Politik

UN-Gesandter bietet al-Nusra persönliches Geleit aus Aleppo an

Lesezeit: 2 min
06.10.2016 20:41
Der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura hat den islamistischen Söldnern in Aleppo angeboten, sie persönlich aus der Stadt zu geleiten. Die al-Nusra-Front wurde von den UN als Terror-Gruppe eingestuft und wurde lange Zeit von den USA offiziell unterstützt.
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Der UN-Sondergesandte für Syrien ist nach eigenen Worten bereit, in die umkämpfte Großstadt Aleppo zu reisen. Er würde in den Osten der Stadt gehen und bis zu 1000 islamistische Söldner aus dem Gebiet eskortieren, wenn dies dem Beschuss durch das russische und syrische Militär ein Ende setze, sagte Staffan de Mistura am Donnerstag in Genf. Die Geschichte werde darüber urteilen, ob Syrien und Russland die Anwesenheit von rund 900 Al-Nusra-Kämpfern einfach als Ausrede dafür nutzten, um die belagerte Stadt zu zerstören und Tausende Menschen zu töten. Unter den Belagerten sind auch etwa 100.000 Kinder.

De Mistura sagte an die rund 900 Kämpfer der Al-Nusra-Front gerichtet: "Wenn ihr euch dafür entscheidet, in Würde und mit euren Waffen zu gehen, bin ich persönlich bereit, euch zu begleiten." Damaskus und Moskau bat er, in diesem Fall die Bombardierungen auszusetzen.

"In spätestens zwei, zweieinhalb Monaten wird Ost-Aleppo wohl vollständig zerstört sein, wenn der Beschuss so weitergeht", sagte de Mistura. Dies gelte besonders für die weltberühmte Altstadt. Aleppo ist seit Jahren eine gespaltene Stadt, in der Regierungstruppen und Opposition unterschiedliche Gebiete halten.

Der Ost war vor geraumer Zeit von islamistischen und internationalen Kämpfern besetzt worden, die Regierung hält den Westteil.

Russland fordert seit langem den Abzug der al-Nusra-Söldner aus Aleppo, weil diese auch von den UN als Terroristen eingestuft werden. al-Nusra ist ein Teil von al-Kaida und hat es geschafft, zahlreiche andere Söldner-Gruppen hinter sich zu scharen. Der Grund ist einfach: Die al-Nusra ist seit Jahren vom Westen und den Golf-Staaten aufgerüstet worden und verfügt unter anderem über schwere Waffen. Sie hat sich einen neuen Namen gegeben, um ihre bisherigen Spuren zu verwischen, und spricht heute nicht vom Dschihad, sondern einer "Revolution" in Syrien. Tatsächlich will die Gruppe gemeinsam mit anderen Islamisten ein Emirat in Syrien errichten.

Die militärische Lage der Islamisten ist schlecht, weshalb die USA drohen, Syrien direkt anzugreifen. Russland hat angekündigt, einen Angriff gegen die syrische Armee ohne Vorwarnung zu beantworten. In den vergangenen Tagen haben Syrer und Russen erhebliche Geländegewinne gegen die Söldner erzielt. 

Syriens Präsident Baschar al-Assad hat die Rebellen im Osten Aleppos gewarnt, dass seiner Armee "keine Wahl" bleibe, als sie aus der Stadt zu vertreiben, wenn sie sich nicht auf eine Vereinbarung mit der Regierung einließen. Assad sagte in einem am Donnerstag ausgestrahlten Interview mit dem dänischen Sender TV2, die "beste Option" wäre eine "Versöhnung wie in anderen Gebieten", wo die Rebellen örtliche Waffenruhen mit der Regierung vereinbart haben.

Andernfalls müsse er "den Kampf gegen die Rebellen fortsetzen, bis sie Aleppo verlassen", sagte Assad. "Es gibt keine andere Wahl." Die Regierung hatte am 22. September kurz nach dem Scheitern einer Waffenruhe eine Großoffensive auf den Ostteil Aleppos verkündet, der vor vier Jahren von den Rebellen überfallen und besetzt worden war.

Assad bestritt in dem Interview, den Ostteil Aleppos zu belagern und gezielt Kliniken zu bombardieren. "Wir haben niemals verhindert, dass Medikamente oder Nahrungsmittel oder irgendwas anderes nach Ost-Aleppo gelangt", sagte Assad. "Es gibt kein Embargo." Zudem verfolge seine Regierung "nicht die Politik, Krankenhäuser oder Schulen oder andere derartige Einrichtungen zu zerstören". Damit würde sie "sich selbst in den Fuß schießen", da dies die Opposition stärken würde.

Die syrische Armee kündigte am Mittwochabend an, die Angriffe zu "reduzieren", um der Bevölkerung die Flucht zu erlauben. Die Söldner haben die Praxis, die Zivilbevölkerung als menschliche Schutzschilde einzusetzen.


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