„Das Ende des Roaming ist nahe“: EU-Kommissarin Neelie Kroes klang noch vor wenigen Wochen apokalyptisch.
Nun wird darüber nicht einmal diskutiert: Die EU-Regierungen haben den Vorschlag der Kommission abgelehnt.
Eine Blamage.
Das von der EU angekündigte Verbot von Zusatzgebühren für Handytelefonate aus dem europäischen Ausland kommt nicht. Denn die Chefs der 28 EU-Mitgliedsstaaten lehnen die von der EU geplante Reform des Telekommunikations-Marktes ab.
„Kein Land ist mit dem neuen Telekom-Paket einverstanden“, zitierte das Handelsblatt EU-Diplomaten. Frankreich und Italien hätten die Vorschläge von EU-Kommissarin Neelie Kroes vollständig abgelehnt. Andere Staaten hingegen hätten nur gegen Teile der geplanten Reformen Einwände.
Das Verbot von Zusatzgebühren für Handytelefonate aus dem EU-Ausland, die sogenannten Roaming-Gebühren, sei zwar eine „schöne Idee“, sagten EU-Diplomaten. Doch offenbar müssten die Mobilfunkunternehmen die Einnahmeausfälle durch die Abschaffung der Gebühren an anderer Stelle ausgleichen.
Die Beteiligten hätten den Eindruck gewonnen, dass im EU-Rat eine qualifizierte Mehrheit zum Beschluss der Neuregelungen nicht erreichbar ist. Die litauische Ratspräsidentschaft habe daher für kommende Woche ein Treffen mit der EU-Kommission angesetzt.
Die Kommission hatte vor zwei Wochen angekündigt, die Roaming-Gebühren ab 1. Juli 2014 abschaffen zu wollen (hier). Handy-Tarife sollten danach in der ganzen EU und nicht nur im eigenen Land gelten. Auf diese Weise wollte sich die Kommission als Vertreterin der Bürger im Kampf gegen hohe Mobilfunkpreise profilieren.
Würde die Kommission wirklich jemanden vertreten, könnte sie sinnvolle Vorschläge machen.
Doch die Kommissarin, die erst kürzlich in einer TV-Diskussion zu Sinn und Unsinn der EU eine ausgesprochen schlechte Figur machte, weiß gar nicht, wovon sie redet.
Vor allem zeigt der Fall, dass es trotz aller Regulierungs-Wut immer noch einige Bereiche gibt, in denen der Markt funktioniert.
Ganz ohne Kommission.
Denn die Mobilfunkunternehmen haben sich auf die Wünsche ihrer Kunden eingestellt und haben die Preise für das Telefonieren aus dem EU-Ausland gesenkt. Mit preiswerten Zusatz-Paketen können die Kunden auch während ihres Urlaubs innerhalb der EU zu günstigen Konditionen telefonieren und im Internet surfen.
Bei den meisten Anbietern sind die Zeiten vorbei, in denen man vor dem Urlaub im EU-Ausland auf seinem Handy das Roaming ausschalten musste, um nicht durch hohe Kosten überrascht zu werden. Auf den ersten Blick verlieren die Mobilfunkanbieter dadurch viel Geld. Doch dieser Verlust gleicht sich aus, sagte ein Sprecher von E-Plus den Deutschen Wirtschafts Nachrichten.
Die niedrigeren Einnahmen aus den Roaming-Gebühren habe man dadurch ausgeglichen, dass mehr Kunden die Auslandsdienste in Anspruch nehmen. Denn die Preise für das Telefonieren und surfen im EU-Ausland sind heute viel niedriger als noch vor wenigen Jahren. Auf eine Regulierung des Mobilfunkmarktes durch die EU kann der Konsument verzichten.
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bestätigte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten, dass die Konsumenten heute viel weniger für das Telefonieren im Ausland zahlen müssen. Allerdings gebe es noch immer einzelne Fälle, in denen Konsumenten während ihres Urlaubs drei- oder gar vierstellige Rechnungen vertelefonieren.
Zwar müsse das Daten-Roaming heute aktiv vom Konsumenten aktiviert werden, sodass ein versehentliches Auflaufen hoher Roaming-Gebühren kaum noch möglich ist. Doch mitunter könnten sich Konsumenten nicht daran erinnern, dies getan zu haben, und seien dann von ihren hohen Rechnungen überrascht.
„Beim Telefonieren im Ausland muss man nach wie vor aufpassen“, so die Verbraucherzentrale.
Man sollte seine SMS im Ausland genau lesen und prüfen, ob es nur Werbung sei oder ob der Mobilfunk-Anbieter wie vorgeschrieben mitteilt, dass man 80 Prozent seines Datenpakets ausgeschöpft hat. Bei 100 Prozent, wird das Daten-Roaming automatisch abgeschaltet. Dann sollte man die Konditionen genau prüfen, falls man das Roaming wieder aktivieren möchte.
Im Lichte der glatten Ablehnung der Kroes-Idee entpuppt sich die Nummer als eine blanke PR-Veranstaltung: Die Kommission, die merkt, dass ihr in allen Staaten ein scharfer Wind ins Gesicht bläst, versucht sich als Anwalt der Konsumenten.
Das Gegenteil ist wahr.
All die PR-Nummern schaden dem Verbraucher.
Er muss nämlich als Steuerzahler dafür zahlen.
Und kann leider nicht sagen: „Das Ende der Kommission ist nahe!“