Europa drohe eine Katastrophe, wenn die Regierung in Rom angesichts der Flüchtlingszustroms und des jüngsten Erdbebens ihr Budget für 2017 nicht wie geplant aufstocken dürfe, sagte Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan in einem am Sonntag veröffentlichten Interview der Zeitung "La Repubblica". Dann bliebe seinem Land nur derselbe Weg wie Ungarn, nämlich Mauern zur Abwehr von Flüchtlingen zu errichten. Das dürfe nicht sein. "Das wäre der Anfang vom Ende (der EU)."
Italien habe schon mehr für die Flüchtlinge ausgegeben als jedes andere Land Europas, betonte Padoan. "Bisher hat niemand unseren finanziellen Einsatz anerkannt ... Das ist ein politisches Problem, das die Zukunft unseres Kontinents betrifft." Bereits zuvor war schon Ministerpräsident Matteo Renzi auf Konfrontationskurs zu Brüssel gegangen, indem er eine Änderung seiner Etat-Pläne trotz EU-Kritik kategorisch ablehnte. "Wir wollen auf die Bedürfnisse der italienischen Bürger eingehen, nicht auf die Brüsseler Technokratie", sagte er in einem Rundfunkinterview.
Renzi peilt für 2017 ein Haushaltsdefizit von 2,3 Prozent der Wirtschaftsleistung an. Noch im Mai hatte die Regierung in einem Brief an die EU-Kommission ein Defizit von 1,8 Prozent genannt. Die Abkehr von den bereits in Brüssel genehmigten Plänen begründete auch Renzi mit den Kosten zur Bewältigung der Flüchtlingskrise und für den Wiederaufbau nach dem Erdbeben.
Der Haushaltsstreit mit der EU kommt für Italien zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Am 4. Dezember sollen die Bürger über eine von Renzi gewollte Verfassungsreform abstimmen. Der Regierungschef erhofft sich dadurch mehr politische Stabilität. Umfragen zufolge könnte er allerdings mit dem Referendum scheitern. Der Hauhalt 2017 enthält aber viele Punkte, die bei den Wählern gut ankommen könnten, wie etwa Rentenerhöhungen und eine Amnestie für reuige Steuersünder.