Die frühere US-Außenministerin Madeleine Albright hat in einem Interview Russland beleidigt - und Bangladesch gleich dazu. In einem Interview mit der österreichischen Zeitung Die Presse sagte Albright auf die Frage, dass sich Russland vom Westen in der Libyen-Frage betrogen fühlen könnte:
"Ich habe die Nase voll, dass man immer Entschuldigungen für Russland sucht. Russland ist ein Land, das provoziert und sich dann beleidigt fühlt. Russland hat eine Identitätskrise durchgemacht: Ich werde nie vergessen, wie einmal in den 1990er-Jahren nahe Moskau ein Mann zu mir sagte: „Ich schäme mich so. Wir waren eine Supermacht, und jetzt sind wir Bangladesch mit Raketen.“ Putin hat sich das zunutze gemacht und erklärt: „Ich werde Russland wieder aufrichten und zu alter Größe zurückführen.“
Wenig später im Interview machte sich Albright dieses angebliche Zitat zu eigen und sagte auf den Hinweis des Reporters auf Putins wirtschaftliche Erfolge:
"Auf Basis hoher Ölpreise, was jetzt nicht mehr der Fall ist. Putin hat den Nationalismus etabliert, um die Russen davon abzulenken, dass ihr Land bloß ein Bangladesch mit Raketen ist."
Ob dieses Zitat wirklich von einem Russen stammt, kann nicht überprüft werden. Es ist allerdings geeignet, in mehrere Richtungen zu beleidigen: Die Russen, aber auch die Menschen in Bangladesch, die in diesem Zusammenhang mit Herablassung und Zynismus herabgewürdigt werden.
Von Putin hält Albright ohnehin gar nichts. Sie sagte:
"Er ist smart, aber er ist ein wirklich böser Mensch. Ein KGB-Offizier, der Kontrolle ausüben will und glaubt, dass sich alle gegen Russland verschworen haben. Was nicht stimmt. Putin hatte schlechte Karten, spielte sie aber gut aus. Zumindest kurzfristig. Ich glaube, sein Ziel besteht darin, die EU zu unterminieren und zu spalten. Er will, dass die Nato aus seiner Einflusssphäre verschwindet."
Albright weilte aus Anlass einer Veranstaltung von George Soros`"Europäischer Stabilitätsinitiative" (ESI) in Wien. Die ESI hat das Konzept für den Türkei-EU-Deal in der Flüchtlingsfrage entworfen.
Vor dem Hintergrund solche Aussagen einer immer noch bei den Neocons durchaus einflussreichen Politikerin erscheinen die Ergebnisse des Nato-Russland-Gipfels eher dürftig: Es gebe weiterhin tiefgreifende Unstimmigkeiten zwischen beiden Lagern, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach der Sitzung des Nato-Russland-Rates in Brüssel. "Das hat sich durch dieses Treffen nicht geändert." Die Diskussionen beschrieb Stoltenberg als offen und ehrlich. "Gerade weil wir nicht übereinstimmen, ist es umso wichtiger, dass wir uns treffen", unterstrich er.
Vor allem zur Krise in der Ukraine gebe es aber unterschiedliche Ansichten. Viele Nato-Mitglieder stimmten demnach nicht mit der Darstellung Russlands überein, dass es sich bei dem Konflikt in der Ostukraine um einen Bürgerkrieg handele. Der Nato-Generalsekretär warf Russland vor, für die Destabilisierung der Ostukraine verantwortlich zu sein und die Separatisten mit Munition, Ausrüstung und Finanzmitteln zu unterstützen.
Russlands Nato-Botschafter Alexander Gruschko hat den USA Provokationen vorgeworfen und vor militärischen Konsequenzen gewarnt. Vergangene Woche habe sich ein US-Zerstörer unweit von Kaliningrad in der Ostsee aufgehalten. Dies sei ein Versuch der Vereinigten Staaten, militärischen Druck auf Russland auszuüben. "Wir werden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen und Vorkehrungen treffen, um solche Versuche der Anwendung militärischer Gewalt auszugleichen", sagte Gruschko am Mittwoch nach der ersten Sitzung des Nato-Russland-Rats seit fast zwei Jahren. Auch die Beziehungen zur Nato würden sich nicht verbessern, so lange die Bündnispartner ihre militärischen Aktivitäten an den Grenzen zu Russland nicht zurückschraubten.
Albrights Aussagen sind mehr als nur ein paar abfällige Sprüche einer Politikerin im Ruhestand. Albright hat sich für Hillary Clinton als US-Präsidentin ausgesprochen und hat ein enges Verhältnis mit der Kandidatin der Demokraten. Auf die Frage, welche Außenpolitik Clinton machen werde, sagte Albright:
"Ihre außenpolitische Vision kreist um den Terminus „Smart Power“, eine Kombination aus Diplomatie, kultureller und wirtschaftlicher Unterstützung, sozialen Medien und Militärmacht. Sie ist eine gute Freundin, und ich unterstütze sie. Sie hat mehr Erfahrung als jeder Kandidat, der sich je für das Präsidentenamt beworben hat – nicht nur als First Lady, auch als Senatorin, als sie viel mit dem Pentagon in Kontakt war, und schließlich als Außenministerin."
Angesichts solcher Töne ist es wenig verwunderlich, dass sich viele Russen die alte Sowjetunion wieder wünschen: Die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS berichtet von einer Umfrage, derzufolge eine knappe Mehrheit der Russen gerne wieder die UdSSR zurückhätte. Allerdings liegt die Zahl weit hinter den 75 Prozent, die in der Vor-Putin-Ära zurück zu den alten Verhältnissen wollte.