EU-Beamte und spanische Regierungsvertreter brüten nach FT-Informationen an einem Programm auf einen Bailout vorzubereiten. Ziel sei es, einem Großteil der möglichen Bedingungen für ein spanisches Rettungspaket bereits zu entsprechen, und zwar, noch bevor der Bericht über die finanzielle Lage des Landes am Donnerstag bekannt gegeben werden soll, so EU-Offizielle. Auch die Ergebnisse der dreimonatigen Überprüfung des Finanzsystems sollen in dieser Woche veröffentlicht werden.
Das Ziel der EU und Spaniens ist es, die bereits von den europäischen Parlamenten genehmigte Bankenhilfe in der Höhe von 100 Milliarden Euro zum Aufkauf von Staatsanleihen zu verwenden oder das Geld in Kredite umzuwandeln. Zwar dementierte der spanische Wirtschaftsminister und Ex-Lehman-Banker Luis de Guindos am Samstag, dass es einen solchen Plan gebe. Aber spätestens seit Juncker wissen wir, dass die Lüge wichtiges Element der politischen Kommunikation in Europa ist. Außerdem hatte der spanische Premier die Notwendigkeit der Bankenrettung bis eine Woche vor deren offizieller Bekanntgabe geleugnet.
Nun aber rechnen EU-Beamte damit, dass das Thema durchaus durchgepeitscht werden könnte: Es sei einfacher, das Geld umzuwidmen, weil es dann keine weiteren parlamentarischen Prozesse brauche, sagte ein EU-Mann. Und er ergänzte: "Diese Möglichkeit wird daduch an Gewicht gewinnen, dass sie überhaupt diskutiert wird."
Daher diskutieren die spanischen Beamten der FT über eine Lücke, die es erlauben würde, einige Milliarden des 100-Milliarden-Euro-Pakets zu nutzen, um spanische Staatsanleihen zu kaufen (mehr hier). Das wäre ein Bailout durch die Hintertür, ohne Auflagen erfüllen zu müssen. Um die EZB zum Kauf von spanischen Anleihen zu bewegen, muss zunächst der EU-Rettungsschirm Anleihen kaufen und Spanien einen offiziellen Antrag auf ein Bailout stellen. Hier würde die von den EU-Beamten in Angriff genommene Vorabgenehmigung helfen. Konkret in Zahlen würde das bedeuten: Die Spanier haben immer gesagt, dass sie 60 Milliarden Euro für die Banken brauchen werden. Ein Gutachten der Unternehmensberatung Oliver Wyman hat dies bestätigt, ein weiteres Gutachten derselben Firma wird in dieser Woche erwartet (eine Analyse gutachterlichen Auftragsarbeit zeigt freilich, dass die Berechnungen völlig aus der Luft gegriffen sind - hier).
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und seine Freunde in Brüssel hatten die Spanier aber im Sommer gedrängt, um 100 Milliarden Euro anzusuchen. Weil die Banken über die Geldschwemme der EZB wieder leichter an Geld kommen und außerdem jeden Schrott als Sicherheiten an die EZB weiterreichen können, wären damit 40 Milliarden Euro "frei", um Spanien einen Bailout ohne Auflagen zu gewähren.
Wieviel davon bereits vor Monaten Teil des Kalküls von Wolfgang Schäuble war, ist schwer zu beantworten. Ganz von der Hand zu weisen sind entsprechende Spekulationen nicht, weil Schäuble weiß, dass es in der CDU/CSU-Fraktion eine steigende Anzahl von Stimmen gibt, die der deutschen Spendierlaune Einhalt gebieten wollen.
Die entsprechenden Gespräche zwischen Madrid und den Beamten der Europäischen Kommission und der Exekutive der EU sollen daher nun sicherstellen, dass Spanien bereits vor dem Bailout Strukturreformen ankündigt, die die internationalen Gläubiger fordern würden, sobald das Land förmlich ein Rettungspaket beantragt, so die Beamten zur FT. Dies würde Spanien quasi eine Vorabgenehmigung des Rettungspaketes ermöglichen. Wie die Strukturreformen im Detail aussehen, sagten die Beamten jedoch nicht. Sie sollen ebenfalls am Donnerstag vorgestellt werden. Neue Steuern oder Ausgabenkürzungen sollen allerdings nicht im Vordergrund stehen.
Diese Arbeit der EU-Beamten bezüglich der Strukturreformen könnte dazu führen, dass die Auflagen für ein spanisches Rettungspaket nicht so streng ausfallen würden, wie es Deutschland und einige andere nördliche Länder fordern, so die Beamten. Zumal erwartet wird, dass Spanien die geforderten Budgetziele im kommenden Monat nicht erfüllen kann. Vergangene Woche gab die spanische Zentralbank bekannt, dass die öffentliche Verschuldung im zweiten Quartal auf über eine Billion Dollar angestiegen ist – und das zum ersten Mal in der Geschichte des Landes. Das entspricht 75,9 Prozent des spanischen BIPs.