Politik

Die UN arbeiten an der Weltherrschaft der Konzerne

Lesezeit: 2 min
21.07.2019 21:49
Die UN und das Weltwirtschaftsforum, der Lobbyverband der großen Konzerne, haben eine verstärkte Kooperation vereinbart und wollen bei weltweiten Herausforderungen künftig gemeinsam agieren. Die Bürger sollen keine Mitsprache haben.
Die UN arbeiten an der Weltherrschaft der Konzerne
UN-Generalsekretär Antonio Guterres am 6. April in Jordanien beim WEF, dem Lobbyverband der Konzerne (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Im vergangenen Monat haben die Führung des Weltwirtschaftsforums (WEF) und die Vereinten Nationen (UN) in New York eine Absichtserklärung über eine strategische Partnerschaft unterzeichnet. Das Dokument kann man auf WEF-Webseite einsehen. Auf der Webseite der UN hingegen ist es nicht zu finden, wohl aber ein Bild der Unterzeichnungszeremonie, bei der auch UN-Generalsekretär António Guterres und WEF-Gründer Klaus Schwab anwesend waren.

Eine zu starke Einbindung der Konzerne in die Entscheidungsfindung bei der UN wäre nicht im Sinne der Charta der Vereinten Nationen. Doch die UN-Mitgliedsstaaten hatten vorab keine Möglichkeit, das Abkommen zu diskutieren oder gar darüber abzustimmen.

Weltwirtschaftsforum will die UN für Konzerne in Stellung bringen

Das Weltwirtschaftsforum ist nach eigenen Angaben "die (sic!) internationale Organisation für öffentlich-private Kooperation" und "bringt die wichtigsten Führungskräfte aus Politik, Wirtschaft und anderen Bereichen der Gesellschaft zusammen, um globale, regionale und branchenspezifische Agenden zu gestalten".

Den größten Einfluss bei dem weltweit vernetzten Lobbyverband haben die größten Konzerne der Welt, die auch das meiste Geld beisteuern. Beim jährlichen Treffen in Davos sind neben den zahlreichen Konzernchefs stets auch internationale Regierungschefs anwesend.

Die nun vereinbarte vertiefte Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen ist ein weiterer erfolgreicher Schritt des Weltwirtschaftsforums, das sich seit vielen Jahren darum bemüht, den Großkonzernen der Welt mehr Einfluss bei den UN zu verschaffen.

Bereits im Jahr 2010 veröffentlichte das Weltwirtschaftsforum einen 600 Seiten langen Bericht mit dem Titel "Global Redesign Initiative". Darin wird auch beschrieben, welche Rolle die UN bei der "globalen Neugestaltung" spielen sollten.

Weltweite Entscheidungen ohne die betroffenen Staaten

Unverhohlen wird davon gesprochen, dass die Bürger und Regierungen nurmehr eine Beobachterrolle innehaben sollten. Die global relevanten Entscheidungen würden dann die UN und die Großkonzerne treffen. In dem Schreiben heißt es wörtlich:

„Identifizierte Probleme können schneller angegangen werden, ohne zögerliche Regierungen, altmodische, engstirnige Manager und abweichende Meinungen in der Zivilgesellschaft. Diejenigen, die die richtige Kombination von Partnern finden, gehen voran, solange die anderen Schlüsselinstitutionen der internationalen Governance nicht allzusehr aufbegehren.“

Den WEF-Autoren ist es dabei durchaus bewusst ist, dass ihre Pläne einer globalen Neugestaltung der UN-Charta von 1945 zuwiderlaufen, welche ausdrücklich die Völker und ihre Regierungen als zentrale Akteure der Weltordnung anerkennt.

Auf Seite 9 des Berichts heißt es dazu: "Der auf Staaten basierende Kern des Systems muss an eine komplexere, von unten nach oben gerichtete Welt angepasst werden, in der nichtstaatliche Akteure zu einer wichtigeren Kraft geworden sind."

Mit diesen "nichtstaatlichen Akteuren" meinte das Forum offenbar vor allem die von ihm vertretenen großen Konzerne. Denn der WEF-Bericht empfiehlt eine globale Zusammenarbeit zwischen der UN und den betreffenden Konzernen, wobei die Entscheidungen von Staaten als zweitrangig betrachtet werden.

Diesen vom WEF seit langem verfolgten Pläne ist man mit der neuen Partnerschaft mit den Vereinten Nationen nun einen weiteren Schritt näher gekommen. Zwar finden sich in dem Papier keine konkreten Vereinbarungen zwischen den künftigen Partnern oder gar Verpflichtungen für die Konzerne.

Genannt werden aber bereits verschiedene Bereiche, in denen man Partnerschaften bilden und gemeinsam aktiv werden will, darunter Klimawandel, Gesundheit, Digitalwirtschaft, Frauen und Bildung. Zudem wollen UN und WEF "ein gemeinsames Verständnis von nachhaltigem Investieren aufbauen".


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Prognose: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tarifrunde der Chemieindustrie: Gewerkschaft fordert mehr Lohn
26.04.2024

Im Tarifstreit in Ostdeutschlands Chemieindustrie fordert die Gewerkschaft IG BCE eine Lohnerhöhung von 7 Prozent. Arbeitgeber warnen vor...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automesse China 2024: Deutsche Autohersteller im Preiskrieg mit BYD, Xiaomi und Co.
25.04.2024

Bei der Automesse in China steht der eskalierende Preiskrieg bei Elektroautos im Vordergrund. Mit hohen Rabatten kämpfen die Hersteller...

DWN
Technologie
Technologie 3D Spark: Ein Hamburger Start-up revolutioniert die Bahnbranche
25.04.2024

Die Schienenfahrzeugindustrie befindet sich in einem grundlegenden Wandel, in dessen Verlauf manuelle Fertigungsprozesse zunehmend...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lieferdienste in Deutschland: Bei Flink, Wolt und anderen Lieferando-Konkurrenten geht es um alles oder nichts
25.04.2024

Getir, Lieferando, Wolt, UberEats - das Angebot der Essenskuriere ist kaum noch überschaubar. Wer am Markt letztlich bestehen wird,...