Die Tengelmann-Gruppe treibt die Vorbereitungen für eine Zerschlagung ihrer verlustreichen Supermarktkette Kaiser's Tengelmann ungeachtet aller Appelle der Politik voran. Noch im Laufe des Montags sollten potentielle Käufer aufgefordert werden, Interessensbekundungen für die über 100 Märkte in Nordrhein-Westfalen abzugeben, sagte eine Tengelmann-Sprecherin. Der Chef des Familienkonzerns Tengelmann, Karl-Erivan Haub, gibt damit den Startschuss für die Zerschlagung. Die "Verwertungsphase" für die Filialen in Bayern und Berlin soll später beginnen. Zugleich wolle er aber weiter daran arbeiten, den ursprünglich geplanten Verkauf an Edeka doch noch möglich zu machen. Dieser wird durch Klagen der Konkurrenten Rewe, Norma und Markant blockiert. Kanzlerin Angela Merkel forderte weitere Gespräche zur Rettung der Arbeitsplätze.
Haub hatte Kaiser's Tengelmann vor zwei Jahren eigentlich an den Branchenprimus Edeka veräußern wollen. Dem schob das Bundeskartellamt aber einen Riegel vor. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel versuchte, das Veto des Kartellamts per Ministererlaubnis auszuhebeln. Doch scheiterte er damit an Klagen von drei Edeka-Konkurrenten vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Gespräche der Supermartkchefs über eine Rücknahme der Klagen und Kompensationen für Rewe, Norma und Markant waren in der vergangenen Woche ohne Ergebnis beendet worden. Doch die Hoffnungen auf eine Rettung sind noch nicht ganz geplatzt: Gabriel und Rewe-Chef Alain Caparros haben einen Schlichter ins Gespräch gebracht, der eine Lösung vermitteln soll. Die Gewerkschaft Verdi spricht zudem weiter mit den Handelsketten.
Die Unternehmen sollten nichts unversucht lassen, doch noch eine Einigung zu finden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Ein Sprecher von Bundeswirtschaftsminister Gabriel betonte, es gebe nach wie vor Lösungsmöglichkeiten, die von der Ministererlaubnis gedeckt seien. Die Frage eines Schlichters müsse zunächst von den Beteiligten selbst geklärt werden. Caparros hatte in einem Reuters-Interview Gabriel als Schlichter ins Spiel gebracht. Der Minister reagierte darauf zurückhaltend.
Haub, zu dessen Tengelmann-Gruppe unter anderem auch der Textildiscounter Kik und die Obi-Baumärkte gehören, hatte vorgerechnet, dass im Falle einer kompletten Zerschlagung rund 8000 der über 15.000 Arbeitsplätze auf der Kippe stehen. Diese rückt nun immer näher. Interesse an Kaiser's-Tengelmann-Filialen hatten unter anderem Rewe, Norma und Edeka angemeldet. Auch der Handelsverband Markant will sich einen Teil sichern: Markant bestätige ein "hohes Interesse an einer Übernahme von Filialen durch Handelspartner", erklärte ein Sprecher am Montag. Insidern zufolge hat auch die Signa Holding von Karstadt-Eigner Rene Benko ihre Fühler nach Teilen der Kette ausgestreckt .