgte etwa dafür, dass wenig Winterkleidung gekauft wurde.
Der Dow-Jones-Index schloss 2,4 Prozent tiefer auf 15.988 Punkten. Zeitweilig war der Index bis auf 15.842 Stellen abgesackt. Beim S&P 500 betrug der Rückgang 2,2 Prozent auf 1880 Punkte. Das ist der tiefste Stand seit August 2014. Der Nasdaq-Index verlor 2,7 Prozent auf 4488 Zähler. Im Wochenvergleich ergibt sich damit für den Dow und den S&P ein Minus von je 2,2 Prozent und für die Nasdaq von 3,3 Prozent.
Bei den Einzelwerten konzentrierten sich die Anleger vor allem auf Unternehmensbilanzen und dabei besonders auf die Banken. Citigroup fiel 6,4 Prozent. Beim Konkurrenten Wells Fargo betrug das Minus 3,6 Prozent. Beide mussten Ende 2015 mehr Geld für ausfallgefährdete Kredite zurücklegen, weil immer mehr Firmen aus dem Energiesektor wegen des Ölpreisverfalls in die Bredouille geraten.
Sehr enttäuscht zeigten sich Anleger vom Chiphersteller Intel. Ausgerechnet beim Geschäft mit Rechenzentren, das als Hoffnungsträger gilt, verlangsamte sich das Wachstum. Die Aktie gab 9,1 Prozent nach.
Aktien von Wal-Mart verloren 1,8 Prozent, schlugen sich damit aber noch besser als der Gesamtmarkt. Der weltgrößte Einzelhändler schließt weltweit 269 Filialen, davon 115 außerhalb des heimischen Marktes.
Die Baisse auf dem Ölmarkt macht den Energiekonzernen weiter zu schaffen: Die Anteilsscheine von Exxon und Chevron verbilligten sich jeweils um rund zwei Prozent.
In Frankfurt verlor der Dax 2,5 Prozent auf ein Drei-Monats-Tief von 9545,27 Punkte. Der EuroStoxx50 fiel um 2,4 Prozent auf 2952,48 Zähler. "Während sich Autofahrer über günstige Benzinpreise freuen, sorgen sich die Börsen über eine Pleitewelle im Energiesektor", erklärte Jochen Stanzl, Analyst beim Online-Broker CMC Markets.
Ein übriges taten wenig überzeugende Daten aus den USA. Die US-Firmen räumten ihre Lager im November so stark wie seit 2011 nicht mehr, ein Signal dafür, dass die US-Wirtschaft zuletzt an Schwung verloren hat.
Auslöser der Verkaufswelle am Freitag waren Spekulationen, dass bald auch der Iran wieder mehr Öl exportieren dürfte. Denn sollte die Internationale Atomenergiebehörde dem Iran die Erfüllung der Bedingungen des Atomabkommens vom Sommer bescheinigen, können die Sanktionen des Westens aufgehoben werden. Viele Börsianer sprechen von einem Preiskampf unter den Förderern, die ihre Marktanteile angesichts des Überangebots verteidigen wollen.
Befeuert wurden Konjunkturängste zudem erneut auch durch die Entwicklung in China, der nach den USA zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. So wurden im Dezember weniger Unternehmenskredite vergeben. Chinas Börsen verloren drei Prozent.
An der New York Stock Exchange wechselten rund 1,48 Milliarden Aktien den Besitzer. 529 Werte legten zu, 2591 gaben nach und 66 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von 2,75 Milliarden Aktien 503 im Plus, 2375 im Minus und 111 unverändert.
Die US-Kreditmärkte waren dagegen als sicherer Hafen gefragt. Die zehnjährigen Staatsanleihen gewannen 22/32 auf 102-1/32. Die Rendite sank auf 2,023 Prozent. Der 30-jährige Bond erhöhte sich um 1-26/32 auf 103-30/32 und rentierte mit 2,804 Prozent.