Am Mittwoch beginnt die Europäische Zentralbank mit dem regelmäßigen Ankauf von Unternehmensanleihen. Die bloße Ankündigung des Programms hatte in den vergangenen Wochen bereits dazu geführt, dass die Renditen gefallen sind, wie Bloomberg berichtet. Der durchschnittliche Ertrag bei risikoarmen Anleihen der Güte Investment Grade fiel am Montag auf den tiefsten Stand seit mehr als einem Jahr und erreichte fast die Marke von 1 Prozent.
Für Unternehmen sind das gute Nachrichten, weil die Finanzierungsbedingungen günstig sind – entsprechend stark haben sie in den vergangenen Wochen neue Schulden aufgenommen. Mehr als 50 Milliarden Euro wurden im Mai in der Eurozone aufgenommen. Exemplarisch dafür steht der französische Gaskonzern Air Liquide, der am Montag mit fünf Anleihen insgesamt 3 Milliarden Euro am Markt eingesammelt hat. Die Tatsache, dass nur eine der Anleihen einen Zinskupon von über 1 Prozent aufwies, zeigt die neue Normalität im Anleihensektor an: das Zinsniveau bei Unternehmensanleihen könnte solange gedrückt werden, wie die EZB am Markt aktiv ist.
Aus Sicht der Investoren hat das Anleihekaufprogramm jedoch zur Folge, dass eine weitere Anlageklasse aufgrund der Intervention der EZB keine nennenswerten Renditen mehr bietet. „Für Investoren auf der Suche nach höheren Erträgen ist das Programm schmerzhaft – sie müssen nun mühevoll nach guten Erträgen suchen. Die EZB kauft neben gedeckten Schuldverschreibungen, forderungsbesicherten Schuldverschreibungen und Staatsanleihen nun auch Unternehmensanleihen auf – Investoren sorgen sich, dass die EZB sie aus den Märkten drängen wird“, schreibt Bloomberg.
Die expansive Geldpolitik der großen Zentralbanken hat die Renditen an den Anleihemärkten weltweit unter Druck gebracht. Dies hat dazu geführt, dass gegenwärtig sogar Staatsanleihen mit negativen Zinsen im Gesamtumfang von über 10 Billionen Euro kursieren – Investoren bezahlen also die Staaten, um ihnen Geld leihen zu dürfen. „Die Aussichten auf durchschnittliche Renditen unter einem Prozent sind angsteinflößend. Investoren werden aus ihrer Komfortzone gedrückt in hochriskante Sektoren, in denen sie sich nicht genügend auskennen“, zitiert Bloomberg einen Anlagestrategen.