Finanzen

Goldman Sachs: Griechenland braucht Schuldenschnitt von 80 Milliarden Euro

Griechenlands Schulden in Höhe von 320 Milliarden Euro können nur mit einem weiteren Schuldenschnitts nachhaltig abgebaut werden, so Goldman Sachs. Damit erhöht die Investmentbank den Druck auf die EZB und die europäischen Steuerzahler.
14.11.2012 01:17
Lesezeit: 2 min

Griechenland hat am Dienstag kurzfristige Anleihen in der Höhe von 4,06 Milliarden Euro an den Mann gebracht und gewinnt damit einige Tage, um die offizielle Insolvenz zu vermeiden. Damit kann das Land seine alten Schulden bei den offiziellen Gläubigern bezahlen. Zu diesem Zweck will Bundesfinanzminister Schäuble auch gleich drei Tranchen auf einmal nach Athen überweisen (mehr hier). Nachhaltig ist diese Maßnahmen jedoch allesamt nicht.

Eine neue Studie von Goldman Sachs zur Lage in Griechenland kommt zu dem Schluss, dass ein weiterer Schuldenschnitt notwendig ist, um die Schulden des Landes nachhaltig zu stabilisieren. „Um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass die griechische Schuldenquote bis 2020 unter realistischen Annahmen 120 Prozent erreicht, ist eine drastischerer Schuldenreduktion notwendig“, zitiert CNBC die Studie. Ein solcher Schuldenschnitt, den die öffentlichen Gläubiger wie die EZB zu tragen hätten, könnte Goldman Sachs zufolge einen Umfang von mehr als 80 Milliarden Euro haben.

Erst am Montag hatte Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker gesagt, die Griechen würden Zeit bis 2022 statt nur bis 2020 erhalten, um die Reformen umzusetzen und eine Schuldenquote von 120 Prozent zu erreichen. Der neue Troika-Bericht geht zudem schon jetzt davon aus, dass diese Lockerung im Reformprogramm für Griechenland 32 Milliarden Euro zusätzlich kosten werde (mehr hier).

Die Analysten von Goldman Sachs bezweifeln zudem die Wirksamkeit der derzeitigen europäischen Krisenpolitik. Wenn man die griechische Schuldenlast von 340 Milliarden Euro nicht drastisch senke, werde das Land noch über Jahre europäische Hilfe benötigen. Weitere Hilfen für Griechenland seien jedoch „derzeit politisch nicht durchsetzbar“. Eine Lösung der Krise werde durch die europäische Verzögerungstaktik hinausgeschoben und führe auch zu politischen Risiken im Land (mehr hier). Derart werde in Bezug auf Griechenland eine wirtschaftliche und politische Unsicherheit verbreitet, was eine wirtschaftliche Erholung in Griechenland weiter behindere.

Mit der Forderung nach einem weiteren Schuldenschnitt für Griechenland ist Goldman Sachs nicht allein. Auch beispielsweise der IWF und die Hans-Böckler-Stiftung erachten diesen als notwendig (mehr hier). Nicholas Spiro, Chef von Spiro Sovereign Strategy, ist der Ansicht, dass es keinen glaubwürdigen Plan gibt, um Griechenlands Schulden zu reduzieren. „Die Eurozonen-Mitglieder unter Führung Deutschlands wollen das Unmögliche“, sagt er. „Einerseits wollen sie, dass Griechenland in der Eurozone verbleibt, andererseits sind sie nicht willens, die Verluste hinzunehmen.“

Man kann den Rat von Goldman auch als wohlfeil bezeichnen: War es doch just diese Investment-Bank, die seinerzeit mit brachialer Intelligenz dafür gesorgt hat, dasss Griechenland sein wahres Defizit verschleiert hat und damit Europa in die aktuelle Krise gestürzt hat (mehr zu diesem immer wieder faszinierenden Vorgang hier).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Autoverbot: Berlin bald autofrei? Erfolg für Volksbegehren
26.06.2025

Die Initiative „Volksentscheid Berlin autofrei“ kann ihr Gesetzesvorhaben für ein weitgehendes Autoverbot in der Hauptstadt weiter...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Strompreise: Deutschland hat die fünfthöchsten der Welt
26.06.2025

Strom in Deutschland ist immer noch sehr teuer. Mit durchschnittlich 38 Cent pro Kilowattstunde rangieren die deutschen Strompreise...

DWN
Finanzen
Finanzen Depotübertrag: Wie Sie Ihr Wertpapierdepot wechseln - und dabei bares Geld sparen
25.06.2025

Ein Depotübertrag kann für Sie als Anleger zahlreiche Vorteile bieten, von geringeren Gebühren bis hin zu attraktiven Prämien für...

DWN
Immobilien
Immobilien Zwangsversteigerung von Immobilien: Wie Sie mit Zwangsversteigerungen Schnäppchen machen können
25.06.2025

Es gibt verschiedene Gründe für die Zwangsversteigerung von Immobilien vor den örtlichen Amtsgerichten. In Krisenzeiten kommt es...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ukraine: Wie der Krieg die Spielregeln der Kommunikation neu schreibt
25.06.2025

Der Ukraine-Krieg macht PR zur Überlebensfrage: Firmen müssen Haltung zeigen, Helden inszenieren und russische Propaganda abwehren –...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Industriestrompreis kommt: EU-Kommission für Subventionen bei Investitionen in grüne Technologien
25.06.2025

Brüssel öffnet das Tor für einen Industriestrompreis – aber nicht ohne Gegenleistung. Unternehmen dürfen auf staatliche Hilfe hoffen,...

DWN
Politik
Politik Energiepreise: Doch keine Senkung der Stromsteuer - Handwerksverband übt scharfe Kritik
25.06.2025

Die Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag angekündigt, die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß zu senken. In dem...

DWN
Politik
Politik Iran-Schlag ein Desaster? Trump feiert, Geheimdienste widersprechen
25.06.2025

Trump feiert die Zerstörung der iranischen Atomanlagen – doch Geheimdienste zweifeln am Erfolg. Interne Leaks bringen das Weiße Haus in...