Niedrige Ölpreise und hohe Abschreibungen haben dem österreichischen Erdöl- und Gaskonzern OMV einen Verlust in Höhe von 1,1 Milliarden Euro beschert, wie Reuters am Donnerstag berichtete. Die Dividende für das vergangene Geschäftsjahr soll von 1,25 Euro auf einen Euro je Aktie gekürzt werden, wie der teilstaatliche Konzern mitteilte. „Wir haben schwierige Jahre vor uns, die Öl- und Gaspreise sind im Keller. Eine Erholung ist nicht in Sicht“, sagte der ehemalige Wintershall-Chef, der im vergangenen Juli die Führung von Österreichs größtem Industriekonzern übernommen hatte. Die OMV-Aktie fiel zur Eröffnung der Börse um 2,3 Prozent auf 24 Euro.
Der Preisverfall bei Erdöl wird als Hauptgrund dafür genannt, warum OMV im vergangenen Jahr Wertberichtigungen in Höhe von drei Milliarden Euro vornehmen musste. Die Explorationsausgaben sollen nach Angaben von OMV deshalb in den kommenden zwei Jahren auf 300 Millionen Euro jährlich halbiert werden. „Wir leben seit Jahren über unsere Verhältnisse“, kritisierte Seele. Auf dem Unternehmen lasten Schulden von rund vier Milliarden Euro. Oberste Priorität habe die Steigerung der Profitabilität. „Dividenden auf Pump“ soll es künftig nicht mehr geben, sagte Seele.
Die OMV setzt trotz der Spannungen zwischen dem Westen und Russland auf den Einstieg in den russischen Markt. Dort seien die Produktionskosten niedriger als etwa in der Nordsee oder in Rumänien. OMV will sich mit knapp 25 Prozent an einem Teil des sibirischen Öl- und Gasfelds Urengoy beteiligen und bietet dem russischen Ölkonzern Gazprom im Gegenzug Anteile an Unternehmensteilen an. Wie dieses Tauschgeschäft im Detail aussehen wird, ist weiterhin offen.
Von politischem Druck will sich der Firmenchef nicht beeinflussen lassen. „Wirtschaftliche Aspekte sind für uns die vorrangigen Aspekte“, sagte Seele. Auch für das zweite anvisierte Geschäft mit Gazprom, der Beteiligung am politisch umstrittenen Pipeline-Projekt Nord Stream 2, gibt sich der OMV-Chef zuversichtlich. „Das ist ein sicherer Gewinnbringer. Wir investieren in eine unschlagbare Strategie und das Risiko ist denkbar gering“, sagte Seele.
Die EU-Kommission prüft, ob der geplante Bau der zweiten Ostsee-Gaspipeline von Russland nach Deutschland mit EU-Recht vereinbar ist. Zur Begründung verwies die Brüsseler Behörde darauf, dass nach Vollendung von Nord Stream 2 womöglich 80 Prozent des deutschen Gasbedarfs über die Ostsee-Pipelines abgedeckt würden und damit der Marktanteil von Gazprom steigen dürfte. Der Hauptgrund für das Vorgehen der EU dürfte allerdings darin bestehen, amerikanischem Druck nachzugeben.
Die USA, welche mit der Fracking-Technologie auf den Ölmarkt drängen, müssen in einen Verdrängungswettbewerb mit etablieren Anbietern wie Russland und den Ländern im Nahen Osten treten, um sich neue ausländische Absatzmärkte zu erschließen. Die Krise in der Ukraine und die daraus abgeleiteten Sanktionen stellen ein Instrument amerikanischer Außen- und Energiepolitik dar, um bestehende Kundenbeziehungen in Europa aufzubrechen oder neue zu verhindern. Sanktionen gegen Russland dürften ein zentraler Schlüssel im Rahmen dieser Strategie sein. Die Konfrontation mit Russland und die Blockade der Gasversorgung Europas sind dazu geeignet, um einem Szenario der Substitution von russischem Erdgas durch andere Versorgungsquellen Vorschub zu leisten.