Unternehmen

Investoren zweifeln am langen Atem der Samwer-Brüder

Lesezeit: 2 min
09.10.2016 02:29
US-Investoren zweifeln an den einstigen Lieblingen der Internet-Branche: Das Talent der Samwer-Brüder, die mit vielen Rocket Internet-Beteiligungen hohe Verluste schreiben, könnte eher im Aufbau als in der Führung von Unternehmen liegen.
Investoren zweifeln am langen Atem der Samwer-Brüder
Die Aktie von Rocket Internet hat deutlich an Wert verloren. (Grafik: Ariva.de)
Foto: sirius

Die Begeisterung der Investoren für Rocket Internet ist verfolgen. Seit dem Börsengang im Oktober 2014 hat Rocket Internet mehr als die Hälfte an Wert verloren. Der Ausgabepreis lag damals bei 42,50 Euro je Aktie. Das Geschäftsmodell von Rocket Internet besteht darin, junge Internet-Unternehmen zu etablieren. Zu den großen Beteiligungen gehören HelloFresh, Foodpanda, Jumia, Home24 und Westwing.

Am Freitagmittag lag der Kurs von Rocket Internet bei 19,70 Euro. Im ersten Halbjahr musste das Unternehmen einen Verlust von 617 Millionen Euro bekanntgeben. Hauptgrund waren Abschreibungen auf den Online-Modehändler Global Fashion Group. Doch auch andere der Rocket-Beteiligungen bescheren dem Unternehmen nun deutliche Verluste. Der Online-Möbelhändler Home24 wurde bei einer neuen Finanzspritze mit 420 Millionen Euro bewertet. Zuvor hatte die Bewertung bei 981 Millionen gelegen. Im Frühjahr war schon die Bewertung der Global Fashion Group, in der mehrere Rocket-Beteiligungen im Fashionhandel zusammengefasst sind, von 2,8 Milliarden Euro im Vorjahr auf eine Milliarde Euro in der neuen Finanzierungsrunde gesunken.

Dennoch bekräftigte Rocket-Chef Oliver Samwer nach dem Halbjahresverlust das Ziel, bis Ende 2017 drei Beteiligungen operativ profitabel zu machen. Bisher steckten die wichtigsten Rocket-Beteiligungen allesamt selbst beim bereinigten operativen Ergebnis in den roten Zahlen. Oliver Samwer erklärte stets, im Online-Handel seien Anfangsjahre mit hohen Investitionen und Verlusten unvermeidbar, um die nötige Größe zu erreichen.

Die schlechten Ergebnisse der Firmen wie Home24 und der Global Fashion Group treffen nicht nur Rocket Internet. Etliche Investoren haben in der Vergangenheit in Start-ups investiert, die Rocket Internet vorgestellt hat. Im November beispielsweise pries Oliver Samwer von Rocket Internet das Start-up Nestpick an. Dabei handelt es sich um eine Art Airbnb für Studenten. 11 Millionen Euro sammelte Rocket Internet für Nestpick bei Investoren ein. Ein halbes Jahr später kämpft Nestpick mit schlechten Zahlen und hat sich von fast allen seiner 140 Mitarbeiter getrennt. Was Rocket Internet offenbar nicht bedachte, war, dass im Gegensatz zu Airbnb Nestpick es bei Studenten mit einer sehr stark saisonbedingten Kundschaft zu tun hat, so die Nachrichtenagentur Bloomberg. Vor allem zu Beginn eines Semesters werden Zimmer nachgefragt. Die Nachfrage geht aber auch schnell wieder zurück.

Zweifel an Rocket Internets Zukunft lässt Oliver Samwer nicht zu. Das Unternehmen sei in einer besseren Verfassung als jemals zuvor, sagte er in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg. Er verwies dabei auf die 30.000 Angestellten in 120 Ländern, auf 1,7 Milliarden Euro Cash und einen neuen Co-Investment-Fonds. Rocket Internet profitiert gegenüber Investoren momentan noch, weil innerhalb der EU nicht so viele große Internetunternehmen existieren, die ein so breites Spektrum an Start-ups in ihrem Portfolio aufweisen. Allerdings waren die Start-ups von Rocket Internet nicht immer das, was man gemeinhin als sehr innovativ bezeichnen würde. Viele orientierten sich einfach stark an Unternehmen auf dem US-Markt. Samwer zufolge liege derzeit der Fokus nicht auf dem Aufbau neuer sogenannter copycat-Unternehmen sondern auf dem Wandel hin zum Profit bei den bereits vorhandenen Unternehmen. Man habe Investoren nie den schnellen Reichtum versprochen, so Samwer.

Insofern bewertet er den Verlust vieler Firmen, an denen Rocket Internet beteiligt ist, im Interview ebenfalls nicht negativ. „Unser Fokus liegt nicht darin, auszusteigen“, so Samwer. „Unser Fokus liegt darauf, Unternehmen aufzubauen und sie über einen langen Zeitraum zu halten.“ Rocket Internet versucht, Investoren durch Wachstumspotential und Fachwissen zu überzeugen. „Ich glaube, die Menschen spüren unsere Erfahrung und unseren Glauben an das, was wir tun“, sagt Smawer weiter. Der Rest liege bei den Investoren, da gebe es keinen speziellen Zauber.

Doch nicht nur die Beteiligungen von Rocket Internet sorgen für negativen Gesprächsstoff. Auch die Handhabe der Samwer Brüder insgesamt ist umstritten. Von den vier ursprünglichen Geschäftsführer bei Rocket, Florian Heinemann, Felix Jahn, Christian Weiss und Uwe Horstmann, ist keiner mehr im Unternehmen. Rocket selbst sprach damals von „persönlichen Entscheidungen“. Ein großer Teil des PR-Teams hat das Unternehmen mittlerweile ebenfalls verlassen. Samwer selbst sagt Bloomberg, dass die Personalfluktuation bei Rocket nicht ungewöhnlich hoch ist. Und, dass Manager gehen, „ist normal bei dem Aufbau eines großen Unternehmens“.

 

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose: Kryptowährung mit neuem Rekordhoch - geht es jetzt Richtung 100.000 US-Dollar?
21.11.2024

Neues Bitcoin-Rekordhoch am Mittwoch - und am Donnerstag legt die wichtigste Kryptowährung direkt nach. Seit dem Sieg von Donald Trump bei...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Buch „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Memoiren schönschreibt
21.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
21.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Finanzen
Finanzen Von Dividenden leben? So erzielen Sie ein passives Einkommen an der Börse
21.11.2024

Dividenden-ETFs schütten jedes Jahr drei bis vier Prozent der angelegten Summe aus. Wäre das auch was für Ihre Anlagestrategie?...

DWN
Politik
Politik Weltstrafgericht erlässt auch Haftbefehle gegen Netanjahu und Galant - wegen Kriegsverbrechen im Gaza-Streifen
21.11.2024

Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den früheren...

DWN
Politik
Politik US-Staatsapparat: Tech-Milliardär Elon Musk setzt auf Technologie statt Personal - Unterstützung bekommt er von Trump
21.11.2024

Elon Musk soll dem künftigen US-Präsidenten Trump dabei helfen, Behördenausgaben zu kürzen und Bürokratie abzubauen. Er gibt einen...

DWN
Politik
Politik Neue EU-Kommission: Nach heftigen Streit auf „umstrittenes“ Personal geeinigt
21.11.2024

Nach erbittertem Streit haben sich die Fraktionen im EU-Parlament auf die künftige Besetzung der Europäischen Kommission geeinigt. Warum...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wirecard-Zivilprozess: Ein Musterkläger für 8500 Aktionäre - Kommt eine Entschädigung für Aktionäre?
21.11.2024

Holen sich Wirecard-Aktionäre jetzt eine Milliarden-Entschädigung von EY? Viereinhalb Jahre nach der Wirecard-Pleite geht es vor dem...