„Ist jetzt nicht der Zeitpunkt gekommen, über einen Neustart der Beziehungen zur Türkei zu reden? Wir entfernen uns doch mit jedem Tag vom Ziel einer türkischen Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union“, sagte Weber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Der CSU-Politiker bezog sich zustimmend auf die Kritik, die EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) zuletzt am türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geübt hatte. Schulz hatte die verbalen Attacken Erdogans gegen Bundestagsabgeordnete nach der Armenien-Resolution des deutschen Parlaments als „absoluten Tabubruch“ bezeichnet.
Weber sagte, er sehe „Anzeichen“ dafür, dass die Sozialdemokraten ihre Linie gegenüber der Ankara änderten. „Ich spüre da eine deutliche Entfremdung von der Türkei.“ Der EVP-Fraktionschef fügte hinzu, die Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU sei „eine Lebenslüge einer ganzen Politikergeneration“ gewesen. Es sei nun Zeit, bei den EU-Beitrittsverhandlungen reinen Tisch zu machen.
„Wir lügen uns doch gegenseitig an, wenn wir so tun, als gäbe es das Ziel Vollmitgliedschaft noch. Ich kenne keinen Regierungschef, der das ernsthaft will“, sagte Weber. Es gehe ihm allerdings nicht um einen Bruch mit der Türkei, sondern um einen „realistischen Neustart“.
Der CSU-Politiker setzte sich dafür ein, der Türkei ein „attraktives Angebot“ zu machen. Als Kooperationsfelder nannte er neben der Migrationspolitik die Wirtschaftsbeziehungen und den Einsatz für Frieden in Syrien und seinen Nachbarstaaten.