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Häufiges Händewaschen kann Diabetes-Erkrankung auslösen

Die Zahl der Patienten mit Diabetes Typ 1 stieg in den vergangenen fünfzig Jahren rapide. Erste Untersuchungen zeigen einen Zusammenhang zwischen den erhöhten Hygienestandards und dem Anstieg der Diabeteserkrankungen. Immer mehr Eltern versuchen, ihre Babys und Kleinkinder möglichst in einer sterilen Umgebung großzuziehen. Doch das kann das Immunsystem der Kinder schwächen.
19.01.2014 00:23
Lesezeit: 2 min

Die EU  finanziert derzeit eine Länder übergreifende Studie, die sich mit dem Zusammenhang von Hygienestandards und Entwicklungen von Autoimmunerkrankungen wie Diabetes Typ 1 beschäftigt: Diabimmune.  Der Ansatz (Hygienehypothese) ist, dass die Eliminierung von Bakterien in Lebensmitteln und der kindlichen Umwelt dem Immunsystem der Babys und Kleinkinder schaden. Schaden, indem das Immunsystem der Kinder genau der Stimulus genommen wird, den es braucht, um sich angemessen zu entwickeln. Forscher sprechen in diesem Zusammenhang auch von so genannten „Freundlichen Bakterien“.

Viele Eltern lassen Kinder aus Angst vor Bakterien nicht mehr im Sandkasten butteln, zücken sofort ein nasses Tuch, wenn das Kind beim Frühstück auch nur den kleinsten Kleks am Mund hat. Die Industrie tut ihr übriges. Ganz nach dem Motto „Für mein Kind nur das Beste“ entwickelt die Wirtschaft immer neue Produkte, die Babys und Kinder angeblich vor allem bewahren, was nicht steril ist.

Drei-Länder-Studie

Für die EU-finanzierte Studie wird ein Vergleich zwischen Finnland und seinen Nachbarländern angestellt. Finnland ist das Land mit dem höchsten Vorkommen von  Diabetes Typ 1 überhaupt, zitiert das European Research Media Center den Projektleiter von Diabimmune, Mikael Knip, von der Universität Helsinki. Die hygienischen Standards sind hoch. In Russland hingegen, sind Lebensstandard und Hygiene deutlich schlechter als in Finnland. Diabetes Typ 1 Erkrankungen sind in Russland sechs Mal geringer als in Finnland. Estland, das sich gemessen am Lebens- und Hygienestandard genau zwischen Finnland und Russland befindet, meldet halb so viele Fälle von Diabetes Typ 1 wie Finnland.  Deshalb sei dies eine ideale Region, um die Studie durchzuführen, so Knip. Nirgendwo sonst auf der Welt gebe es einen so großen Gegensatz in einer Region.

Für die Untersuchungen wurden 300 Babys im Alter von bis zu drei Monaten und mehr als 2.000 Kinder zwischen drei und fünf Jahren aus diesen drei Ländern über einen Zeitraum von drei Jahren begleitet. Derzeit laufen die Auswertungen der Studie.

Bakterien helfen Immunsystem

In der Vergangenheit hat es bereits andere Forschungen zu diesem Gebiet gegeben. Forscher der Yale Universität und der Universität Chicago hatten 2008 gezeigt, dass die Häufigkeit von Diabetes Typ 1 bei Mäusen ohne Übergewicht durch Keime in der Umwelt beeinflusst wird. Die Mäuse in der Studie waren genetisch verändert. Das MyD88 Protein, das ein wichtiger Bestandteil der Immunabwehr ist, fehlte ihnen. Und sie wiesen eine genetische Veranlagung zu Diabetes Typ 1 auf.

In einem normalen Umfeld entwickelten die Mäuse dennoch so gut wie kein Diabetes Typ 1. Von den Mäusen, die jedoch in einer sterilen Umgebung ohne Keime aufwuchsen, erkrankten 80 Prozent an Diabetes. Daraufhin gaben die Wissenschaftler diesen Mäusen einen Cocktail aus Bakterien, die dem der normalen Darmflora entsprechen: Die Zahl der erkrankten Mäuse verringerte sich daraufhin auf 34 Prozent. „Das legt nahe, dass diese normalen, freundlichen Bakterien die Reaktion des Immunsystems auf Beta-Zellen moduliert“, zitiert diabetesforecast.com Li Wen, die Leiterin der Studie. Bei Diabetes Typ 1 beginnt das Immunsystem genau diese körpereigenen, Insulin produzierenden Zellen anzugreifen und zu zerstören.

Eine andere Untersuchung in Schweden, aus dem Jahr 2012, hingegen sieht keinen direkten Zusammenhang zwischen zu starker Hygiene und der Zunahme von Diabetes Typ 1 Erkrankungen. Aber auch hier kommt aber der Verweis  auf die Darmflora. „Wir fanden schwache Zusammenhänge zu vorangegangenen Magen-Darm-Infektionen“, heißt es in der Studie. Insofern dürften die Länder übergreifenden Untersuchungen von Diabimmune vielleicht konkretere Ergebnisse liefern.

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