Die Begeisterung der Investoren für Rocket Internet ist verfolgen. Seit dem Börsengang im Oktober 2014 hat Rocket Internet mehr als die Hälfte an Wert verloren. Der Ausgabepreis lag damals bei 42,50 Euro je Aktie. Das Geschäftsmodell von Rocket Internet besteht darin, junge Internet-Unternehmen zu etablieren. Zu den großen Beteiligungen gehören HelloFresh, Foodpanda, Jumia, Home24 und Westwing.
Am Freitagmittag lag der Kurs von Rocket Internet bei 19,70 Euro. Im ersten Halbjahr musste das Unternehmen einen Verlust von 617 Millionen Euro bekanntgeben. Hauptgrund waren Abschreibungen auf den Online-Modehändler Global Fashion Group. Doch auch andere der Rocket-Beteiligungen bescheren dem Unternehmen nun deutliche Verluste. Der Online-Möbelhändler Home24 wurde bei einer neuen Finanzspritze mit 420 Millionen Euro bewertet. Zuvor hatte die Bewertung bei 981 Millionen gelegen. Im Frühjahr war schon die Bewertung der Global Fashion Group, in der mehrere Rocket-Beteiligungen im Fashionhandel zusammengefasst sind, von 2,8 Milliarden Euro im Vorjahr auf eine Milliarde Euro in der neuen Finanzierungsrunde gesunken.
Dennoch bekräftigte Rocket-Chef Oliver Samwer nach dem Halbjahresverlust das Ziel, bis Ende 2017 drei Beteiligungen operativ profitabel zu machen. Bisher steckten die wichtigsten Rocket-Beteiligungen allesamt selbst beim bereinigten operativen Ergebnis in den roten Zahlen. Oliver Samwer erklärte stets, im Online-Handel seien Anfangsjahre mit hohen Investitionen und Verlusten unvermeidbar, um die nötige Größe zu erreichen.
Die schlechten Ergebnisse der Firmen wie Home24 und der Global Fashion Group treffen nicht nur Rocket Internet. Etliche Investoren haben in der Vergangenheit in Start-ups investiert, die Rocket Internet vorgestellt hat. Im November beispielsweise pries Oliver Samwer von Rocket Internet das Start-up Nestpick an. Dabei handelt es sich um eine Art Airbnb für Studenten. 11 Millionen Euro sammelte Rocket Internet für Nestpick bei Investoren ein. Ein halbes Jahr später kämpft Nestpick mit schlechten Zahlen und hat sich von fast allen seiner 140 Mitarbeiter getrennt. Was Rocket Internet offenbar nicht bedachte, war, dass im Gegensatz zu Airbnb Nestpick es bei Studenten mit einer sehr stark saisonbedingten Kundschaft zu tun hat, so die Nachrichtenagentur Bloomberg. Vor allem zu Beginn eines Semesters werden Zimmer nachgefragt. Die Nachfrage geht aber auch schnell wieder zurück.
Zweifel an Rocket Internets Zukunft lässt Oliver Samwer nicht zu. Das Unternehmen sei in einer besseren Verfassung als jemals zuvor, sagte er in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg. Er verwies dabei auf die 30.000 Angestellten in 120 Ländern, auf 1,7 Milliarden Euro Cash und einen neuen Co-Investment-Fonds. Rocket Internet profitiert gegenüber Investoren momentan noch, weil innerhalb der EU nicht so viele große Internetunternehmen existieren, die ein so breites Spektrum an Start-ups in ihrem Portfolio aufweisen. Allerdings waren die Start-ups von Rocket Internet nicht immer das, was man gemeinhin als sehr innovativ bezeichnen würde. Viele orientierten sich einfach stark an Unternehmen auf dem US-Markt. Samwer zufolge liege derzeit der Fokus nicht auf dem Aufbau neuer sogenannter copycat-Unternehmen sondern auf dem Wandel hin zum Profit bei den bereits vorhandenen Unternehmen. Man habe Investoren nie den schnellen Reichtum versprochen, so Samwer.
Insofern bewertet er den Verlust vieler Firmen, an denen Rocket Internet beteiligt ist, im Interview ebenfalls nicht negativ. „Unser Fokus liegt nicht darin, auszusteigen“, so Samwer. „Unser Fokus liegt darauf, Unternehmen aufzubauen und sie über einen langen Zeitraum zu halten.“ Rocket Internet versucht, Investoren durch Wachstumspotential und Fachwissen zu überzeugen. „Ich glaube, die Menschen spüren unsere Erfahrung und unseren Glauben an das, was wir tun“, sagt Smawer weiter. Der Rest liege bei den Investoren, da gebe es keinen speziellen Zauber.
Doch nicht nur die Beteiligungen von Rocket Internet sorgen für negativen Gesprächsstoff. Auch die Handhabe der Samwer Brüder insgesamt ist umstritten. Von den vier ursprünglichen Geschäftsführer bei Rocket, Florian Heinemann, Felix Jahn, Christian Weiss und Uwe Horstmann, ist keiner mehr im Unternehmen. Rocket selbst sprach damals von „persönlichen Entscheidungen“. Ein großer Teil des PR-Teams hat das Unternehmen mittlerweile ebenfalls verlassen. Samwer selbst sagt Bloomberg, dass die Personalfluktuation bei Rocket nicht ungewöhnlich hoch ist. Und, dass Manager gehen, „ist normal bei dem Aufbau eines großen Unternehmens“.