Politik

TV-Eklat: Frank Stronach randaliert liebenswürdig und gnadenlos gegen das System

Lesezeit: 2 min
06.07.2012 12:42
Der austro-kanadische Unternehmer Frank Stronach hat in einem Live-Auftritt den politischen Eliten, den Medien und der Finanzwirtschaft die Leviten gelesen. Selten bekommt man im Staatsfernsehen in 10 Minuten eine solch geballte Ladung Wahrheit zu hören.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Es war eine Sternstunde des Fernsehens: Der österreichische Unternehmer Frank Stronach trat am Dienstag (3. Juli) in der Spätabend-Informations-Sendung (ZiB 2) des Österreichischen Fernsehens ORF auf – und erteilte der staunenden Moderatorin eine Lehrstunde in mehrfacher Hinsicht. Nachdem der staatliche Sender zunächst einen etwas spöttischen Beitrag über Stronach gesendet hatte, in dem der Austro-Kanadier mehr oder weniger unverblümt als durchgeknallter „Wutbürger“ porträtiert wurde, zeigte Stronach, wie man sich gegen das oft hinterhältige Spiel der Medien wehren kann: Er wartete nicht auf eine Frage der Moderatorin, sondern antwortete direkt auf den eben gesendeten Beitrag, indem er die verzweifelt um Fassung ringende Moderatorin gar nicht erst zu Wort kommen ließ. Diese gab schließlich ihre Bemühungen auf, eine Frage zu stellen, und ließ Stronach gewähren, worauf dieser mit der entwaffnenden Liebenswürdigkeit des reichen Onkels aus dem oststeirischen Kanada eine gnadenlose Abrechnung mit den fundamentalen Systemschwächen der Euro-Staaten auf den Bildschirm zauberte.

In seinem Pladöyer für Österreich machte Stronach dann klar, warum er den Europäischen Stabilitäts Mechanismus (ESM) für einen schweren Fehler hält und weshalb er glaubt, dass die österreichischen Politiker geschlossen für den ESM auftreten: Weil sie nämlich an Österreich „verdienen“ und nicht Österreich „dienen“ wollten. In drei Sätzen analysierte er das Griechenland-Desaster, indem er erklärte, dass die Euro-Rettung Athen nichts, den internationalen Banken dagegen alles gebracht habe. Erfrischender Weise ließ sich Stronach auch von der schematischen Frage, ob er denn nun für den EU-Austritt Österreichs sei, nicht in Enge treiben, sondern machte klar, dass Österreich natürlich drinnen bleiben solle und dass die EU eine gute Sache sei – nur dass eben die gemeinsame Währung nicht funktioniere und Österreich besser beraten wäre, wenn es zum Schilling zurückkehren würde.

Stronachs Auftritt sollte in jedem Journalismus-Seminar gezeigt werden. Der Gründer und Eigentümer des Automobil-Zulieferers Magna ist gänzlich ahnungslos, wie die ungeschriebenen Regeln in den Medien funktionieren. Genau aus diesem Grund war er mit seinem impulsiven Auftritt in der Lage, diese „Regeln“ als Farce zu entlarven. Anders als die vielen leblosen, virtuellen oder schleimenden Politiker war Stronach anzumerken: Der Alte brennt für eine Sache. Ihn interessiert das Thema wirklich. Er ist wirklich ein leidenschaftlicher Österreicher – möglicherweise gerade, weil er so lange fern der Heimat gelebt hat.

Vor allem aber versteht Stronach etwas von wirtschaftlichen Zusammenhängen. Dies gibt ihm eine Autorität und Lockerheit, die die zahlreichen Berufspolitiker, die stets von der Steuergeldern ihrer Bürger gelebt haben, niemals erreichen können. Auf den Einwand der Moderatorin, dass aber die Wirtschafts-Professoren den Euro für die beste Sache der Welt halten, bellte Stronach zurück: Die Wirtschafts-Professoren hätten in ihrem Leben noch keinen Arbeitsplatz geschaffen und daher keine Ahnung von dem, was sie prognostizieren.

Nachdem Stronach seine Botschaft „rübergebracht“ hat, entspannte er sich und beantwortete ganz cool die Fragen der Moderatorin. Ja, es sei denkbar, dass er eine Partei gründen werde; Nein, entschieden sei das noch nicht. Und: Danke, dass Sie mich eingeladen haben, ich komme gerne jederzeit wieder. Sprach’s, stand auf und verletzte energisch die wichtigste Regel für jeden Studiogast: Dass man nämlich niemals durch das Bild marschieren darf, während ein anderer spricht.

Die österreichischen Medien und Politiker zerrissen den Stronach-Auftritt unisono in der Luft. Sinngemäß lautete der Tenor: Der Mann sei unmöglich, weil er sich nicht an unsere Regeln hält. Besser hätte man Stronachs System-Kritik nicht belegen können.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
18.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...

DWN
Politik
Politik G7-Gipfel auf Capri: Militärische Signale für Ukraine und Nahost
18.04.2024

Inmitten eskalierender Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten kommen die G7-Außenminister auf Capri zusammen, um gemeinsam Strategien...

DWN
Politik
Politik Russische Agenten in Bayern festgenommen: Sabotagepläne aufgedeckt
18.04.2024

Zwei Russland-Deutsche sollen für einen russischen Geheimdienst spioniert haben. Einer der beiden soll sich auch zur Durchführung von...

DWN
Politik
Politik Kampf am Himmel: Ukrainische Verteidiger unter Druck
18.04.2024

Die militärische Lage der Ukraine verschlechtert sich weiter. Es fehlen Mittel, Soldaten und Luftabwehrsysteme, um sich gegen neue...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Halving: Die nächste Evolutionsstufe im digitalen Geldsystem
18.04.2024

Am 20. April 2024 ist es wieder soweit: Das nächste Halving steht vor der Tür. Doch um was geht es bei diesem Event, auf das die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Wirtschaftsstandort Deutschland: 7 Maßnahmen, die den Wohlstand sichern
18.04.2024

Kein Wirtschaftswachstum, Fachkräftemangel, Bürokratie und hohe Energiekosten: Die deutsche Wirtschaft hat viele Baustellen. Im aktuellen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch verhandelt über Stellenabbau: Fokus auf Alternativen und Standortsicherung
18.04.2024

Bosch will massiv Stellen streichen, um im internationalen Wettbewerb nicht ins Hintertreffen zu geraten. Dagegen gingen zuletzt Tausende...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldvermögen privater Haushalte hat einen neuen Höchststand erreicht
18.04.2024

Die gestiegenen Kurse an den Aktienmärkten und die erhöhten Sparzinsen haben zusammen dazu geführt, dass das Geldvermögen der deutschen...