Die Europäische Union hat mit Sanktionen gegen Politiker in Mazedonien gedroht, um ein weiteres Abgleiten den Balkanstaates ins Chaos zu verhindern. Mit Strafmaßnahmen belegt werden könnten diejenigen, die die Beilegung der seit mehr als einem Jahr schwelende Krise verhinderten, sagte am Donnerstag ein EU-Vertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte, zu Reuters. Möglich seien Einreiseverbote in die EU sowie das Einfrieren von Konten.
Auslöser der Krise waren Vorwürfe der Opposition gegen den inzwischen zurückgetretenen Ministerpräsidenten Nikola Gruevski. Er soll demnach das Abhören von mehr als 20.000 Oppositionellen angeordnet zu haben. Zu heftigen Protesten in der Bevölkerung kam es, als Präsident Gjorge Ivanov in der vergangenen Woche eine Amnestie für 56 mutmaßlich in den Abhörskandal verstrickte Personen erließ.
Auch am Dienstagabend haben in Skopje erneut tausende Menschen für einen Rücktritt von Ivanov und eine Verschiebung der vorgezogenen Parlamentswahl demonstriert. Sie hielten Plakate mit Aufschriften wie „Keine Gerechtigkeit, kein Frieden“ oder „Tritt zurück, Ivanov“ hoch. Auch in anderen Städten Mazedoniens fanden Demonstrationen statt. Es war der achte Tag in Folge mit Protesten gegen Ivanov.
Ein von der EU vermitteltes Treffen der Regierung Mazedoniens mit der Opposition zur Lösung der politischen Krise in dem Balkanland ist abgesagt worden. Die für Freitag in Wien angesetzten Gespräche von Vorsitzenden der vier größten mazedonischen Parteien fielen aus, hieß es am Donnerstag in einer Mitteilung von EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn und weiteren EU-Abgeordneten.
Der Parteichef der oppositionellen Sozialdemokraten, Zoran Zaev, hatte seine Teilnahme an dem Treffen in Wien abgesagt und gefordert, das umstrittene Amnestiegesetz von Präsident Djordje Ivanov aufzuheben.
Zudem forderte Zaev, die nach EU-Vermittlung für den 5. Juni angesetzten Neuwahlen zu verschieben. Die Opposition will die Wahl boykottieren, weil die Voraussetzungen nicht erfüllt seien.