Politik
Anzeige

Zensur im Internet kommt: Unterstützen Sie die DWN!

Lesezeit: 2 min
05.04.2017 17:33  Aktualisiert: 05.04.2017 17:33
Die Bundesregierung hat allen Ernstes die Einführung der privaten Zensur auf Facebook beschlossen. Damit wird das Geschäftsmodell unabhängiger Medien zerstört. Bitte unterstützen Sie die DWN.
Zensur im Internet kommt: Unterstützen Sie die DWN!

Die Bundesregierung hat sich allen Ernstes dem Vorschlag von Bundesjustizminister Heiko Maas angeschlossen und will die sozialen Netzwerke zur Löschung von „strafbaren Falschnachrichten“ verpflichten. Eine Truppe von privaten Zensoren wird demnach das Internet durchforsten und „Falschnachrichten“ als solche kennzeichnen. Facebook, Twitter und Google sind dann verpflichtet, diese „Falschnachrichten“ zu löschen. Weil es für die Konzerne sehr riskant ist, gemeldete „Falschnachrichten“ nicht zu löschen, werden auch Nachrichten verschwinden, von denen die Netzwerke annehmen, dass sie Ärger machen können. Betroffene Medien haben keine Möglichkeit, sich zu verteidigen oder zu rechtfertigen. Die private Meinungsjustiz erfolgt nach dem völligen Gutdünken der Zensoren.

Der Internetverband eco warnte daher vor einer "Löschkultur des vorauseilenden Gehorsams". Im Zweifel werde mehr gelöscht, als notwendig wäre. Der Branchenverband Bitkom sagte, im Hauruck-Verfahren werde ein handwerklich schlechtes Gesetz beschlossen, dass mehr Schaden als Nutzen erzeuge. Ob es sich bei einer Äußerung um Beleidigung, Verleumdung oder eine sonstige strafrechtlich relevante Aussage handele, sei mit wenigen Ausnahmen nicht in kurzer Zeit zu klären. "Angesichts der kurzen Fristen und der hohen Bußgeld-Androhungen werden sich die Anbieter gezwungen sehen, in Zweifelsfällen vorsorglich eine Äußerung zu löschen", sagte Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Die hätte gravierende Auswirkungen auf die freie Rede im Netz. Der DJV erklärte, die Meinungsfreiheit habe existenzielle Bedeutung für die Demokratie. Die journalistische Verantwortung für Inhalte könne nicht an Plattformbetreiber delegiert werden. Auch seien die Fristen zur Löschung zu kurz.

Damit werden sich die wirtschaftlichen Möglichkeiten von Medien dramatisch reduzieren, die, anders als die von den Parteien kontrollierten Medien, nicht auf das Privileg einer Zwangsabgabe zurückgreifen können. Die meisten Medien spüren schon heute die Folgen der Marktmacht von Facebook und Google.

Selbst wenn das Gesetz nicht kommt - was aus verfassungsrechtlicher Sicht zu erwarten ist - so bewirkt bereits der Beschluss der Bundesregierung eine weitreichende Einschüchterung.

Der Präsident des Bundesverbands der Zeitschriftenverleger (VDZ), Stephan Holthoff-Pförtner, sagte zu den weitreichenden Folgen der neuen Gesetzgebung:

"Private Unternehmen sollen unter Androhung einer Geldbuße von bis zu 50 Millionen Euro innerhalb einer Woche alle strafrechtswidrigen Äußerungen entfernen, alle offenkundig strafrechtswidrigen Äußerungen sogar innerhalb von 24 Stunden. Das läuft auf die staatliche Einsetzung privater Meinungspolizei hinaus. Ein privates Unternehmen ist aber nicht in der Lage, die Wahrheit oder Unwahrheit kritischer Behauptungen über Politiker, Sportler, Unternehmer oder wen auch immer zu überprüfen. Es hat dafür weder die Ressourcen noch die nötigen Ermittlungsrechte. Plattformen bleibt angesichts solcher Bußgelddrohungen keine andere Wahl als im Zweifel zu löschen. Das halte ich für eine große Gefahr."

Die DWN werden sich diesem Meinungsdiktat nicht unterwerfen. Schon jetzt beobachten wir, dass wir durch Denunziationen erheblichen Schaden erlitten haben. Gegen solche Denunziationen gehen wir prinzipiell juristisch vor. Wenn jedoch ein Gesetz quasi zur Denunziation auffordert, sind unsere Möglichkeiten begrenzt. Wir haben daher in den vergangenen Wochen begonnen, uns von Facebook zurückzuziehen. Dadurch sind uns Werbeerlöse in signifikanter Größenordnung entgangen - was ja das Ziel der Denunzianten gewesen ist.

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen wir aber nicht zur Verfügung. Wir folgen streng der journalistischen Distanz, wie sie der Unternehmenskultur unserer Eigentümer, des Bonnier-Verlages, entspricht und in unserem Impressum veröffentlicht ist.

Anders als Facebook (Daten) oder staatliche Medien (Steuern, Gebühren) müssen sich die DWN täglich ausschließlich vor den Lesern beweisen. Das gibt uns die absolute Freiheit in der Berichterstattung. Die einzige Finanzierung, die uns diese Freiheit garantiert, ist die Unterstützung unserer Leser.

Daher bitte wir Sie, liebe Leserin und Leser, um Ihre

Unterstützung:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, erhalten Sie automatisch eine Nachricht vom System und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OWZE-Prognose 2024: Minimales Wirtschaftswachstum für Deutschland erwartet
02.05.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE) geht von einem minimalen Wirtschaftswachstum für Deutschland...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf die...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Technologie
Technologie Infineon vor herausforderndem Quartal: Augenmerk auf Zukunftsaussichten
02.05.2024

Der Chiphersteller Infineon sieht schwieriges Quartal voraus, mit moderaten Rückgängen und angespanntem Automobilmarkt. Wie geht es...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin als Geldanlage: „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
02.05.2024

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...